Ältester Doktorand der Uni: Klaus Krombholz im Gespräch

„Jeden Tag etwas abliefern“  [31.05.17]

Was treibt jemanden an, der sich mit 79 Jahren noch einmal für eine Promotion anmeldet? Diese Frage hat der Online-Kurier Klaus Krombholz gestellt, der im Mai an der Uni Hohenheim seinen zweiten Doktortitel erlangte – kurz nach seinen 80. Geburtstag. Er war damit der wohl älteste Doktorand, den die Uni jemals betreute.


Beweisen musste sich Klaus Krombholz mit 79 Jahren eigentlich nichts mehr.

Geboren in der Tschechoslowakei und aufgewachsen in der DDR, legte er durch sein Studium der Landmaschinentechnik an der TU Dresden und einer anschließenden Promotion den Grundstein einer erfolgreichen Karriere.

Beim größten Landtechnikhersteller der DDR, dem Kombinat Fortschritt Landmaschinen, durchlief er mehrere gehobene Leitungspositionen. Nach der Wende übernahm er als promovierter Ingenieur das Kommando über die Sektoren Technik und Erzeugnisentwicklung.

Ende der 1990er Jahre zog ihn die Liebe schließlich nach Süddeutschland an den Bodensee. In diesem Zusammenhang glückte ihm auch der Wechsel in die Selbstständigkeit als freiberuflicher Ingenieur.

Umtriebiger Pensionär

Seit 2003 ist Klaus Krombholz offiziell im Ruhestand. Zur Ruhe setzen wollte er sich deshalb aber nicht.

Stattdessen schrieb er vier Bücher, die sich allesamt mit der deutschen Agrartechnik befassen. Ein weiteres Projekt fand er in der Digitalisierung der Zeitschrift „Deutsche Agrartechnik“, das er in Kooperation mit der Uni Hohenheim in mühevoller Arbeit in die Tat umsetzte.

Als er feststellte, dass die Recherchen zu seinem vierten Buch „Unternehmen und Personen der deutschen Landmaschinenindustrie: Von Nachbildern zu Vorbildern“ allmählich Dimensionen einer Doktorarbeit annehme, entschied er sich, ernst zu machen: er schrieb sich mit 79 Jahren ein zweites Mal als Doktorand ein. Diesmal an der Uni Hohenheim.

Vom Berufsalltag geprägt

Inzwischen hat er das Promotionsprojekt – in erstaunlich kurzer Zeit – zum Erfolg gebracht. Gefragt nach seinem inneren Antrieb, verweist Klaus Krombholz unter anderem auf eine Haltung, die er während seines Berufslebens entwickelt hat.

„Im Ingenieurberuf gab es täglich Termindruck und eine Fülle von Aufgaben. Ich habe mich stets daran gehalten, jeden Tag etwas abzuliefern – ungeachtet wie komplex ein Projekt war. Auf diese Weise bin ich auf Kurz oder Lang immer zu einem Ergebnis gekommen. Diese Vorgehensweise hat sich mir regelrecht eingebrannt“, erzählt der frisch Promovierte.

Darüber hinaus habe er gelernt, dass die größte Herausforderung einer Aufgabe „im Erkennen der Aufgabe selbst und der Definition des Lösungskonzepts“ liege.  Die Ausführung sei dann im Grunde der einfachere Teil.

„Wer in der Lage ist, Aufgaben und Lösungswege selbst zu erkennen, kann es in der Hierarchie eines Unternehmens weit bringen. Gleichzeitig sollte man aber immer die fachliche Bodenhaftung behalten. Kurz gesagt: Man sollte jeder Zeit in der Lage sein, Aufgaben, die man delegiert, auch selbst auszuführen.“

Wissen an die nächste Generation geben

Anlass zu seinem ersten Buch (Landmaschinenbau der DDR – Licht und Schatten, DLG-Verlag, 2005) gab ihm der Gedanke, sein umfassendes Wissen für die folgenden Generationen lieber selbst zu Papier zu bringen, bevor doch noch „ein anderer meint, es zu wissen“, ohne dass er wirklich den richtigen Überblick hat.

Der Nachwelt möglichst viel von dem zu hinterlassen, was er in all seinen Berufsjahren gelernt hatte, war dem Pensionär auch bei seinen weiteren Projekten ein wichtiges Anliegen.

So kam es auch zu den e-journals, den digitalisierten Artikeln aus agrartechnischen Fachblättern, die online frei zur Verfügung stehen.

Insgesamt waren das allein für die beiden Zeitschriften aus der DDR 6.000 Artikel aus 480 Magazinen, die nun dank seiner Initiative in elektronischer und somit gut recherchierbaren Form zur Verfügung stehen. Im Institut für Agrartechnik an der Uni Hohenheim fand er die Unterstützung, die nötig für die Umsetzung dieser Pläne war.

Reisen in 80 Länder

Doch der inzwischen doppelte Doktor lebte nie für die Agrartechnik allein.

„Bei allem beruflichen und wissenschaftlichen Engagement war ich mir dennoch stets bewusst über den Wert privaten Glücks“, berichtet Krombholz. „Meine Frau und ich legten auf Reisen in unseren Wohnmobilen bisher 320.000 km Strecke zurück. Wir hatten das Glück, 80 Länder bereisen zu können, davon 50 mit dem Wohnmobil.“

Das berufliche Motto „jeden Tag ein Stück des Weges zurücklegen“ scheint den Agrartechniker auch in seiner Freizeit begleitet zu haben.

Nach der Veröffentlichung seines ersten Buches im Jahre 2005 erfüllten seine Frau und er sich beispielsweise ihren Traum von einer lang geplanten einjährigen Tour mit dem eigenen Wohnmobil durch ganz Amerika. Nach einer fünfwöchigen Atlantiküberquerung per Frachter starteten sie in Buenos Aires und durchfuhren den Kontinent von Feuerland bis nach Alaska.

„Das Rentenalter kann unter Umständen optimal für ein solches Vorhaben sein, falls es die Gesundheit und die Risikobereitschaft zulassen – und falls man das kleine Fenster erkennt, in dem sowohl die zeitlichen als auch die finanziellen Ressourcen da sind, und auch die körperliche und geistige Fitness noch nicht verschwunden ist“, so Krombholz.

Über das Aufhören

Heute denkt der knapp 80-Jährige über weitere Reisen nach. Und außerdem über neue Projekte zur Aufbereitung der Geschichte der Landtechnik. Er möchte weiterhin jeden Tag etwas abliefern, nur sollten die Portionen kleiner werden.

„Ich bin mir im Rückblick nicht mehr sicher, ob es unbedingt notwendig war, die zweite Doktorarbeit zu verfassen und damit die Menschen zu belasten, deren Aufgabe nicht die Vergangenheit, sondern die Gestaltung der Zukunft ist“, gesteht sich Klaus Krombholz ein. „Eine der wichtigsten Fähigkeiten, die ich mir im Lauf meines Lebens angeeignet habe, ist das Erkennen des Moments, in dem ich aufhören sollte. Trotz aller Fehler und Irrtürmer habe ich immer die entscheidenden Stoppschilder erkannt, die mich vor Katastrophen bewahrt haben“, meint Krombholz.

„Ebenso wichtig, wie die Dinge anzupacken, ist es, die eigenen Möglichkeiten in Abhängigkeit innerer und äußerer Umstände realistisch einzuordnen. Das erfordert einen kritischen Umgang mit der eigenen Person.“

Text: Svenja Lohrer

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