Spontan-Demo

Mahnwache gegen Prof-Sparkurs  [26.04.12]

„Totgespart“, „2. Liga“, „Unser Dank gilt dem Wissenschafts- und Finanzministerium“: Mit Transparenten und Schweige-Minute protestierten heute knapp 200 Studierende vor dem Bio-Gebäude gegen eine Spar-Anweisung aus dem Ministerium. Den ersten Spitzen-Wissenschaftler verliert die Uni als Folge möglicherweise bereits nächste Woche. Und mit ihm Forschungsgelder in Millionenhöhe.

Gegen 12 Uhr lief ein Aufruf des AStA über die Hohenheimer Facebook-Seite. Zwei Stunden später ist der Platz vorm Bio-Gebäude voll.

„Wer nicht möchte, dass sein Abschluss in ein paar Jahren nichts wert ist, schließt sich an!“, schallt es aus dem Megafon. Fotografen und ein Kamera-Team fangen die spontan gepinselten Plakate ein: „Totgespart“, „2. Liga“, „Unser Dank gilt dem Wissenschafts- und Finanzministerium“.

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„Mit Kowi fängt es an – und dann?“

Außer dem AStA sind es vor allem Kowi-Studenten, die für die Aktion mobil gemacht haben. Sie sind möglicherweise die ersten, die die Auswirkungen des Sparkurses zu spüren bekommen, den das Rektorat am Montag verkündete. Denn Prof. Thorsten Quandt, der zuletzt eines der größten Drittmittelprojekte über 1,8 Millionen für Hohenheim an Land ziehen konnte, hat einen Ruf aus Münster.

Die Uni möchte den renommierten Kommunikationswissenschaftler zwar gerne halten. Laut Anweisung des Ministeriums darf Hohenheim jedoch mit sofortiger Wirkung keine unbefristeten Leistungszulagen mehr vergeben. Im Wettbewerb mit anderen Unis ein entscheidender Nachteil.

Zumindest für die Uni selbst dürfte der Sparkurs des Ministeriums unterm Strich kaum aufgehen. Denn mit Quandt würden Hohenheim auch Drittmittel-Stellen und Forschungsgelder in Millionenhöhe verlassen.

Doch um einen Einzelfall gehe es nicht, betont Kowi-Student Michael Schleich, der über das Megafon zur Schweige-Minute aufruft: „Derzeit stehen 19 Berufungsverfahren auf der Kippe. Wenn die Kandidaten wegen unattraktiven Angeboten abspringen, stehen die Lehrstühle lange Zeit leer. Und Hohenheim spielt künftig endgültig nur noch in der 2. Liga. Das Ministerium spart an der falschen Stelle!“

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Quandt muss sich bis nächste Woche entscheiden

Gegenüber dem Online-Kurier betont Quandt: „Ich bin gerne in Hohenheim – und möchte das, was wir in den letzten Jahren in der Kommunikationswissenschaft aufgebaut haben, ungern auseinanderreißen. Allerdings haben die Verhandlungen mit der Uni Hohenheim durch die jüngsten Anweisungen aus dem Ministerium in der Tat eine völlig überraschende – und für mich nicht nachvollziehbare – Wendung genommen."

Der Kommunikationswissenschaftler muss sich bis Mitte nächster Woche entscheiden, ob er dem Ruf aus Münster folgt. Für die Protest-Aktion der Studierenden äußerte Quandt Verständnis: "Man muss bedenken: Es geht hier ja nicht nur um meine Professur. Auch andere laufenden Verfahren dürften betroffen sein. Sollte das Ministerium nicht einlenken, wird sich Hohenheim extrem schwer tun, gute Wissenschaftler zu halten oder freie Lehrstühle zu besetzen.“

Hintergrund

Zuletzt hatte Hohenheim das Budget für Professorengehälter um mehrere hunderttausend Euro überzogen. Hohenheim könnte das Defizit zwar aus eigener Tasche ausgleichen. Doch das Ministerium hält eine Haushaltsumschichtung für rechtswidrig.

Im Interview mit dem Online-Kurier betonte Uni-Rektor Stephan Dabbert, Hohenheim habe seinen neuen Professoren keine extravaganten Zulagen zugebilligt. Aufgrund eines Webfehlers im Gesetz schneide Hohenheim jedoch schlechter ab als andere Unis im Land.

Text: Leonhardmair

 

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