Ein Kaffee mit… Prof. Dr. Robert Jung

Weg frei für Computational Science Lab  [30.01.18]

Das menschliche Herz, Startup-Unternehmen, Landwirtschaft 4.0, Medienanalyse, …: Ihre Forschungsgegenstände könnten unterschiedlicher kaum sein. Dennoch haben sich 11 Hohenheimer Fachgebiete aus allen drei Fakultäten entschieden, in naher Zukunft unter ein gemeinsames Dach zu ziehen. Was sie verbindet: Sie alle arbeiten mit computerintensiven Methoden zur Modellierung und Simulation komplexer Systeme und zur Analyse sehr großer Datenmengen. Möglich wird der interfakultäre Thinktank durch den Ankauf des ehemaligen Tagungszentrums Geno-Akademie in der Steckfeldstraße. Der Online-Kurier hat den Sprecher der Initiative „Computational Science Lab“, Prof. Dr. Robert Jung, zum Kaffee getroffen.


Hintergrund: Durch den Ankauf der ehemaligen Genossenschaftsakademie (Steckfeldstraße 2 und 4) wächst der Hohenheimer Campus um rund 10.000 m². Das Gebäude wurde inzwischen offiziell ans Land übergeben. Eine umfassende Sanierung des ehemaligen Tagungszentrums und Gästehauses soll bis 2019 abgeschlossen sein.

Nach dem Umbau  sollen 11 Hohenheimer Fachgebiete ins Gebäude ziehen, die zusammen den Kern des neuen interfakultären Netzwerks „Computational Science Lab (CSL)“ bilden. Außerdem sollen auf dem Areal ein Welcome Center für ausländische Wissenschaftler, weitere Büroräume und Lagerflächen entstehen.

Computational Science Lab (CSL) – beteiligte Professuren:

  • Prof. Dr. Thomas Berger. Fg. Ökonomik der Landnutzung in den Tropen und Subtropen (Josef G. Knoll Professur) (490d)
  • Prof. Dr. W. Florian Fricke, Fg. Nutrigenomics (140d)
  • Prof. Dr. Monika Gehde-Trapp, Fg. Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Risikomanagement (510D)
  • Prof. Dr. Robert Jung, Fg. Ökonometrie und Wirtschaftsstatistik (520K)
  • Prof. Dr. Philipp Kügler, Institut für Angewandte Mathematik und Statistik (110)
  • Prof. Dr. Aderonke Osikominu, Fg. Ökonometrie und Empirische Wirtschaftsforschung (520B)
  • Prof. Dr. Hans-Peter Piepho, Fg. Biostatistik (340c)
  • Prof. Dr. Andreas Pyka, Fg. Volkswirtschaftslehre, insbesondere Innovationsökonomik (520I)
  • Prof. Dr. Tereza Tykvová, Fg. Unternehmensfinanzierung (510E)
  • Prof. Dr. Jens Vogelgesang, Fg. Kommunikationswissenschaft, insbesondere Medien- und Nutzungsforschung (540A)
  • N.N., Fg. Bioinformatik (460i)

 

Interview: Prof. Dr. Robert Jung

Herr Jung, wie kann ich mir das Computational Science Lab vorstellen? Entsteht in der Steckfeldstraße ein Art neues Rechenzentrum?

*lacht*

Nein. Wir wollen und können hier in Hohenheim keine gesonderte Infrastruktur mit Höchstleistungsrechnern aufbauen. In Baden-Württemberg existieren bereits zwei Standorte mit Super-Computern, die von allen Forschungseinrichtungen im Land genutzt werden können.  

Unser künftiges Gebäude in der Steckfeldstraße wird mit sehr schnellen Datenleitungen an diese bestehende Infrastruktur angebunden. Auch die Verkabelung innerhalb des Gebäudes soll auf den modernsten Stand der Technik gebracht werden. Außerdem werden  zwei große und moderne PC-Pools eingerichtet, die wir für Forschung und  Lehre nutzen wollen.

Die technische Infrastruktur im neuen Gebäude ist für uns natürlich sehr wichtig. Aber die ausschlaggebende Motivation für den gemeinsamen Umzug ist eine andere.

Welche?

Forschung braucht Kreativität, Spontanität, Impulse und fachliches Feedback. Mit dem Computational Science Lab wollen wir einen Ort schaffen, an dem Forschende aus ganz unterschiedlichsten Fachbereichen, die jedoch mit sehr ähnlichen Methoden arbeiten, tagtäglich zusammen kommen, sich austauschen und gegenseitig inspirieren.

Natürlich tauschen wir uns auch schon heute untereinander aus. Es ist aber ein riesiger Unterschied, ob man dazu extra Termine vereinbaren muss, oder ob man sich spontan  im Gang oder an der Kaffeemaschine treffen kann.

Besonders wichtig ist uns eine offene, gemeinsam genutzte Arbeitsumgebung: Es wird einen großzügig bemessenen Open-Space Bereich geben, der von Arbeitsgruppen genutzt werden kann. Ein entsprechend eingerichteter Kreativ-Raum soll den Rahmen für spontane Zusammenkünfte, Projektentwicklungen und Problemlösungen bieten. Und ein Forschungsraum soll über die aktuell laufenden Arbeiten im CSL informieren und so Anknüpfungspunkte für gemeinsame Projekte eröffnen.

Inspiration für die räumliche Organisation des Computational Science Lab haben wir uns übrigens bei einem Besuch der Firma SAP in Walldorf geholt.

Wie kam es überhaupt zu der Initiative?

 
Ich hatte bereits für meine Berufungsverhandlungen an der Uni Hohenheim ein Konzept erarbeitet, wie die quantitativ-methodisch arbeitenden Fachgebiete durch eine systematische Zusammenarbeit profitieren könnten. Neben Forschungs- und Lehrkooperationen sahen diese Überlegungen auch gemeinsame Beratungsangebote in statistisch-methodischen Fragenstellungen vor, die von interessierten Hohenheimer Fachgebieten in Anspruch genommen werden können.

Das  Konzept stieß damals im Rektorat zwar auf große Zustimmung und es fand auch ein regelmäßiger Austausch dazu statt – ob und wann sich ein solches Projekt realisieren lassen würde, war auf Grund knapper Räumlichkeiten aber völlig offen. Erst als sich der Uni Ende 2016 überraschend die Möglichkeit bot, das Areal der Geno-Akademie zu übernehmen, eröffnete sich die Perspektive für die Umsetzung.

Das Computational Science Lab besteht aus 11 Fachgebieten, richtig?


Wenn die Sanierung des Gebäudes abgeschlossen ist, werden dort zwei Lehrstühle der Fakultät N, drei Lehrstühle der Fakultät A und sechs Lehrstühle der Fakultät W unter ein Dach „zusammenziehen“.

Sie bilden den Kern des Computational Science Lab, aber natürlich gibt es noch weit mehr Fachgebiete, die mit der Initiative assoziiert sind und dort auch aktiv mitarbeiten. Für einige dieser Fachgebiete sind in der Steckfeldstraße bereits Projekträume eingeplant.

Darüber hinaus besteht für alle fachlich interessierten Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, sich noch unserer Initiative anzuschließen. Wir sind bestrebt, eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten zur Zusammenarbeit in der Forschung und in der Lehre anzubieten. Beispielsweise wollen wir im Open-Space-Bereich die Möglichkeit schaffen, unter dem Dach des CSL projektbezogen mit uns zusammenzuarbeiten.  

Außerdem wird das erst jüngst eingerichtete Core Facility-Modul „Data and Statistical Consulting“, das  statistisch-methodische Beratung im Bereich der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften anbieten soll, ebenfalls im CSL in der Steckfeldstraße angesiedelt. Zusammen mit dem Beratungsangebot des Fachgebiets Biostatistik entsteht hier ein organisatorisch und inhaltlich eng abgestimmtes Beratungsangebot für alle interessierten Fachgebiete an der Uni. Und schließlich wird auch das Datenlabor Hohenheim (DALAHO) der Fakultät W in die Steckfeldstraße umziehen.

Ich gehe davon aus, dass datenwissenschaftliche und computerintensive Ansätze in vielen Hohenheimer Forschungsbereichen in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Das Computational Science Lab versteht sich deshalb als offenes Netzwerk, das sich stetig weiterentwickeln will und einen Beitrag dazu leistet, dass wichtige Zukunftsthemen der Uni Hohenheim auch nach außen hin gut sichtbar repräsentiert sind.

Sind auch gemeinsame Lehrangebote geplant?

Selbstverständlich! Gemeinsame Lehrveranstaltungen werden vielleicht sogar das erste sichtbare Ergebnis des Computational Science Lab sein. Wie erwähnt entstehen im neuen Gebäude zwei große PC-Pools. Studierende unterschiedlicher Studiengänge sollen hier die Möglichkeit haben, Programmiersprachen oder Methoden der Datenanalyse praktisch zu erlernen.

Darüber hinaus denken wir auch an Fortbildungen für Promovierende. Professoren berichten mir immer wieder von konkreten Nachfragen zum Thema. Diese würden wir gerne bündeln und ein gemeinsames Angebot schaffen.

Wir werden berichten. Vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Leonhardmair

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