Ein Tee mit… Volker Schmid und Katrin Scheffer
Fahrradbeauftragter & Kanzlerin im Interview [28.11.18]
Kanzlerin Katrin Scheffer überreicht die Ernennungsurkunde an den neuen Fahrradbeauftragten der Uni Hohenheim, Volker Schmid. Bild: Uni Hohenheim | Leonhardmair
Das Thema „radfreundlicher Campus“ treibt KIM-Mitarbeiter Volker Schmid schon länger um. U.a. verfasste er dazu einen Gastbeitrag im Online-Kurier und mehrere „Besser wär besser“-Vorschläge. Vor einigen Wochen erhielt er schließlich eine überraschende Anfrage aus der Uni-Verwaltung: Ob er sich vorstellen könnte, sein Engagement auch in offizieller Funktion fortzusetzen – als ehrenamtlicher Fahrradbeauftragter der Uni Hohenheim? Er kann. Am Montag überreichte Kanzlerin Katrin Scheffer offiziell die Ernennungsurkunde. Der Online-Kurier hat beide im Anschluss auf eine Tasse Tee getroffen.
Herr Schmid, herzlichen Glückwunsch! Man sollte es sich ja immer gut überlegen, bevor man ein Ehrenamt übernimmt. Was treibt Sie an?
Schmid: Vielen Dank! Die Anfrage der Uni kam für mich völlig überraschend und ich musste tatsächlich einen Moment darüber nachdenken. Nach den ersten Gesprächen hörte sich die Sache für mich dann aber rund an – und ich bekam richtig Lust darauf.
Was meine Motivation betrifft: Seit einigen Jahren beschäftigte ich mich intensiver mit den Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit und ich versuche mein Leben, soweit möglich, danach auszurichten – ohne dabei aber dogmatisch sein zu wollen.
Diese Motivation ist einer der Gründe dafür, dass ich kein eigenes Auto habe und versuche möglichst viele Strecken mit dem Rad zurückzulegen. Inzwischen komme ich auch, soweit das Wetter mitspielt, überwiegend mit dem Fahrrad nach Hohenheim.
Kontakt Fahrradbeauftragter |
Ein Eintrag auf der Mobilitätsseite (+Funktionsemail-Adresse) folgen in Kürze. |
Wie weit ist Ihr Anfahrtsweg?
Schmid: Von Wolfschlugen aus sind das einfach ca. 11,5 km – praktischerweise ist das Sportprogramm mit der Fahrt zur Uni also gleich miterledigt. Eine tolle Sache.
Allerdings kann man als Radler in Hohenheim im Alltag auch auf zahlreiche Widrigkeiten stoßen: z.B. Mangel an Duschen und Umkleideräumen, zu wenig Fahrradstellplätze etc. Und es gibt auch darüber hinaus noch viel Potential, was die Uni tun könnte, um das Radfahren für Beschäftigte und Studierende attraktiver zu machen.
Verschiedene Artikel und Kommentare im Online-Kurier haben mich motiviert, ein paar Ideen im Rahmen von „Besser wär besser“ beizusteuern. Während meiner Nachforschungen stellte ich fest, dass der Hohenheimer Mobilitätsplan auch die Förderung des Radverkehrs vorsieht, was mich weiter bestärkte. Dass ich nun als Fahrradbeauftragter bei der Umsetzung der Ideen behilflich kann, freut mich sehr. Und ich bin gespannt, was die nächste Zeit bringt.
Frau Scheffer, was genau verspricht sich die Uni denn von der Ernennung eines ehrenamtlichen Fahrradbeauftragten?
Scheffer: Zunächst einmal sind wir sehr dankbar, dass sich Herr Schmid für diese Aufgabe bereiterklärt hat. Ehrenamtliches Engagement ist nicht selbstverständlich – und es darf auch nicht als Vorwand dazu dienen, um Aufgaben der Uni-Verwaltung gewissermaßen abzuwälzen.
Das wollen wir auch nicht tun. Im Gegenteil können wir dank unserer erfolgreichen Teilnahme am Ideenwettbewerb „Emissionsfreier Campus“ aktuell eine neue Projektstelle für das Thema Mobilitätsmanagement in der Abteilung Fläche und Bau einrichten.
Die Ernennung eines Radbeauftragten erscheint uns zusätzlich dazu aber eine wertvolle Ergänzung: Denn wer weiß besser, wo sich Gefahrenstellen auf dem Campus befinden oder wo neue Fahrradstellplätze ganz konkret installiert werden sollten, als jemand der täglich mit dem Fahrrad nach Hohenheim kommt?
Es geht also darum die Perspektive der Radfahrerinnen und Radfahrer in die Verwaltung zu tragen?
Scheffer: Das ist ein wichtiger Aspekt, ja. Die Zusammenarbeit zwischen dem Fahrradbeauftragten und dem neuen Mobilitätsmanager wird sicher sehr eng sein. Wir erhoffen uns dadurch praktische Impulse und neue Ideen bei der Umsetzung und Weiterentwicklung unseres Mobilitätsplans.
Mindestens genauso wichtig ist aber auch die Kommunikation. Der Radbeauftragte soll dem Thema in Hohenheim ein Gesicht verleihen. Also erster Ansprechpartner für Beschäftigte und Studierende sein und ihre Fragen bzw. Wünsche weitertragen, beispielsweise in den neuen Arbeitskreis Mobilität, den wir in Kürze begründen wollen.
Fahrradbeauftragter und Kanzlerin im Gespräch.
Darüber hinaus soll er zur Vernetzung der Hohenheimer Rad-Community beitragen und noch mehr Uni-Angehörige für das Radfahren begeistern, z.B. durch Aktionen auf dem Campus. Vielleicht könnte man auf dem Dies academicus ja nächstes Jahr einen Stand organisieren, an dem man E-Bikes ausprobieren kann o.ä. Hierzu kann der Radbeauftragte auch über ein Budget aus Projektmitteln verfügen.
Herr Schmid hat sich ja bereits im Juni durch seinen Gast-Beitrag im Online-Kurier als Rad-Lobbyist geoutet. War dieser Artikel ausschlaggebend für die Anfrage?
Scheffer: Wir waren auf der Suche nach jemand, der mit Elan bei der Sache ist und bereit ist, sich in das Thema einzudenken und konstruktive Vorschläge beizusteuern. Der Gastbeitrag aber auch zahlreiche Kommentare von Herrn Schmid sind uns in diesem Zusammenhang besonders in Erinnerung geblieben, richtig. Also haben wir ihn gefragt, ob er Interesse hätte, dieses Engagement in offizieller Funktion weiterzuführen.
Der Gastbeitrag beinhaltet auch ganz konkrete Verbesserungsvorschläge. Wie sieht es damit inzwischen aus? Ein wichtiges Anliegen war ja z.B. die Bereitstellung von Duschen und Umkleideräumen…
Scheffer: Diesem Anliegen wollen wir gerne nachkommen. An der Uni existieren an Instituten und in anderen Gebäude zahlreiche Duschräume, die bisher nicht allgemein zugänglich sind. Die Abteilung Fläche und Bau hat inzwischen eine erste Begehung durchgeführt mit dem Ziel, Räume zu identifizieren, die für Radfahrer geöffnet werden können. Auch bei Sanierungsprojekten versuchen wir das wenn möglich zu berücksichtigen. Beispielsweise in der Steckfeldstraße, wo das neue Computational Science Lab entsteht.
Schmid: Natürlich sollten die Dusch- und Umkleidemöglichkeiten dann auch entsprechend bekannt gemacht werden, z.B. auf einer neuen Fahrrad-Homepage, deren Aufbau ich ebenfalls gerne unterstützen möchte. Ich werde an dem Thema dranbleiben.
Eine weitere Idee war die Zertifizierung als „fahrradfreundlicher“ Arbeitgeber über den ADFC.
Schmid: Frau Scheffer hat zusagt, dass die Uni diese Zertifizierung in den kommenden Wochen in Angriff nimmt. Diesen Prozess werde ich als Fahrradbeauftragter gerne begleiten. Es gibt dabei unterschiedliche Stufen. Die Uni könnte gute Chancen haben, im ersten Anlauf mindestens ein „Bronze-Zertifikat“ zu erreichen. Danach kann man die Latte höher hängen.
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Was mich außerdem sehr freut ist, dass die Uni in den kommenden Monaten 400 zusätzliche Fahrradstellplätze installieren kann und an das Netz von RegioRad-Stuttgart angeschlossen wird.
Scheffer: In diesem Zusammenhang gibt es übrigens weitere gute Neuigkeiten: Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat der Uni Hohenheim bei seiner Festrede anlässlich des 200. Gründungstags vergangene Woche 200.000 €-Fördermittel für eine Mobilitätsstation zugesagt. Am Fuhrpark hinter dem Euroforum soll u.a. eine Station für Leihfahrräder (RegioRad) entstehen, die um weitere Services wie beispielsweise Luftpumpe, Schlauch-Automat, Ladestationen für Pedelecs o.Ä. ergänzt wird.
Bei der genauen Ausstattung der Station sind wir ebenfalls für die Perspektive von Herrn Schmid als Fahrradbeauftragten dankbar, damit wir die richtigen Angebote machen können, die dann auch nachgefragt werden.
Herr Schmid, was liegt Ihnen darüber hinaus am Herzen?
Schmid: Meine Ideenliste ist lang, aber sicherlich nicht vollständig. Dazu gehört auch, Mitstreiter auf dem Campus kennenzulernen und Ideen-Austausch zu betreiben. Ich staune beispielsweise immer wieder, was es an studentischem Engagement in Hohenheim gibt.
Ziemlich begeistert bin ich z.B. vom Hohenheimer Radskeller, der Selbsthilfe-Werkstatt hinter dem Biogebäude. Oder von der Unterstützung, die der „Radentscheid Stuttgart“ u.a. seitens der Verfassten Studierendenschaft erfährt. Dabei handelt es sich um ein Bürgerbegehren für den kontinuierlichen Ausbau der Rad-Infrastruktur in Stuttgart.
Ebenfalls eine super Sache war die Teilnahme an der Aktion „Stadtradeln“ im Juli, bei der man in Teams gemeinsam Rad-Kilometer sammeln konnte. Die virtuelle Rad-Gruppe der Uni Hohenheim hat unter 202 Stuttgarter Teams den 12. Platz belegt. Mit etwas mehr Werbung können wir das nächstes Jahr vielleicht sogar noch toppen!
Außerdem denke ich, dass es sich lohnt, mit anderen Hochschulen ins Gespräch zu kommen und von ihren Erfahrungen zu profitieren. Über die studentische Gruppe „Global Campus“ habe ich z.B. kürzlich an einem regionalen Treffen zum Thema Nachhaltigkeit teilgenommen. Dabei hat sich eine hochschulübergreifende Fahrrad-AG begründet. Außerdem möchte ich gerne Kontakt mit weiteren Hochschulen wie z.B. zwei Grazer Unis aufnehmen, die in Sachen „fahrradfreundlicher Campus“ zu den Pionieren gehören.
Wir werden berichten! Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Leonhardmair