Nachgefragt: Exzellenzstragtegie | Rektor im Interview

Exzellent – ohne Cluster?  [28.09.18]

Es ging um viel: 385 Mio. € stellen Bund und Länder künftig pro Jahr für Forschungscluster im Rahmen der Exzellenzstrategie zur Verfügung. Welche Unis sich mit ihren Anträgen durchgesetzt – und sich somit im oberen Drittel der deutschen Uni-Landschaft positioniert haben, gab die Kommission am gestrigen Donnerstag bekannt. Die Uni Hohenheim war mit ihrem Cluster-Antrag bereits in der Vorrunde ausgeschieden. Ein Grund den Kopf in den Sand zu stecken? „Im Gegenteil“, meint Uni-Rektor Stephan Dabbert beim Kaffee mit dem Online-Kurier, „auch Hohenheim hat hervorragende Forscherinnen und Forscher, die man mit Recht als exzellent bezeichnen kann!“


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Herr Dabbert, für Hohenheim ist die Entscheidung bereits letztes Jahr gefallen. Und dennoch dürfte Sie der gestrige Tag nicht ganz kalt gelassen haben, oder?

 
Das Ergebnis habe ich mit Spannung verfolgt – es gibt ja doch auch einige echte Überraschungen – so etwa das starke Abschneiden von Berlin mit einer gemeinsamen Bewerbung und der große Erfolg der Universität Bonn. Dort ist man nun hervorragend positioniert für die nächste Runde des Wettbewerbs, in der die Exzellenzuniversitäten festgelegt werden.

Natürlich hatten wir den Ehrgeiz, mit unserem Cluster-Antrag erfolgreich zu sein. Und das positive Feedback, das wir trotz unseres Ausscheidens von den Gutachtern erhalten haben, zeigt ja auch: Wir hatten durchaus realistische Chancen. Dennoch war von Anfang an klar, dass wir uns in einem extrem starken Wettbewerb behaupten müssen. Und Unis, die bereits in den vorhergegangenen Runden der Exzellenzinitiative erfolgreich waren, gingen uns gegenüber mit einem deutlichen Vorsprung an den Start.

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Zusammenfassend kann man sagen: Nur wer wagt, kann gewinnen. Und die Möglichkeit eines abgelehnten Antrages gehört einfach dazu. Einen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, sehe ich am heutigen Tag nicht. Ganz im Gegenteil!

Der Wettbewerb um Forschungsgelder wird immer schärfer. Was macht Ihnen Mut?

Bundesweit werden 34 Unis von einem erfolgreichen Clusterantrag profitieren. Diese werden sich als das oberste Drittel der deutschen Uni-Landschaft definieren. In Baden-Württemberg sind 7 von 9 Universitäten mit mindestens einem Cluster erfolgreich, also alle außer Hohenheim und Mannheim. Wer in diesem Wettbewerb erfolgreich war, wird weitere Gelder leichter bekommen.

Um uns mittelfristig im obersten Drittel der deutschen Universitäten zu positionieren, sind in der Tat ganz erhebliche Anstrengungen notwendig. Eine Reihe von Entwicklungen in Hohenheim stimmen mich dabei jedoch optimistisch. Ganz besonders natürlich unser überragender Erfolg im Bereich Tierwissenschaften.

Der Bund bewilligte im Frühjahr in einem extrem harten bundesweiten Wettbewerb 54 Mio. € für unseren Antrag mit dem Titel „Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research“, kurz: HoLMiR. Dahinter stehen 10 kooperierende Arbeitsgruppen mit Forscherinnen und Forscher aus den Bereichen Tierernährung, Mikrobiologie, Genetik, Tierzucht, Verhaltens- und Tierphysiologie sowie Biostatistik und -informatik.

Die Bewilligung von 54 Mio € ermöglicht der Uni Hohenheim den Bau von neuen Forschungseinrichtungen…


… mit denen wir Grundlagenforschung auf Weltspitzen-Niveau betreiben können. Ziel des Forschungsnetzwerks ist es, Wechselwirkungen zwischen Nutztieren und den Abermilliarden Mikroorganismen in ihrem Verdauungstrakt besser zu verstehen. Wir erwarten dabei wichtige Erkenntnisse für Tierwohl und Tiergesundheit, sowie Möglichkeiten, Nutztiere nachhaltiger und umweltfreundlicher zu halten. Die Bauarbeiten sollen im Jahr 2020 anlaufen.

In meinen Augen ist das ein gleichwertiger Ausweis für unsere Exzellenz wie ein Exzellenz-Cluster. Die finanzielle Größenordnung der Bewilligung entspricht der eines gut ausgestatteten Clusters. Und die neue Infrastruktur erhöht natürlich auch unsere Chance, bei künftigen hochkarätigen Ausschreibungen zu punkten.

Und wie geht es mit der Forschungsgruppe weiter, die den Exzellenzcluster-Antrag eingereicht hatte?

Die Arbeit war nicht umsonst! Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nutzen die exzellenten Vorarbeiten bereits, um sich für den nächsten hochkarätigen Antrag  in Stellung zu bringen. Das Ziel lautet nun: DFG-Sonderforschungsbereich.

Nach wie vor bin ich überzeugt, dass das Forschungsfeld „Dürren und Digitalisierung“ ein absolutes Zukunftsthema ist. Der heiße Sommer hat es in diesem Jahr auch ins öffentliche Bewusstsein gerückt: Landwirtschaft, Wirtschaft und Gesellschaft müssen sich auf zunehmende Extremwetterlagen einstellen und sich gegen Ernteausfälle wappnen. Unser Forschungsteam will die Chancen der Digitalisierung nutzen und mit modernsten Anbau- und Pflanzenzüchtungsverfahren kombinieren. Dafür sind wir in Hohenheim hervorragend aufgestellt.

Was lässt sich aus dem Erfolg des HoLMiR-Projekts lernen?

Der Erfolg lehrt vor allem eines: Man muss über Jahre hinweg dranbleiben und die Bedingungen des Wettbewerbs genau kennen. Wir haben uns seit 2012 akribisch auf die Ausschreibung vorbereitet. Unter anderem haben wir zwei maßgeschneiderte Tenure Track-Professuren eingerichtet und im Rahmen einer DFG-Forschergruppe wurden wichtige wissenschaftliche Vorarbeiten geleistet.

Darüber hinaus haben wir auch flankierende Maßnahmen ergriffen: Beispielsweise war uns bekannt, dass Nachwuchsförderung und Gleichstellungsaspekte in der Ausschreibung eine wichtige Rolle spielen. Dies haben wir als Ansporn gesehen, uns hier noch besser aufzustellen.

Welche Lehren lassen sich aus dem Scheitern bei der Exzellenzstrategie ziehen?

Ich mag das Wort Scheitern in diesem Zusammenhang  nicht. Wer in einem Wettlauf nicht zu den Siegern gehört, ist nicht gescheitert.

Natürlich haben wir intensiv diskutiert, warum wir nicht erfolgreich waren. Wie erwähnt war das Gutachter-Feedback ja durchaus ermutigend – und unser Thema ist sicherlich zukunftsweisend. Es ist aber z.B. auch einmal mehr offenbar geworden, dass wir uns geografisch gesehen in einem ganz besonders kompetitiven Umfeld befinden. In Baden-Württemberg gibt es 9 Universitäten, die insgesamt 12 Cluster eingeworben haben. Nur Nordrhein-Westfalen hat mit 14 Clustern noch mehr bewilligt bekommen als Baden- Württemberg. Dort existieren allerdings auch 14 Universitäten.

Festzuhalten ist außerdem, dass praktisch alle erfogreichen Cluster in der Zusammenarbeit mehrerer Einrichtungen entworfen wurden, meist mit starker Beteiligung der gut ausgestatten außeruniversitären Forschung.

Für uns steht die Frage im Raum, ob wir die Kooperationen mit benachbarten Unis verstärkt suchen oder uns bewusst gegen sie abgrenzen sollten. Sehr wertvoll empfand ich dabei die Einschätzung unserer externen Mitglieder im Unirat. Ihr Ratschlag ist sehr klar: Als kleine Uni brauche wir starke Partner. Bei der Suche sollte es aber vor allem um die Frage gehen, wer uns fachlich optimal ergänzt – räumliche Nähe kann nicht das wichtigste Kriterium sein.

Gibt es schon konkrete Pläne für Kooperationen?

Sehr gerne möchten wir uns künftig z.B. mit unseren renommierten Partner-Unis in Wageningen und Bologna für gemeinsame Anträge im Bereich Bioökonomie in Stellung bringen.

Auf EU-Ebene könnten sich dafür in den kommenden Jahren interessante neue Möglichkeiten ergeben. Beispielsweise hat sich der französische Präsident für die Einrichtung „Europäischer Universitäten“ stark gemacht. Wenn neue Möglichkeiten für die EU-weite Zusammenarbeit entstehen, könnte das für uns eine Chance sein!

Und wie sieht es mit der nächsten Runde der Exzellenzstrategie aus? Wird Hohenheim in 7 Jahren noch einmal den Hut in den Ring werfen?

Das ist unser erklärtes Ziel. Ich bin davon überzeugt, dass wir mindestens zwei konkurrenzfähige Cluster-Anträge auf den Weg bringen können! Allerdings müssen wir mit den Vorarbeiten jetzt beginnen – nur so werden wir eine Chance haben.

Wir werden berichten. Vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Leonhardmair

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