Neue Profs: Yanyan Zhang
Sie macht die Profi-Schnuppernasen von morgen [25.07.17]
Jun.-Prof. Dr. Yanyan Zhang, die neue Leiterin des Fachgebiets Aromachemie. | Foto: Universität Hohenheim / Dorothea Elsner
Ab jetzt gibt es in Hohenheim viel zu riechen und zu schmecken: Das neue Fachgebiet Aromachemie ist seit 1. Juli unter der Ägide der Juniorprofessorin Dr. Yanyan Zhang. Sie widmet sich insbesondere der Qualitätskontrolle von Lebensmitteln, der Produktion von natürlichen Aromen mittels Mikroorganismen und der Entwicklung von spannenden neuartigen Getränken.
Update (19.5.2023): Juniorprofessorin Dr. Yanyan Zhang erhält zum 1. Juni 2023 eine unbefristete, reguläre Professur, nachdem ihre Arbeit erfolgreich evaluiert wurde. Tenure Track-Professuren sind befristete Qualifizierungsstellen für besonders talentierte Nachwuchswissenschaftler:innen. Im Unterschied zur einer regulären Professur benötigen die Anwärter:innen keine Habilitation, sondern können sich direkt nach der Promotion bewerben. Dazu wird nach sechs Jahren ein spezielles Berufungsverfahren durchgeführt.
---------------------------
Viele Kooperationen mit anderen Fachgebieten erwartet die neue Juniorprofessorin Zhang. Denn Geruch und Geschmack von Lebensmitteln lassen sich bereits im Stall und auf dem Feld beeinflussen. Sie selbst arbeitet vor allem mit biotechnologischen Methoden – und braut neue Getränke, die nicht nur schmackhaft sind.
(Anm. d. Red.: Das Interview wurde in Englisch geführt und ins Deutsche übersetzt)
Frau Zhang, Aromachemie heißt Ihr Fachgebiet. Was muss man sich darunter vorstellen?
Aroma entsteht durch Wechselwirkungen von Geschmack, Geruch und Textur. Verantwortlich sind dafür zwei Klassen chemischer Verbindungen: Moleküle für den Geschmack und Moleküle für den Geruch. Wir werden verschiedene Geruchs- und Geschmacksstudien durchführen, was für die Aromaforschung auf internationalem Niveau unerlässlich ist.
Ist das Fachgebiet in Hohenheim neu oder gab es das schon vorher?
Das ist hier ein komplett neues Fachgebiet. Oder anders gesagt, es ist noch komplett leer. Ab Oktober werden wir alles von Grund auf neu aufbauen. In der Anfangsphase umfasst die neue Abteilung 4 Labore, 2 oder 3 Büros und 5 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wird es in Ihren Laboren gut duften?
Oh nein, das wäre eine Katastrophe für die Aromaanalyse! Alle Labore müssen sauber und ohne starken Geruch sein. Wir führen die Aromaanalyse im Sensoriklabor durch, mit Panels und mittels Gaschromatographie, gekoppelt mit Massenspektrometrie und einer Einheit zur olfaktometrischen Geruchsmessung (GC-MS-O). Für alle Analysen setzen wir also auch unsere Nasen ein. Wenn es in den Laboren selbst einen starken Geruch gäbe, würde das die Ergebnisse unserer Aromaanalyse entschieden beeinträchtigen.
Und was die anderen Labore betrifft: In einem wird es viel Glas und organische Lösungsmittel geben – dort führen wir Aroma-Extraktionen durch. Und ein weiteres dient der Anzucht der Pilze. Also Erlenmeyer-Kolben für die Flüssigkulturen und Agar-Platten. Alles in allem kann man also sagen, dass es in den Laboren eher nach nichts riecht, und nicht nach einem guten Duft.
Pilze? Das macht neugierig: Was sind Ihre Forschungsthemen?
In meiner Doktorarbeit habe ich ein neues Fermentationssystem zur Herstellung von alkoholfreien Getränken entwickelt. Dazu habe ich 30-40 Arten von Basidiomyceten eingesetzt. Das sind die am höchsten entwickelten Pilze, zu denen auch die meisten Speisepilze gehören. Das Ergebnis war sehr interessant, eine Reihe angenehmer Geschmacksrichtungen sind in der kurzen Fermentationszeit entstanden. Auf die Methode gibt es ein Patent, und wir sind in Verbindung mit einem Unternehmen, um die Getränke auf den Markt zu bringen.
Basidiomyceten sind ein ideales neues Werkzeug, um Geschmack und Ernährungswerte von Lebensmitteln zu verbessern. Sie können anstelle anderer Mikroorganismen wie Hefen, Milchsäurebakterien und niedrigeren Pilzen in Lebensmitteln eingesetzt werden.
Ich bin Chinesin, da sind meine Spezialgebiete fast schon nahliegend: Tee und Soja-Milch. Ich möchte gern die Pilze und die zwei Getränke miteinander kombinieren und weiter im Bereich der Getränkewissenschaft forschen.
Sind Sie für Ihre Promotion nach Deutschland gekommen?
Ja, vor sechs Jahren, für meine Doktorarbeit an der Uni Gießen. Und damals habe ich nicht erwartet, hier zu arbeiten und zu bleiben. Das Leben ist wirklich voller Magie und Überraschungen. Ich bin sehr glücklich, dass die Uni Hohenheim und ich zusammengekommen sind. Für mich ist es die Chance, mein eigenes Team aufzubauen und die Forschung in meinem liebsten Forschungsgebiet, der Aromachemie, fortzusetzen. Das ist fantastisch!
Geht es bei Ihrer Forschung ausschließlich um Getränke?Nein, das kann man nicht sagen. Die Getränkewissenschaft ist nur mein Steckenpferd. Obwohl die Aromachemie ein relativ enges Wissensgebiet ist, spielt sie eine wichtige Rolle und hat breite Anwendungsmöglichkeiten in verschiedenen Bereichen wie Lebensmittel, Landwirtschaft, Kosmetik und Pharmakologie.
Beispielsweise die Beeinflussung von Geruch und Geschmack durch Tierfutter, oder der Zusammenhang zwischen Aroma pflanzlicher Produkte und der Düngung usw. Die Aromachemie ist sogar für die verarbeitende Industrie relevant. Denken Sie an den Geruch, der Ihnen im Fahrgastraum eines Autos entgegenschlägt.
Das klingt, als würden Sie hier in Hohenheim mit zahlreichen Fachgebieten kooperieren?Das hoffe ich sehr.
Was wollen Sie den Studierenden beibringen?Zunächst einmal möchte ich Fachkenntnisse rund um die Aromachemie und -biotechnologie lehren, wobei ich Vorlesungen, praktische Kurse und Seminare kombiniere. Ich möchte die Studierenden an den neuesten Entwicklungen in der Aromachemie teilhaben lassen und den Zusammenhang zwischen Aromachemie und täglichem Leben herstellen.
Mein Ziel ist es, die Interessen und die Neugier der Studierenden zu wecken. Das soll sie zum Nachdenken anregen, zum Fragen stellen, so dass sie ihren eigenen Weg finden Probleme zu lösen. Denn Wissen ist sehr wichtig, aber es ist noch wichtiger zu lernen, wie man lernt. Es wäre schön, wenn das die Studierenden durch die Aromachemie erreichen.
Was sind denn gerade Trends in der Aromachemie?Die Herstellung natürlicher Aromen ist zum Beispiel ein Trend. Sie werden normalerweise aus den Pflanzen gewonnen. Zitronenaroma etwa, das man häufig in Lebensmitteln oder Parfüms verwendet. Doch natürliche Aromen sind sehr teuer. Man kann zwar Aromastoffe künstlich herstellen, was erheblich billiger ist, aber die Verbraucher lehnen sie oft ab. Wir arbeiten daher an einer biotechnologischen Gewinnung der natürlichen Aromen mittels essbarer Mikroorganismen – das ist vergleichsweise preisgünstig, aber eben dennoch natürlich.
Können sich Studierende bei Ihnen an der Forschung beteiligen?Auf jeden Fall, ja. Ich denke, das ist für die Studierenden sehr wichtig. Learning by doing, sozusagen. Sie stellen sich Fragen wie "Warum muss ich das lernen? Wozu braucht man das?" Die Forschung demonstriert anschaulich die Grundprinzipien und Konzepte aus dem Lehrbuch und dem Laborkurs. Die Studierenden lernen, wie man gemeinschaftliche und individuelle Arbeit ausbalanciert und seinen eigenen Interessensbereich herauspickt. Außerdem hilft es dabei, sich über die eigene Karriere klar zu werden – vielleicht sogar eine Karriere in der Forschung.
Für unser Team birgt das im Gegenzug auch Vorteile, denke ich. Denn die Studierenden bringen Energie und Enthusiasmus mit. Sie wollen etwas lernen und stellen Fragen, die neue Anregungen geben können. Das Team lernt von den Studierenden, so wie die Studierenden vom Team lernen.
Darüber hinaus wird es künftig auch HiWi-Jobs im Labor geben, wenn man sich ein Taschengeld verdienen möchte.
Wo arbeiten Ihre Absolventen später?Als Aromachemiker – sie werden auch Flavoristen genannt – können die Absolventen vor allem in der Lebensmittel-, Getränke-, Agrar-, Pharma- oder Kosmetikindustrie oder sogar in der Fertigungs- oder Spielzeug-Industrie arbeiten. Unternehmen in diesen Branchen, etwa die Symrise AG, nutzen wissenschaftliche und analytische Instrumente kombiniert mit Kreativität, um natürliche Aromen zu verstärken und neue zu entwickeln.
Alternativ können sich die Absolventen auch der analytischen Kontrolle gesundheitsgefährdender Gerüche aus Kunststoffprodukten oder –spielzeug widmen. Natürlich können sie aber auch ihre wissenschaftliche Karriere weiterführen.
Welchen guten Rat geben Sie den Studierenden mit auf den Weg?Seien Sie offen für alles und nehmen Sie sich freie Zeit, verschiedene Dinge auszuprobieren. Denken Sie voraus und folgen Sie Ihrem Herzen. Das wird Ihnen helfen, Ihre eigenen Interessen zu finden und ein gutes Leben zu führen. Das heißt natürlich nicht, dass im Leben alles glatt laufen muss. Es ist wichtig, aus Misserfolgen zu lernen. Kurzum: Denken Sie positiv, seien Sie glücklich und stark.
Wie ist denn Ihr erster Eindruck von Hohenheim?Zum Start hier habe ich viele Freiheiten erfahren und viel Unterstützung erhalten. Von den netten Kollegen im Institut ebenso wie von Herrn Klumpp vom Berufungsmanagement.
Es ist hier viel schöner als in Gießen. Für mein erstes Gespräch hier in Hohenheim haben wir eine Art Familienausflug hier her gemacht, das war sehr schön mit dem tollen Park hier. Allerdings ist es auch eine relativ teure Gegend.
Wie verbringen Sie denn Ihre Freizeit, Frau Zhang?Freizeit? Ja, die hatte ich früher mal, jetzt aber nicht mehr allzu viel. Die Zeit, die der Beruf mir lässt, verbringe ich mit meinem Mann und meiner Tochter, sie ist jetzt zweieinhalb Jahre alt. Die beiden werden erst ab Oktober nach Stuttgart ziehen, und unsere Tochter wird dann hier in Hohenheim in den Kindergarten gehen.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Frau Zhang.Interview: Elsner / Klebs