2. Förderrunde Landesforschungsprogramm

Hohenheimer Bioökonomie auf Erfolgskurs  [21.09.18]

Bild: Uni Hohenheim

Für die 2. Förderrunde des Landesforschungsprogramms „Bioökonomie Baden-Württemberg“ bewilligte das Wissenschaftsministerium diese Woche insgesamt rund 2,2 Mio. €. Die Uni Hohenheim kann dabei an den Erfolg der ersten Phase anknüpfen: An 5 von 8 neuen Projekten sind Hohenheimer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als Projektpartner oder in leitender Funktion beteiligt. Insgesamt stellt das Land von 2014 bis 2020 rund 14 Millionen Euro für die Umsetzung der Forschungsstrategie Bioökonomie zur Verfügung.


Können Extrakte aus Mikroalgen zum Schutz vor Pilzinfektionen im ökologischen Weinbau eingesetzt werden? Wie kann es gelingen holzige Biomasse vollständig zu Grundbausteinen für die Herstellung von Chemikalien und Materialien wie zum Beispiel Biokunststoffe oder Biotenside umzusetzen und wie sind diese ökologisch und ökonomisch zu bewerten? Wie kann die dafür benötigte Biomasse auf nachhaltige Weise bereitgestellt werden?

Bestens aufgestellt

Diesen und weiteren Fragen wollen 8 interdisziplinäre Forschungsteams im Rahmen des Forschungsprogramms „Bioökonomie Baden-Württemberg“ nachgehen – und Hohenheimer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nehmen dabei eine zentrale Rolle ein. Für die zweite Runde des Forschungsprogramms bewilligte das Wissenschaftsministerium diese Woche insgesamt rund 2,2 Mio. €.

Die Uni Hohenheim ist für das Landesforschungsprogramm optimal aufgestellt, denn bereits im Jahr 2012 wurde „Bioökonomie“ als gesamtuniversitären Schwerpunkt verankert. Alleinstellungsmerkmal in Deutschland ist die umfassende Expertise in Bezug auf die gesamte Wertschöpfungskette der Bioökonomie: Von Pflanzen- und Tierproduktion über neue technische Verfahren bis zum notwendigen Veränderungsprozess in Wirtschaft und Gesellschaft.

Das machte sich bereits in der ersten Förderrunde bemerkbar 2014 bemerkbar. Hohenheimer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler leiteten bislang 10 Projekte (Fördersumme: rund 2 Mio. Euro) und koordinieren zwei Forschungsverbünde. Darüber hinaus ist die Geschäftsstelle des Forschungsprogramms in Hohenheim angesiedelt.

Brücke zur Anwendung


Die nun ausgewählten Forschungsvorhaben der zweiten Förderrunde sollen in erster Linie die Ergebnisse aus der ersten Förderrunde in Richtung Anwendung weiterentwickeln. Außerdem werden Vorhaben gefördert, die neuartige oder auch unkonventionelle Methoden, Technologien und Ansätze für eine Bioökonomie anschieben.

„Den wirtschaftlichen Erfolg vom Verbrauch fossiler Ressourcen zu entkoppeln ist ohne Frage eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Für ein Hochtechnologieland wie Baden-Württemberg gilt dies ganz besonders. Wir sehen in dieser Herausforderung aber vor allem die Chance, die Innovationskraft Baden-Württembergs zu erhalten. Wir möchten deshalb die Entwicklung neuer Technologien und Ideen unterstützen, um Wirtschaft und Nachhaltigkeit zu vereinen“, bekräftigte Ministerin Theresia Bauer am Donnerstag bei der Bekanntgabe.

Die Förderprojekte im Einzelnen

FÖRDERLINIE 1:
„Bioökonomische Prozess- und Produktinnovationen mit konkreter Transferperspektive (Regionale Best-Practice-Beispiele)“


  • Bioraffinerie für die Bioökonomie in Baden-Württemberg
    Aufbau und Betrieb einer Bioraffinerie-Anlage. In Form einer repräsentativen Technikumsanlage soll die möglichst vollständige stoffliche Verwertung lignozelluloser Biomasse (v.a. Miscanthus und Holz) zu Plattformchemikalien demonstriert werden.
    (KIT, Universität Hohenheim, BIOPRO Baden-Württemberg GmbH)

  • Herstellung von Mikroalgenpräparationen und Testung als gesundheitsfördernden Nahrungsstoff für den Menschen sowie als umweltschonendes Pflanzenstärkungsmittel im Weinbau.
    (Universität Stuttgart, Universität Hohenheim, Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg)

FÖRDERLINIE 2:
„Technologische Innovationen für neue Verfahren in der Bioökonomie“

  • Mikrobielle Verwertung von Lignozellulosehydrolysaten
    Entwickelt werden soll die vollständige Konversion von Holzzuckern in Rhamnolipid-Biotenside im Bakterium Pseudomonas putida. Gegenüber Tensiden petrochemischen Ursprungs zeichnen sich Rhamnolipide dadurch aus, dass ihre Biosynthese auf Basis nachwachsender Rohstoffe erfolgt und sie vollständig biologisch abbaubar sind. Tenside kommen derzeit v. a. in Wasch- und Reinigungsmittel sowie Körperpflegeprodukten zum Einsatz.
    (Universität Hohenheim, Universität Ulm)

  • Herstellung biobasierter Elektrodenmaterialien aus Biomasse für die E-Mobilität mittels einstufiger in situ-Funktionalisierung
    Mit dem Vorhaben soll ein Beitrag zur nachhaltigen Etablierung einer bio-basierten Ressourcen- und Werkstoffbasis für die E-Mobilität in BW geleistet werden. Die in situ-Funktionalisierung soll anhand verschiedener Biomassen und Metalloxide getestet werden.
    (Universität Hohenheim)

  • Entwicklung und Bewertung biobasierter Wertschöpfungsketten für Baden-Württemberg
    Entwicklung lignozellulosebasierter Wertschöpfungsketten für die Verwertung von Biomasse aus der Landwirtschaft (z.B. Miscanthus, Kurzumtriebsplantagen) zur Ermittlung der ökonomischen und ökologischen Potentiale neuer biobasierter Wertschöpfungsketten in Baden-Württemberg.
    (Universität Hohenheim, Universität Stuttgart, KIT)

  • Nachhaltige Biomassebereitstellung für die Bioökonomie in Baden-Württemberg
    Modellbasierte Bewertung der ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeit der Biomassebereitstellung in BW. Dabei steht die Bereitstellung von perennierenden Kulturpflanzen für Wertschöpfungsketten der Bioökonomie im Vordergrund.
    (Universität Hohenheim, Universität Freiburg)

  • Biotechnologische Produktion von Bio-Terpenoiden auf Basis von Lignocellulose-Hydrolysaten
    Nachhaltige, biotechnologische Produktion von Bioterpenoiden auf Basis von Holzabfällen. Terpenoide werden bislang aus petrochemischen Rohstoffen gewonnen. Für den industriellen Einsatz ist besonders Isopren relevant, welches der Herstellung von synthetischem Gummi dient.
    (Universität Ulm)

  • Biotechnologische Produktion von Platt-form-Chemikalien mittels Anoden-assistierter Fermentation
    Biotechnologische Produktion der Plattformchemikalie Butandiol mittels einer Anodenassistierten Fermentation. Durch den neuartigen bioelektrochemischen Prozess soll eine bis dato nicht erreichbare Gesamteffizienz möglich wer-den, die überdies nachhaltig mit einer elektro-chemischen Wasserstoffproduktion verknüpft werden kann.
    (KIT)

Neu hier? Was bedeutet Bioökonomie eigentlich?

Bioökonomie-Forschung beschäftigt sich mit einer nachhaltigen Wirtschaftsweise, die auf bio-basierten Rohstoffen beruht. Sie nimmt dabei ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Belange gleichermaßen in den Blick. Ziel ist die weltweite Ernährung zu sichern, die Agrarproduktion nachhaltig zu gestalten, gesunde und sichere Lebensmittel zu produzieren, nachhaltige Rohstoffe industriell zu nutzen sowie Energieträger auf der Basis von Biomasse auszubauen. Dabei genießt die Ernährungssicherung stets Vorrang vor anderen Nutzungen von Biomasse.

Seit 2012 ist Bioökonomie das Leitthema der Uni Hohenheim und verbindet die drei Fakultäten in Forschung und Lehre. Dazu arbeiten Agrar-, Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaftler Hand in Hand mit Physikern, Biologen und Biotechnologen, sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern.
In der Lehre bietet Hohenheim Europas ersten, internationalen Masterstudiengang Bioeconomy an.


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