Studierendenmarketing: Rektoratsbeauftragte im Interview

Uni setzt auf #Gamechanger  [03.07.20]

Prof. Dr. Verena Hüttl-Maack vom Lehrstuhl für Marketing und Konsumentenverhalten ist Rektoratsbeauftragte für das Thema Studierendenmarketing.

Auf Instagram findet man die Postings nur, wenn man zur Zielgruppe gehört. Denn bei der aktuellen Social-Media Kampagne #Gamechanger der Uni Hohenheim geht es um individuelle Ansprache. Warum die Uni neue Wege geht, um bei jungen Menschen das Interesse für ein Studium in Hohenheim zu wecken, berichtet Prof. Dr. Verena Hüttl-Maack bei einem virtuellen Kaffee mit dem Online-Kurier. Seit Frühjahr ist sie Rektoratsbeauftragte für das Thema „Studierendenmarketing“.

 

-
Frau Hüttl-Maack, was hat es mit der Gamechanger-Kampagne auf sich?


Studierendenmarketing hat für die Uni Hohenheim als strategisches Handlungsfeld sehr stark an Bedeutung gewonnen und wird uns in den kommenden Jahren intensiv beschäftigen. Die Gamechanger-Kampagne ist in diesem Zusammenhang die erste größere Maßnahme, die wir ergreifen.

Hintergrund ist die politische Entscheidung, dass Gelder für Hochschulen ab sofort stärker als bisher von der Zahl der Studierenden abhängig sind. Der Wettbewerb um Studieninteressierte nimmt deshalb stark zu.

Viele größere Universitäten nehmen als Konsequenz daraus schon seit einiger Zeit Geld in die Hand, um ihre Aktivitäten im Bereich Studierendenmarketing zu professionalisieren. Sie arbeiten mit spezialisierten Agenturen zusammen, um junge Menschen über soziale Medien ganz gezielt zu erreichen.

Angesichts sinkender Bewerbungszahlen in den letzten Jahren wollen wir an der Uni Hohenheim diesen Weg ebenfalls beschreiten. Die aktuelle Corona-Situation hat uns nun bewogen, sogar noch schneller loszulegen als ursprünglich geplant. Denn viele traditionelle Formen der Ansprache fallen aktuell weg. Zugleich wollen wir Schülerinnen und Schüler aber gerade in dieser Zeit der Unsicherheit, die Hand ausstrecken und Orientierung anbieten.

Marketing ist wichtig. Grundlage für den Erfolg ist jedoch immer die Qualität des Produkts. Sind wir mit unseren Studiengängen selbst denn optimal aufgestellt?


Wir sind überzeugt, dass wir den Vergleich mit anderen Unis nicht scheuen müssen. Das Qualitätsmanagement im Bereich Lehre und die Weiterentwicklung unserer Studienangebote verfolgen wir an der Uni Hohenheim bereits seit einigen Jahren mit sehr hoher Priorität. Diesen Weg wollen und müssen wir konsequent weitergehen.

Doch selbst die besten Studienangebote nützen uns nichts, wenn wir Schülerinnen und Schüler nicht so weit bringen, dass sie sich mit den zugehörigen Info- und Beratungsangeboten überhaupt auseinandersetzen.

Um die Neugier von jungen Menschen zu wecken, müssen wir sie in ihrer Lebenswelt erreichen. Mit traditionellen Formaten wird uns das immer weniger gelingen. Denn es hat sich ein radikaler Generationenwandel vollzogen: Was nicht in den sozialen Medien existiert, existiert für viele überhaupt nicht.

Die aktuelle Kampagne ist aber nur ein erster Schritt und ein Baustein in einem breitgefächerten Konzept für das Studierendenmarketing. Die Maßnahmen reichen von den virtuellen Bachelor-Infotagen und Whatsapp-Studienberatung über die Optimierung unserer Websites, damit sie z.B. über Google besser gefunden werden, bis hin zur einer Neuausrichtung der Produktpalette im Uni-Shop.

Was hat es mit dem Begriff Gamechanger auf sich?


Die sogenannte Generation Z sieht sich in den sozialen Netzwerken einer nie gekannten Informationsflut ausgesetzt. Junge Menschen sind es deshalb gewohnt, Irrelevantes in Sekundenbruchteilen auszusortieren. Die erste Ansprache muss deshalb sitzen. Das heißt sie muss prägnant und authentisch sein, einen Nerv treffen und auch Emotionen ansprechen.

Gemeinsam mit der Agentur haben wir deshalb versucht, die Botschaft der Uni Hohenheim in einem Schlagwort zu verdichten. Wir gehen nun mit dem Slogan „Studier‘ nicht irgendwas – werde Gamechanger“ an den Start.

In Kombination mit einer gezielten Bildsprache und kurzen Textbotschaften soll der Hashtag sozusagen als erster Aufmerksamkeitsköder dienen und junge Menschen animieren, sich auf umfangreichere Informationsangebote der Uni Hohenheim einzulassen.

Wie hat man sich dem Slogan inhaltlich angenähert?

Charakteristisch für die Generation Z ist neben ihrer radikal veränderten Mediennutzung vor allem eine neue Werteorientierung. Angesichts vielfältiger globaler Krisen wünschen sich viele jungen Menschen, etwas zu bewegen. Also einen spürbaren Beitrag zu leisten, die Dinge zum Guten zu wenden. Hier knüpft der Begriff Gamechanger an.

Und tatsächlich passt er ja sehr gut zu dem Selbstverständnis der Uni Hohenheim, die vor 200 Jahren angesichts eine Krise gegründet wurde. Im Jubiläumsjahr 2018 wurde das einmal so zusammengefasst: „Wir sind aus unserer Tradition heraus verpflichtet, Antworten auf drängende gesellschaftliche Fragen zu finden und zukunftsweisende Innovationen voranzubringen.“

Aus dieser Formulierung hat die Agentur den Begriff Gamechanger abgeleitet, der unserer Einschätzung nach sehr gut für alle drei Hohenheimer Fakultäten anwendbar ist. Denn erfolgreiche Macherinnen und Macher, die an die Welt von übermorgen denken, sind in den Wirtschaftswissenschaften ebenso gefragt, wie in den Agrar- oder Naturwissenschaften.

Wird die Uni längere Zeit mit diesem Begriff arbeiten?

Tatsächlich suchen wir für das Studierendenmarketing einen roten Faden, an den wir in den kommenden Jahren immer wieder anknüpfen können und der auch einen Wiedererkennungswert hat.

Vor dem Start der Kampagne wurden verschiedene alternative Begriffe in der Zielgruppe getestet, wobei sich der Gamechanger-Slogan durchgesetzt hat. Allerdings blieb für die Vorab-Tests nur begrenzt Zeit. Das heißt: Der Begriff ist noch nicht in Stein gemeißelt und wird nach einiger Zeit noch einmal evaluiert. Bei der Erfolgskontrolle können wir auf sehr detaillierte Monitoring-Daten seitens der Agentur zurückgreifen.

Falls wir weiter mit dem Gamechanger-Begriff arbeiten möchten, gibt es dafür jedenfalls schon viele Ideen: z.B. könnten erfolgreiche Alumni und Forschende dem Begriff ein Gesicht geben. Studentische Projekte und Studieninhalte könnten anhand dieses Begriffs erzählt und medial präsentiert werden, etc.

Sie wurden im Frühjahr zur ersten Rektoratsbeauftragten für das Thema Studierendenmarketing benannt. Was genau sind Ihre Aufgaben? Und welche Akteure sind hier in Hohenheim zum Thema aktiv?

Die Weichen für das Studierendenmarketing werden in einem Lenkungskreis gestellt, der Empfehlungen für das Rektorat ausspricht. Vertreten sind die Prorektorin für Lehre, die Studiendekane aller Fakultäten und weitere Personen, die mit der Organisation des Studiums zu tun haben, die Zentrale Studierendenberatung, die Abteilung Hochschulkommunikation – und nicht zuletzt natürlich auch Studierende. Der Input der Studierenden ist für uns besonders wertvoll. Denn sie vertreten die Perspektive unserer Zielgruppe.

Das operative Geschäft im Alltag, also z.B. die Zusammenarbeit mit der Agentur, liegt bei der Abteilung Hochschulkommunikation. Hierzu wurde eine neue Stelle für das Studierendenmarketing eingerichtet, die seit Juni auch besetzt ist. Info- und Beratungsangebote wie z.B. virtuelle Messeauftritte, Whatsapp-Studienberatung oder der Bachelor-Infotag bilden das Rückgrat und werden weiterhin von der Zentralen Studienberatung organisiert.

Meine Aufgabe als Rektoratsbeauftragte ist in erster Linie die übergreifende Koordination. Mir ist es wichtig, alle Fakultäten und Akteure ins Boot zu holen. Nur wenn wir alle an einem Strang ziehen, können wir in diesem Projekt erfolgreich sein. Gleichzeitig steuere ich natürlich meine eigene fachliche Expertise bei. Einer meiner Schwerpunkte am Lehrstuhl für Marketing und Konsumentenverhalten ist z.B. die Werbewirkungsforschung.

Wir werden berichten! Vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Leonhardmair

Mehr zum Thema im Online-Kurier