Neue Profs: Michael Kube
Er rückt pathogenen Bakterien zu Leibe [15.03.19]
Prof. Dr. Michael Kube | Foto: Universität Hohenheim / Dorothea Elsner
Im Kampf gegen krankmachende Bakterien bei Tieren und Pflanzen hat die Fakultät A Verstärkung bekommen: Prof. Dr. Michael Kube leitet seit Oktober letzten Jahres das neue Fachgebiet „Integrative Infektionsbiologie Nutzpflanze-Nutztier“.
Studierende können bei ihm von der Pike auf lernen, was Molekularbiologie bedeutet. Denn von der Anzucht der Organismen bis zur Genomanalyse können sie bei Prof. Dr. Kube alle Arbeitsschritte eigenhändig durchführen.
Herr Kube, Ihr Fachgebiet heißt Integrative Infektionsbiologie Nutzpflanze-Nutztier. Ein neues Fachgebiet?
Ja, es ist neu eingerichtet worden. Und ich denke, man kann sagen, dass der Brückenschlag bei der Erforschung der Pathogene von Nutzpflanzen und Nutztieren deutschlandweit einmalig ist.
Was genau erforschen Sie?
Wie wird ein Bakterium zum Pathogen? Welche genetischen Faktoren liegen vor und wie interagieren die Produkte mit dem Wirt? Im ersten Forschungsansatz führen wir häufig Mikrobiom-Analysen unter diagnostischen Aspekten durch. Das heißt, das Mikrobiom wird ergebnissoffen analysiert, die Diversität in einer Probe ermittelt. Dabei ist es im Prinzip gleichgültig, um was für eine Probe es sich handelt – ob Tier, Pflanze, Umwelt oder Grillfleisch.
Und was finden Sie in den Proben?
Da sind harmlose Bakterien ebenso dabei wie pathogene. Das Interessante ist, dass wir bekannte Pathogene ebenso erfassen wie unbekannte – und damit auch solche, die man sonst gar nicht finden könnte, weil man nicht auf sie testen würde. Auf diese Weise erfassen wir auch neue Pathogene, die zum Beispiel aus anderen Ländern stammen und nun hier in Baden-Württemberg erstmalig auftreten. Letztendlich geht es darum, Risiken zu erkennen und abschätzen zu können.
In meinem zweiten Forschungsansatz will ich die Methoden weiterentwickeln, also die molekulare Diagnostik für die Routine verbessern. Ich arbeite mit Phytoplasmen ebenso wie mit Mykoplasmen…
…das sind Bakterien?Ja, das sind sehr kleine Bakterien, die im Gegensatz zu vielen anderen Bakterien keine Zellwand haben. Sie leben häufig parasitär, die Phytoplasmen in Pflanzen, Mykoplasmen zum Beispiel in Tieren und Menschen.
Sie gehören zur gleichen Klasse, sind also miteinander verwandt. Und es gibt harmlose und solche, die Krankheiten verursachen. Wir schauen uns das in den beiden Bereichen Tier und Pflanze an und versuchen, daraus zu lernen. Dabei stehen bestimmte Proteine, sogenannte Effektoren, im Vordergrund. Sie wirken sich auf das Immunsystem bzw. die Abwehr aus, da sie in viele Prozesse eingreifen.
Hätten Sie ein konkretes Beispiel dazu?Ein Beispiel für eine aktive Wirtmanipulation durch Pathogene bei Pflanzen ist bei Catharanthus roseus, dem Madagaskar-Immergrün, zu beobachten. Das ist eine Pflanze mit hübschen rosafarbenen Blüten. Sie dient als Modellpflanze bei der Forschung zu Phytoplasmen: Wird sie durch manche Stämme infiziert, bleibt die Blüte grün, verkümmert und bildet auch keine Samen mehr aus. Man spricht von sogenannten „Zombiepflanzen“, die nur der Vermehrung des Pathogens dienen.
Es gibt zahlreiche weitere Beispiele, etwa die Apfeltriebsucht, bei der der Ertrag zurückgeht. Auch Birnen, Wein und Brombeeren können von Phytoplasmen befallen werden. Ich erforsche die Mechanismen, die dahinter stecken.
Wie werden diese Erreger denn übertragen?Bei Pflanzen über Vektoren, also Insekten wie etwa Zikaden, die an den Pflanzen saugen. Die direkte Bekämpfung ist dadurch sehr schwierig, entsprechende systemische Bakterizide stehen für die Nutzpflanzen nicht zur Verfügung. Daher beschränkt man sich darauf, die Vektoren zu bekämpfen.
Wie weit verbreitet sind solche Phytoplasmosen hier bei uns?Leider treten sie bereits sehr häufig auf, und im Zuge des Klimawandels breiten sie sich weiter aus. Im Weinbau beispielsweise können die Vektoren immer mehr gen Norden vordringen. Der wirtschaftliche Schaden ist immens.
Fachgebiet Integrative Infektionsbiologie Nutzpflanze-Nutztier |
Seit dem 1. Oktober 2018 leitet Prof. Dr. Michael Kube das neu eingerichtete Fachgebiet. Die Besetzung der Professur erfolgt erstmals im Programm „Master 2016“, mit dem das Land Baden-Württemberg die Kapazitäten in Master-Studienplätzen ausbauen will. |
Kann man mit diesen Methoden die Herkunft eines Pathogens nachvollziehen?Sie meinen, vom Stall über die Umwelt bis auf den Tisch? Die Kausalkette wird schwierig, aber vom Stall in die Milch, das geht.
Können sich Studierende an Ihrer Forschung beteiligen? Natürlich. Im Moment bin ich noch in der Startphase, aber ab dem nächsten Wintersemester kann man bei mir seine Abschlussarbeit machen.
Was ist für Sie in der Lehre wichtig?Es ist entscheidend, dass man den ganzen Weg einmal selbst von A bis Z durchläuft – von der Mikrobiologie über die Molekularbiologie bis zur Bioinformatik. Das können Master-Studierende bei mir im Kurs durchspielen, beginnend bei der Kultur der Organismen über die Bestimmung des Genoms bis zu dessen Analyse. Diese praktischen Übungen im Labor sind wichtig, erst das verfestigt die Theorie.
Wo können Ihre Absolventen später arbeiten?Grundsätzlich bilden wir für den gesamten Bereich aus, in dem bakterielle Pathogene eine Rolle spielen. Wenn man die genetischen Grundlagen, diagnostische Verfahren und ihre Limitationen kennengelernt hat, dann sind die Methoden übertragbar. Dann ist es im Grunde gleich, um welchen Erreger es geht und wo er sich befindet – ob in der Milch, auf dem Schnitzel oder in der Brombeerpflanze. Das eröffnet eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten im gesamten Bereich der Genomforschung und molekularen Diagnostik.
Welchen guten Rat haben Sie für die Studierenden?Wählen Sie einen Beruf, für den Sie wirklich brennen, denn nur dann ist man gut darin.
Wie war denn Ihr persönlicher Weg bis Hohenheim?Die Molekularbiologie hat mich schon während des Studiums interessiert, als Hiwi kam ich damit erstmals in Berührung. Promoviert habe ich dann am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik bzw. an der Uni Bremen über das Genom eines Bakteriums. Zum Postdoc blieb ich am Max-Planck-Institut. Anschließend war ich an der HU Berlin im Bereich Phytomedizin, wo ich eine Forschungsgruppe für Phytoplasmen leitete und habilitiert habe. Und die letzte Station vor Hohenheim war das Thünen-Institut für Forstgenetik, als Standortleiter und Leiter des Arbeitsbereiches für Resistenzforschung.
Das heißt, Sie waren bisher mehr im Norden der Republik – gab es einen Kulturschock, als Sie nach Hohenheim kamen?Aber nein, das kann man nicht sagen – ich habe auch vorher schon oft Maultaschen gegessen.
Und wie verbringen Sie Ihre Freizeit?Ich fotografiere gerne und versuche Tennis zu spielen. Außerdem lese ich gerne Bücher, die nicht meine eigene Meinung vertreten – das erweitert den Horizont.
Wir danken Ihnen für das Gespräch, Herr Kube!Interview: Elsner