Neue Profs: Bernd Ebersberger

Er untersucht, wie Neues in die Welt kommt  [12.06.19]

Prof. Dr. Bernd Ebersberger | Foto: Universität Hohenheim / Elsner

Was geschieht, wenn Wissen Grenzen überschreitet? Wie können Innovationen dabei helfen, Probleme zu lösen? Und warum kann auch Scheitern nützlich sein? Das sind Fragen, die Prof. Dr. Bernd Ebersberger in Forschung und Lehre beschäftigen.


Seit 1. Oktober letzten Jahres leitet der Wirtschaftswissenschaftler das Fachgebiet Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Innovationsmanagement.


Herr Ebersberger, Sie sind der Nachfolger von Prof. Gerybadze – was machen sie anders als Ihr Vorgänger?


Zunächst ist die Frage nach dem ‚anders‘ auch immer ein Frage nach dem ‚gleich‘. Wie schon bei Prof. Gerybadze werden wir forschungsorientierte Lehre anbieten, relevante Forschung vorantreiben und uns – passend zum Fachgebiet – in den Technologietransfer der Fakultät und der Universität einbringen.

Das Fachgebiet hieß früher „Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Internationales Management“. Das heißt, die Ausrichtung hat sich vom internationalen Management hin zum Innovationsmanagement verschoben. Der Anteil des internationalen Managements in der Lehre geht also zurück. Es ist natürlich klar, dass man über Innovationsaktivitäten nicht aus rein nationaler Perspektive nachdenken kann. Internationales Management ist also auch in der neuen Denomination des Fachgebietes immer vorhanden.

Was ist die wichtigste Frage, die Sie bei Ihrer Arbeit antreibt?


Wie Unternehmen und Organisationen Neues in die Welt bringen. Das Neue hat ja eigentlich keinen Wert per se. Der Wert des Neuen entsteht, wenn es dazu beiträgt, Probleme zu lösen. Das kann sich auf die ganz großen Herausforderungen beziehen oder auch nur auf kleinere Probleme.

Wenn Sie über unbegrenzte Mittel und Möglichkeiten verfügen würden: Welches Projekt würden Sie in Angriff nehmen?

Ich habe eine empirische, quantitative Ausrichtung. Entscheidend für aktuelle und hochwertige Forschung sind die Daten, auf die wir in unseren Analysen zurückgreifen können. Bei beliebig verfügbaren Mitteln würde ich zunächst Zugang zu den wichtigsten Datenbanken erwerben, auf die wir hier von Hohenheim aus gerade nicht zugreifen können.

Freies Assoziieren



Unbegrenzte Mittel im Fachgebiet würden sich natürlich auch positiv auf das Stellenausmaß meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auswirken.

Mit welchen Forschungsthemen beschäftigen Sie sich im Augenblick?


Allgemein gesprochen: Wir möchten wissen, was passiert, wenn Wissen Grenzen überschreitet. Das können zum einen Ländergrenzen sein, dabei sind wir natürlich sehr nahe am internationalen Management. Wir versuchen zu verstehen, wie beispielsweise technologischer Catch-up verläuft. Wir versuchen auch die Prozesse zu verstehen, die dazu führen, dass Wissen aus einer Branche in einer anderen Branche innovativ genutzt werden kann.

Oder wir betrachten Grenzüberschreitungen des Wissens zwischen Unternehmen. Wir sprechen dann von Open Innovation, und das ist dann strategisch relevant. Hier arbeiten wir auf drei Ebenen: auf Unternehmens-, auf Personen- und auf Projektebene.

Hätten Sie dazu ein konkretes Beispiel?


In einem Projekt möchten wir die Innovationsfähigkeit und Open Innovationsfähigkeiten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern messen, welchen Beitrag sie leisten können zur Innovationsfähigkeit des Unternehmens. Dabei erheben wir eigene Daten.

In einem anderen Projekt betrachten wir Unternehmen. Dazu stellen wir die Frage, welchen Beitrag die strategische Suche nach externen Akteuren und Kooperationen zur Innovationsleistungsfähigkeit leistet. Welche Aktivitäten die Innovationsfähigkeit von Unternehmen unterstützt und welche Aktivitäten dies nicht tun. Wir werten dafür vorhandene Daten der statistischen Ämter in Deutschland, Frankreich und England aus.

Können sich Studierende an Ihren Forschungsprojekten beteiligen?


Im Prinzip ja, mit Master- oder Bachelor-Arbeiten. Wir versuchen, die Studierenden thematisch in die Forschungsprojekte einzubinden. Aber das heißt natürlich nicht, dass man nicht auch gern eigene Ideen und Vorschläge für Abschlussarbeiten einbringen kann. Wissenschaftliche Hilfskräfte haben wir auch. Die Stellen versuchen wir nach Möglichkeit international zu besetzen – das ist in der Regel eine große Bereicherung. Und dann wäre da noch Humboldt reloaded: Das sehe ich sehr positiv. Im letzten Semester war es jedoch einfach schon zu spät dafür.

Was möchten Sie den Studierenden in der Lehre vermitteln?

Ich möchte sie zu Wirtschaftswissenschaftlerinnen und –wissenschaftlern ausbilden, die sich mit zukunftsrelevanten Themen kritisch und verantwortungsvoll auseinandersetzen können. Sie sollten Theorien und Tools kennen und die Herangehensweise an Dingen lernen, um ihre Kenntnisse später auch auf andere Themen übertragen zu können. Und ich möchte zeigen, wie allgegenwärtig und notwendig Innovation ist. Dabei will ich auf die schönen, bereichernden Momente aufmerksam machen, die mit erfolgreicher Innovation einhergehen.  Und auch auf das Scheitern, das im Kontext von Innovation immer möglich ist.

Das Scheitern ist bei Ihnen auch Thema?


Ein ganz wichtiges. Ich habe Master-Arbeiten und Publikationen dazu, und auch in der Vorlesung besprechen wir Beispiele, in denen Unternehmen gescheitert sind. Das Scheitern gehört einfach dazu, und aus Fehlern kann man viel lernen. Auch als Wissenschaftler scheitert man schließlich immer wieder – es könnte wohl jeder einen ganzen Lebenslauf schreiben mit gescheiterten Projekten und nicht angenommenen Publikationen. Man muss lernen, damit umzugehen.

Fachgebiet Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Innovationsmanagement

Seit 1. Oktober 2018 leitet Prof. Dr. Bernd Ebersberger den Lehrstuhl Innovationsmanagement. Es ging aus dem früheren Fachgebiet Internationales Management hervor, das umbenannt wurde, nachdem der frühere Leiter Prof. Dr. Alexander Gerybadze in den Ruhestand trat. mehr


In welchen Bereichen können denn Ihre Studierenden später arbeiten?

Wirtschaftswissenschaften sind eine sehr breite Ausbildung. Die Studierenden kommen in sehr unterschiedlichen Bereichen unter – in Konzernen, in der Forschung, in NGOs… Manche gründen ihre eigenen Unternehmen, scheitern und gründen wieder ein neues… Aber grundsätzlich kann man sagen, dass unsere Studierenden später eher in vorwärtsgewandten Bereichen tätig sind.

Was ist für Sie gute Lehre?


Gute Lehre muss Inhalte transportieren, interessant, aktuell und spannend sein. Und sie muss relevant und herausfordernd sein.

Lehre sollte außerdem immer interaktiv sein, Studierende sollten die Möglichkeit haben Fragen zu stellen – und das funktioniert im Allgemeinen auch in den Vorlesungen recht gut. Bei den Übungen muss man ja naturgemäß selbst etwas machen, sonst wäre es ja keine Übung.

Im Seminar hatten wir kürzlich zum Beispiel einen Datensatz, den die Studierenden hinsichtlich einer selbst gewählten wissenschaftlichen Fragestellung untersucht haben, und am Ende haben sie darüber ein Research Paper geschrieben. Das war für die Studierenden herausfordernd, spannend und sehr lehrreich.

Im Sommersemester bearbeiten wir im Bachelor eine Problemstellung eines Unternehmens. Es geht darum, dass das Unternehmen seine Zielmarke bekannter machen möchte. Die Studierenden erarbeiten dazu Lösungen, und die werden wir dann auch dem Unternehmen zur Verfügung stellen.

Wie war denn Ihr eigener Weg nach Hohenheim?

Studiert habe ich BWL und VWL in Augsburg und Detroit, Promotion an der Universität Augsburg, Habilitation an der Universität Innsbruck. Ich war 2,5 Jahre Arbeitsgruppenleiter am Technischen Forschungszentrum Finnland VTT und zwei Jahre am Fraunhofer ISI in Karlsruhe. Dann hatte ich 12 Jahre lang die Professur für Innovations-Management und -Ökonomik am Management Center Innsbruck.

Dann ist das ja bereits Ihre zweite Professur. Wie gefällt es Ihnen hier an Ihrer neuen Wirkungsstätte?

Super, die Organisation ist gut, die Kolleginnen und Kollegen sind klasse – nur der Wohnungsmarkt ist eine Katastrophe. Meine Frau und ich, wir suchen immer noch…

…Da wünschen wir viel Glück, nicht nur bei der Wohnungssuche, und danken für das Gespräch, Herr Ebersberger!

Interview: Elsner

Mehr zum Thema im Online-Kurier

Artikel zum Thema: Neue Profs | Neue Professoren | Fakultät W | Fak W | Fak_W