Ein Kaffee mit... Dekan Prof. Dr. Jörg Schiller

Fakultät WiSo bereit für internationale "Top Liga"  [09.07.24]

Dekan Prof. Dr. Jörg Schiller | Bild: Uni Hohenheim, Leonhardmair

"Wir glauben, unsere Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sind hervorragend aufgestellt - also stellen wir es unter Beweis! Potenziellen Partner-Unis in aller Welt, Studieninteressierten, renommierten Wissenschaftler:innen und Top-Arbeitgebern!" - Mit diesem Anspruch startete die Fakultät WiSo 2017 ein anspruchsvolles Projekt: Eine Akkreditierung gemäß den strengen Standards von AACSB International. Seit damals ist eine ganze Menge in Bewegung gekommen und Dekan Prof. Dr. Jörg Schiller ist überzeugt: "Bald ernten wir die Früchte für die gemeinsame Anstrengung!" Ein Interview.

 

 


Herr Schiller, das Kürzel AACSB ist sicher nicht allen geläufig. Was genau hat es damit auf sich?

Die AACSB-Akkreditierung steht für einen internationalen Qualitätsstandard im Bereich der Wirtschaftswissenschaften. Weltweit haben sich nur 6% aller Business Schools dafür qualifiziert - und dabei handelt es sich um die absolute Crème de la Crème.

2017 haben wir beschlossen: Wir als Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften wollen ebenfalls zu dieser internationalen Top-Liga gehören. Nun stehen wir nach mehreren Jahren intensiver Vorarbeit kurz vorm Ziel.

Unseren Final Report geben wir im Dezember ab. Der entscheidende Gutachtertermin steht im Mai 2025 an. Wenn alles gut läuft, können wir im Herbst nächsten Jahres offiziell das AACSB-Siegel führen. Damit werden sich für uns schlagartig viele Türen öffnen!

Können Sie ein Beispiel nennen?

Wir wollen unseren Studierenden ein internationales Mindset mitgeben. Dazu gehören für uns neben englischsprachigen Studienangeboten auch Austauschprogramme oder Doppelabschlüsse mit hochkarätigen Partner-Unis in aller Welt.

Doch unser internationales Netzwerk zu erweitern, ist einfacher gesagt als getan. Beispiel USA: Die meisten renommierten US-Unis verfügen über eine internationale Akkreditierung wie AACSB. Solange wir nicht ähnliche Qualitätsstandards nachweisen können, scheiden wir als potenzielle Partner für sie aus. Denn Studienleistungen, die Austauschstudierende bei uns erbringen, können andernfalls bei ihrer Heimatuni nicht anerkannt werden.

Eine erfolgreiche Akkreditierung wirkt deshalb wie ein Türöffner. Viele Vorgespräche für künftige Partnerschaften mit Unis in den USA, aber auch in Großbritannien, Asien oder Südafrika laufen bereits.

Warum ist der Fakultät WiSo die Internationalisierung so wichtig?

Weil sie ein echter Karriere-Booster für unsere Absolvent:innen ist.

Ich muss nicht erwähnen, dass in der Region Stuttgart mehrere Weltmarktführer ansässig sind und auch sehr viele mittelständische Unternehmen internationale Absatzmärkte haben. In den letzten Jahren sehen wir aber noch eine weitere Entwicklung: Der Fachkräftemangel zwingt selbst urschwäbische Unternehmen dazu, sich für Bewerber:innen aus dem Ausland zu öffnen. Deshalb heißt es vielfach auch hier: Firmensprache Englisch.

Eine internationale Orientierung ist beim Karrierestart also schon heute ein enormes Plus. Und dieser Trend wird weiter zunehmen. Eine erfolgreiche AACSB-Akkreditierung fungiert dabei wie ein Gütesiegel, nicht nur für uns als Fakultät, sondern auch für unsere Absolvent:innen auf dem Arbeitsmarkt oder aber beim Einstieg in eine akademische Karriere.

Natürlich versprechen wir uns von der Akkreditierung auch Vorteile, wenn es darum geht, hochkarätigen Wissenschaftler:innen und ambitionierte Studierende zu gewinnen. Doch die positiven Auswirkungen gehen noch weit darüber hinaus. Man könnte sogar sagen: Die Akkreditierung hat einen Transformationsprozess der gesamten Fakultät ins Rollen gebracht.

Inwiefern?

Natürlich standen wir als Fakultät schon immer für bestimmte Werte und ein spezifisches Profil, wir haben uns Ziele gesetzt und Strategien entwickelt, um diese zu verfolgen. Doch der Blick von außen bei der Akkreditierung war für uns ein Ansporn, das alles mit neuem Spirit gemeinsam weiterzuentwickeln und nachzuschärfen.

Unter anderem haben wir Forschungsschwerpunkte für die Fakultät definiert, eine gemeinsame "Mission und Vision" und einen Strategieplan entwickelt. Und wir haben detailliert festgehalten, welche Kompetenzen wir unseren Studierenden in welchem Studiengang vermitteln wollen.

Für die Akkreditierung reicht es aber nicht aus, dass wir uns Ziele setzen. Wir müssen auch Mechanismen entwickeln, um unseren Fortschritt ganz konkret zu überprüfen. Nur so können wir im Sinne eines kontinuierlichen Qualitätszyklus, gezielt Maßnahmen ergreifen, nachsteuern und unsere Ziele systematisch weiterentwickeln.

Wie kann man sich das konkret vorstellen?

Nehmen wir das Beispiel der Kompetenzen, die wir unseren Studierenden vermitteln wollen. Für jeden wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang haben wir 4 Basis-Kompetenzziele definiert, z.B. Fachwissen, analytische Fähigkeiten, kritisches Denken und wissenschaftliches Schreiben bzw. Arbeiten.

Diese Kompetenzziele haben wir noch weiter untergliedert, z.B. gehört zum wissenschaftlichen Arbeiten die Fähigkeit, angemessene wissenschaftliche Fragen formulieren zu können, die Fähigkeit, passende Methoden auszuwählen, und die Fähigkeit klare Schlussfolgerungen zu ziehen.

Wir haben anschließend für jedes Modul definiert, welche Kompetenzen wir auf welchem Level vermittelt werden. Und wir haben festgelegt, in welchen Prüfungen wir diese Kompetenzen abfragen und wie wir den Erfolg messen.

Das klingt nach einem sehr aufwändigen Projekt...

Es war in der Tat ein großer Kraftakt. Und ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die dazu beigetragen haben, dass wir jetzt auf der Zielgeraden sind und optimistisch in die Gutachtergespräche gehen können.

Alle Fachgebiete haben hierzu einen wichtigen Beitrag geleistet und mein Eindruck ist, dass uns das als Fakultät noch näher zusammengebracht hat. Gleichzeitig wurde dadurch unser gemeinsames Commitment für unsere Ziele gestärkt. Das ist bereits ein erster Erfolg.

Welche positiven Effekte erhoffen Sie sich noch von den gemeinsamen Anstrengungen?


Ich bin sehr sicher: Unser Qualitätsmanagement wird sich für uns künftig auf ganz unterschiedlichen Ebenen bezahlt machen.

Für die Akkreditierung erheben wir ja zahlreiche Daten, die uns früher nicht zur Verfügung standen. Wir können diese in Zukunft z.B. dazu nutzen, um die Leistungen von Studierenden unterschiedlicher Studiengänge zu vergleichen und die Curricula der Studiengänge zu optimieren.

Aber nicht nur das Studium, auch der Bereich Forschung steht bei AASCB mit Fokus. Beispielsweise können wir in Zukunft per Knopfdruck abrufen, wer in welchen Journals zu unseren Forschungsschwerpunkten publiziert. Das kann uns z.B. dabei helfen, intensiver zusammenzuarbeiten und neue kollaborative Forschungsprojekte einzuwerben.

Und last but not least, hilft uns die intensive Arbeit an unserem Profil auch dabei, noch zielgerichteter und klarer nach außen zu kommunizieren, z.B. wenn es um das Marketing für unsere Studiengänge geht.

Im Moment kommen viele Studierende aufgrund einer persönlichen Empfehlung zu uns oder weil die Uni Hohenheim in der Nähe liegt. Unser Ziel ist aber, dass sich künftig noch mehr Studierende ganz bewusst für uns entscheiden, weil sie das Hohenheimer Profil und die Qualität unserer forschungsbasierten Studiengänge überzeugt hat.

Kurz zusammengefasst: Was macht denn die Besonderheit der Hohenheimer Wirtschaftswissenschaften im Vergleich zu benachbarten Standorten aus?

In Ulm sind die Wirtschaftswissenschaften Teil der mathematischen Fakultät. Daher spielen mathematische Konzepte dort eine zentrale Rolle. In Mannheim liegt der Fokus viel enger auf der Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre.

Unsere große Stärke an der Uni Hohenheim ist unsere Interdisziplinarität. Wir haben ergänzend zu den wirtschaftswissenschaftlichen Kernfächern auch starke Sozialwissenschaften, also z.B. Rechtswissenschaften, Soziologie, Psychologie etc. Außerdem ergänzt die Wirtschaftsinformatik sowie Data Science unser Spektrum.

Unsere vielfältigen flexiblen Wahlmöglichkeiten erlauben es Studierenden, im Verlauf des Studiums ganz individuelle Schwerpunkte zu setzen. Beispielsweise auch zu Themen wie Nachhaltigkeit oder Digitale Transformation.

Wir werden berichten. Vielen Dank für das Gespräch - und viel Erfolg bei der Akkreditierung!

Interview: Leonhardmair

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