Unsere Profs: Siegmar Otto

Er forscht für eine nachhaltige digitale Transformation  [14.07.23]

Prof. Dr. Siegmar Otto | Foto: Uni Hohenheim/Corinna Schmid

Nachhaltiges Verhalten und Wirtschaften: Das steht im Mittelpunkt der Lehre und Forschung von Prof. Dr. Siegmar Otto. Und damit auch eine der treibenden Kräfte dieses gesellschaftlichen Wandels – die Digitale Transformation. Seit Juni 2022 leitet der Psychologe das Fachgebiet „Nachhaltige Entwicklung und Wandel“ an der Universität Hohenheim.


Was motiviert die Wirtschaft, die Gesellschaft oder Einzelpersonen zu mehr Nachhaltigkeit? Wie kann Künstliche Intelligenz dabei unterstützen? Solchen Fragen geht Prof. Dr. Otto mit seinem Team auf den Grund. Er sucht nach innovativen Lösungen, um Nachhaltigkeit am Arbeitsplatz, in Unternehmen, beim Marketing und Konsum zu fördern.


Herr Otto, in Hohenheim sind Sie ja schon seit Längerem. Wie war denn Ihr Start in den neuen Aufgabenbereich?

Hinweis der Redaktion

Seit Beginn der Corona-Pandemie war es zeitlich nicht mehr möglich, die traditionellen Willkommensinterviews mit neuen Profs durchzuführen. Nun wird dies in Form einer Serie mit schriftlichen Fragebögen nachgeholt.


Der Start in den neuen Aufgabenbereich wurde mir vor allem dadurch erleichtert, dass ich äußerst kompetente frühere Mitarbeitende und ebenso qualifizierte neue Mitarbeitende für meinen Lehrstuhl gewinnen konnte. Ebenso freut es mich sehr, dass ich meine Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen in Hohenheim weiter ausbauen kann.

Der Reiz, einen Studiengang komplett neu aufzubauen, kombiniert mit der Möglichkeit meine langjährigen Erfahrungen mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ zu integrieren, macht diese Professur für mich sehr besonders.

Ihr Fachgebiet ist „Nachhaltige Entwicklung und Wandel“. Was genau versteht man darunter?

Im Fokus unserer Forschung stehen nachhaltiges Verhalten und Wirtschaften. Auch die Digitale Transformation ist Gegenstand unserer Forschung – nicht zuletzt deshalb, weil digitale Technologien mittlerweile eine treibende Kraft des gesellschaftlichen Wandels sind und als elementarer Bestandteil einer nachhaltigen Entwicklung gesehen werden müssen.

Wir erforschen nachhaltige Gestaltungsmöglichkeiten bei der Entwicklung digitaler Technologien mit einem Fokus auf algorithmenbasierte Entscheidungssysteme beziehungsweise Künstliche Intelligenz. Insbesondere sind dabei die Mensch-Computer-Schnittstelle und die Kollaboration mit und Akzeptanz von Künstlicher Intelligenz interessant. Diese Themen sind auch für die Entwicklung von innovativen Lösungen zur Förderung von Nachhaltigkeit am Arbeitsplatz, in Unternehmen sowie bei Marketing und Konsum äußerst relevant.

Save the Date

Die Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Siegmar Otto findet voraussichtlich am 11.10.2023 um 17 Uhr im Balkonsaal statt.


Was fasziniert Sie daran?

Bereits in meiner Dissertation habe ich die (unterschiedliche) Bedeutung untersucht, die „nachhaltige Entwicklung“ und „Nachhaltigkeit“ für verschiedene Teile unserer Gesellschaft haben – insbesondere für die Wirtschaft. Auch wenn es Kritik am relativ offenen Konzept nachhaltige Entwicklung gibt, so hat es doch dazu geführt, dass sich verschiedene Akteure wie Umweltverbände und Vertreter:innen der Wirtschaft einander angenähert haben und vermehrt zusammenarbeiten. Das scheint heute fast schon selbstverständlich, war aber vor ein bis zwei Jahrzenten deutlich weniger der Fall.

Noch spannender und faszinierender wird es, wenn man diese Entwicklung mit den aktuellen Entwicklungen bei Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz kombiniert. Und genau das tue ich aktuell mit meinem Team und den ebenfalls weit über Disziplingrenzen hinweg denkenden und forschenden Kolleg:innen.

Wie war denn Ihr persönlicher Weg bis zur Professur in Hohenheim?

An der TU-Berlin studierte ich Psychologie. Direkt danach war ich ebenfalls an der TU-Berlin als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Arbeits- und Organisationspsychologie tätig und studierte nebenbei Medienberatung. Im Anschluss promovierte ich an der Jacobs-Universität Bremen zu nachhaltiger Entwicklung und arbeitete in einem Verbundprojekt zur „massenmedialen Vermittlung nachhaltiger Entwicklung“ mit, das von der Universität Hohenheim geleitet wurde – mein erster, Kontakt mit der Uni Hohenheim.

Nach einem Forschungsaufenthalt am Institut für Mensch-Umwelt-Beziehungen an der Eidgenössisch Technischen Hochschule (ETH) in Zürich arbeitete ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Als Pos-Doc an der Abteilung für Sozial- und Persönlichkeitspsychologie an der Otto-von-Guericke-Universität habe ich auf meine interdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung aus psychologischer Perspektive fokussiert. Diese Ausrichtung habe ich während meiner Lehrstuhlvertretung in Hohenheim beibehalten und um einen wirtschaftspsychologischen Aspekt erweitert.

Fachgebiet Nachhaltige Entwicklung und Wandel

Seit 1.6.2022 leitet Prof. Dr. Siegmar Otto das Fachgebiet. Es wurde von „Volkswirtschaftslehre, insb. Wachstum und Verteilung“ umbenannt nach dem Wechsel seines Vorgängers Prof. Dr. Klaus Prettner an die Wirtschaftsuniversität Wien. mehr


Mit welchen Forschungsthemen beschäftigen Sie sich im Augenblick?

  • Nachhaltiges Wirtschaften und nachhaltiger Konsum
  • Erklärung und Messung von Nachhaltigkeitsmotivation und -kompetenz und deren Entwicklung über die Lebensspanne
  • Bildung für nachhaltige Entwicklung
  • Nachhaltigkeit in algorithmenbasierten (künstlich intelligenten) Entscheidungsprozessen
  • Bias und Diversität bei der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz

Wir integrieren unsere Forschung in Seminare und bringen sie so direkt zu den Studierenden. Eine Mitarbeit durch Studierende in den Forschungsprojekten ist mehr als wünschenswert und wir freuen uns über alle, die sich beteiligen möchten.

Was bedeutet für Sie gute Lehre?

Ein Lehrkonzept muss nicht nur inhaltlich, sondern auch motivational genügen. Um eine möglichst hohe Motivation zu erreichen, befähige ich die Studierenden, Inhalte selbstständig zu begreifen, einzuordnen und zu reflektieren. Außerdem lasse ich sie im Dialog ihre vorhandenen Stärken erkennen und Selbstsicherheit entwickeln.

Denn nur aus einem respektvollen Umgang, kombiniert mit einem guten Grad an Selbstsicherheit, kann sich Begeisterung für inhaltliche Fragestellungen entwickeln, die Übung, Lernen und Erkenntnis fördert. Ein an konkreten Forschungsfragestellungen und Daten orientierter Zugang bietet einen praktikablen motivationalen Rahmen für die Vermittlung methodischen Fachwissens. Ganz im Sinne von Humboldt reloaded.

Haben Sie einen Tipp für ein erfolgreiches Studium?

Aus meiner Sicht ist die entscheidende Grundlage, ein Studienthema für sich zu finden, das eine:n wirklich interessiert. Passt das Thema zu den persönlichen Fähigkeiten und Interessen, ist die intrinsische Motivation sehr hoch und das Lernen fürs Studium fällt besonders leicht.

Was machen Sie, wenn Sie nicht arbeiten?

Am liebsten verbringe ich meine freie Zeit mit meiner Familie, beim Sport, mit Reisen und – wenn dann noch Zeit ist oder auch mal zwischendurch – mit Science Fiction.

Herzlichen Dank, Herr Otto!


Interview: Elsner

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