Einwohnerversammlung mit OB Fritz Kuhn
Top-Thema: Verkehr in Plieningen [08.05.18]

Die Stadtspitze stellt sich den Fragen der Plieningerinnen und Plieninger. Auf dem Podium: OB Fitz Kuhn, Bezirksvorsteherin Andrea Lindel und die Bürgermeister Dirk Thürnau, Isabel Fezer, Dr. Fabian Mayer, Peter Pätzold und Dr. Martin Schairer. Bild: Uni Hohenheim | Leonhardmair
„Wir brauchen in Plieningen weniger Autos und mehr Kita-Plätze“, so das Fazit von Oberbürgermeister Fritz Kuhn nach der Einwohnerversammlung am Montagabend. Zuvor haben Plieningerinnen und Plieninger dem OB und weiteren Stuttgarter Bürgermeistern zwei Stunden lang ihre Anliegen und Probleme vorgetragen. Das Wort „Parkplätze“ fiel dabei ganz besonders häufig.
Plieningen hinkt in Sachen Kita-Plätzen im ohnehin unterversorgten Stuttgart hinterher, die Plieningerinnen und Plieninger wünschen sich dringen eine neue Mehrzweckhalle, die Reinigung der Schultoiletten lässt zu wünschen übrig und ein Wochenmarkt als Alternative zu Netto wäre toll.
Doch kein anderes Thema kommt in den Wortmeldungen am Mikrofon häufiger zu Sprache als die Verkehrsprobleme des Bezirks. Es sind dieselben Punkte, die auch in der Kommentarspalte des Hohenheimer Online-Kuriers, in der Rubrik „Besser wär besser“ oder bei Diskussionsveranstaltungen in Hohenheim in den letzten Jahren immer wieder aufs Neue aufflammen und dabei für Unmut und hitzige Diskussionen sorgen.
Freilich haben die Einwohner des Bezirks zum Teil eine andere Perspektive auf die Problemlage. So stolz sie auf die renommierte Universität mit ihren tollen Parkanlagen sind, so sehr nehmen sie die Universität und ihre Studierenden auch als Ursache zahlreicher Verkehrsprobleme wahr.
Reizthema: Parkplätze
Es geht um Falschparker, die Kurven, Einfahrten und Feuerwehrzufahrten zuparken und die Müllabfuhr regelmäßig daran hindern, bestimmte Straße zu befahren. Eine Einwohnerin weiß sich nur noch durch einen privaten Abschleppdienst zu helfen.
Es geht um neue Wohnanlagen für Studierende, die über keine oder nur sehr wenige Parkplätze verfügen, und das Parkplatz-Problem in den Augen der Einwohner weiter verschärfen.
Die Ankündigung des Landes auf dem Campus Parkgebühren einzuführen, haben viele Einwohner dabei mit ähnlichem Schrecken vernommen wie Studierende und Uni-Beschäftigte, weil sie eine zusätzliche Verschärfung der Parkplatznot befürchten.
Ein weiteres Dauer-Ärgernis sind Urlauber, die den Bezirk als kostenlose Alternative zum Parkhaus am Flughafen missbrauchen und in Plieningen unter dem Namen „Mallorca-Parker“ berüchtigt sind.
Wunsch nach mehr Verkehrssicherheit
Doch nicht nur mit parkenden Fahrzeugen gibt es Probleme. Auch die Verkehrssicherheit ist ein Thema, das in etlichen Wortmeldungen mit viel Nachdruck und kräftigem Applaus vorgebracht wird.
Warum muss es in häufig frequentierten Bereichen Tempo 50 sein? Warum gibt es so viele Gehwege ohne Bordsteinkante? Wie lässt sich effektiver gegen Raser vorgehen? Warum ist es so schwierig zusätzliche Zebrastreifen einzurichten? Besonders besorgt sind die Plieninger über die Sicherheit der Kinder: Eine Mutter berichtet von ihrem 4-jährigen Sohn, der im Ort bereits zweimal angefahren worden sei.
Perspektive der Studierenden
Auch der Präsident des Hohenheimer Studierendenparlaments, Christoph Zerfowski, meldet sich zu Wort und wirbt für Verständnis für die Situation der Studierenden.
Er berichtet von den überfüllten Bussen vor den Vorlesungen, der ÖPNV-Verbindung ins Umland und in die City, die viele Wünsche offenlasse – und der Schwierigkeit, in unmittelbarer Nähe der Uni eine Wohnung zu finden. Gerade internationale Studierende täten sich mit der Wohnungssuche in Plieningen und Birkach ganz besonders schwer.
Seine Forderung: Eine umsteigefreie Stadtbahnverbindung in die Innenstadt so schnell wie möglich realisieren.
Stadtbahn & Bus-Verbindung: Fortschritte bei Vorschlägen aus dem Bürgerhaushalt
Oberbürgermeister Fitz Kuhn und seine Kolleginnen und Kollegen treffen die aufgeführten Probleme und Forderungen nicht unvorbereitet. Immerhin haben es zwei Verkehrs-Vorschläge aus Plieningen (Busverbindung zum Flughafen & direkte Stadtbahnverbindung Plieningen-Innenstadt) bereits bei der Online-Abstimmung zum Stuttgarter Bürgerhaushalt im letzten Jahr unter 2664 Vorschlägen auf die Plätze 3 und 13 gebracht.
Der Oberbürgermeister versäumt es deshalb nicht, gleich in seiner Begrüßungsrede darauf einzugehen.
In Sachen Stadtbahn-Verbindung würden die Planungen seitens der SSB inzwischen konkreter, so Kuhn.
Die Linie soll zukünftig von der Haltestelle Sigmaringer Straße direkt über eine neue Verbindungskurve in Möhringen zur Haltestelle Riedsee abbiegen und anschließend dem Linienverlauf der bisherigen U5 zum Killesberg folgen.
Noch in dieser Woche soll das Projekt im Ausschuss für Umwelt und Technik (UTA) der Stadt vorgestellt werden. Der OB hofft, dass die Linie ab 2025 in Betrieb geht.
Schneller geht es bei der gewünschten Verlängerung der Buslinie 65 zum Flughafen. Für notwenige Baumaßnahmen, insbesondere Busspuren, hat die Stadt im laufenden Haushalt 3,2 Mio. € einplant.
Mehr Parkplätze nicht in Aussicht
Den bekräftigenden Applaus auch bei der x-ten Variante der dargestellten Parkplatz-Problematik dürften die Bürgermeister zur Kenntnis genommen haben.
Dennoch betont Bau-Bürgermeister Peter Pätzold: „Es gibt Berechnungsgrundlagen, wie viele Parkplätze baurechtlich notwendig sind." Weder könne die Stadt bei Bauprojekten mehr Parkplätze einfordern. Noch sei dies angesichts der angespannten Verkehrssituation, den Feinstaubwerten, angestrebter Umweltziele und begrenzter Flächen erstrebenswert. Sein Fazit: Plieningen brauche nicht mehr Parkplätze, sondern weniger Autos.
Was die Pläne des Landes betrifft, Parkgebühren auf dem Campus einzuführen, erwartet Pätzold im Juni mehr Details zu erfahren. Man müsse ernsthaft darüber nachdenken, auch in Plieningen mit der Parkraumbewirtschaftung nachzuziehen, um einen wachsenden Parkplatzdruck zu verhindern und gegen die berüchtigten „Mallorca-Parker“ vorzugehen. Eine Idee, die auch bereits seitens der Einwohner vorgebracht wurde.
Problembereiche sollen überprüft werden
Geschwindigkeitsbeschränkungen in Tempo-50-Zonen steht Bürgermeister Dr. Martin Schairer skeptisch gegenüber. Unter anderem weil dadurch der Busverkehr beeinträchtigt werde, den man ja eigentlich fördern will. Zudem gelten für Hauptverkehrsstraßen genaue Vorgaben, wann eine Geschwindigkeitsbeschränkung zulässig sei. Zuerst müsse geprüft werden, ob mehr Sicherheit nicht auch durch andere Maßnahmen erreicht werden kann.
Eine solche Prüfung soll zeitnah erfolgen, verspricht Schairer. Besondere Problem-Gebiete, die durch Falschparker, Raser und Gefahrenstellen auffallen, will der Bürgermeister persönlich begehen. Zugleich verspricht er verstärkte Kontrollen im Bezirk.
Weitere Zusammenarbeit mit der Uni
Insgesamt setze die Stadt auf eine weitere enge Zusammenarbeit mit der Uni zur Umsetzung des gemeinsam erarbeiteten Mobilitätsplans, der das Ziel hat, mehr Uni-Angehörige zum Umstieg auf den ÖPNV und aufs Fahrrad zu motivieren und neue, nachhaltige Mobilitätsformen zu fördern. Ziel der städtischen Verkehrsplanung sei es, dafür notwendige Verbesserungen für den Rad-, Fuß- und Öffentlichen Verkehr voranzubringen.
Doch auch Studierende und Uni-Beschäftigte müssten umdenken, sofern sie das Auto aus Bequemlichkeitsgründen benutzen. OB Kuhn stellt in Aussicht, darüber auch auf dem Campus mit Uni-Angehörigen zu diskutieren.
Text: Leonhardmair