Neuer Finanzierungsvertrag

Rektor will Uni-Finanzen umkrempeln  [06.02.15]

Weniger Bürokratie, weniger Kettenverträge, mehr Arbeitskraft für Fakultäten und Lehrstühle: Rektor Dabbert will die Möglichkeiten der neuen Unifinanzierung zur Rundum-Erneuerung der Finanzströme in Hohenheim nutzen. Der Senat der Universität begrüßte die Pläne in einer Stellungnahme vergangenen Mittwoch.

 

Zusammen mit allen Landesunis protestierte Hohenheim vergangenen Sommer gegen die befürchteten Sparpläne der Landesregierung. Das Ergebnis ist der sogenannte Hochschulfinanzierungsvertrag, der regelt wie viel Geld die Hochschulen die kommenden fünf Jahre bekommen.

Die gute Nachricht: es ist nicht weniger. Die schlechte: es ist auch nicht viel mehr.

Ein besonderes Plus aus Sicht des Rektors: Statt vielen verschiedenen Einzeltöpfchen mit Sonderregeln und eigener Verwaltung bekommt jede Uni künftig einen einzigen Scheck vom Land. Das spare Zeit, Geld, Verwaltungsarbeit und setze Arbeitskraft frei – auch in Hohenheim.

Hochschulfinanzierungsvertrag (HoVF)

Am 9. Januar unterschrieben Ministerpräsident Kretschmann und alle Rektoren eine Abmachung, die festlegt, wie viel Geld die Hochschulen bis 2020 jährlich bekommen. Wirklich bindend ist das Papier juristisch gesehen jedoch nicht.

Die Kurzbewertung des Rektorates:

  • Finanzen: sichern Status Quo. Für Hohenheim dürfte das Budget weit genug ansteigen, um Tarifsteigerung und Inflation auszugleichen. Eventuell bleibt ein leichtes Plus.
  • Höherer Bauetat: bringt leichte Entlastung. Sicher ist allerdings, dass sich der ganze Sanierungsstau mit  bei allen Hochschulen nicht auflösen lässt. In Hohenheim hofft das Rektorat jedoch auf leichte Verbesserung der marodesten Campusteile.
  • Weniger Bürokratie: Echter Gewinn. Die verwaltungsintensiven Sondermittel wie QSM, 2012- und 2016-Mittel werden dauerhaft in den Grundhaushalt überführt. Das setze Ressourcen für die eigentlichen Aufgaben der Uni frei.

Rektor: „Vorteile an Uniangehörige weitergeben“

Das Rektorat will das nutzen und die verwickelten Finanzströme in Hohenheim vereinfachen. Im Kern lauten die Ziele des Rektors:

  • Bürokratie abbauen
  • Dauerstellen für Daueraufgaben schaffen (nichtwissenschaftlicher Bereich, wissenschaftlicher Bereich s.u.)
  • Ressourcen für Fakultäten und Lehrstühle erhöhen

Darüber will der Rektor zwei Bedingungen stellen:

  • Lehrqualität sichern oder steigern
  • Forschung fördern

Laut Rektorat diktiert der Hochschulfinanzierungsvertrag den Universitäten noch eine weitere Hausaufgabe: Arbeitsverträge in der Wissenschaft müssen forschungs- und mitarbeitergerechter gestalten werden.

Ziel 1: Bürokratie abbauen

Wie auch die Uni selbst sollen Lehrstühle, Fakultäten und andere Einrichtungen künftig alle Gelder des Rektorates in einer einzigen Grundzuweisung bekommen – und das schon im Januar. Dafür entfallen Anträge, Berichte und Gremiensitzungen, um Geld aus den früheren Sondertöpfen zu verteilen.

Außerdem streicht das Rektorat die Stellensperre: Bislang mussten alle Stellen in der Verwaltung und den Fakultäten bei jedem Mitarbeiterwechsel einige Wochen bis Monate unbesetzt bleiben. Die eingesparten Lohnkosten flossen auf ein zentrales Sparbuch, um anderswo wieder Leute einzustellen. Künftig soll jede Stelle sofort besetzt werden können, so dass keine Lücken entstehen und Wissen verloren geht.

Ziel 2: Dauerstellen für Daueraufgaben schaffen (nicht-wissenschaftlicher Bereich)

Bislang würden viele wichtige Daueraufgaben in Hohenheim von Mitarbeitern mit befristeten Arbeitsverträgen erledigt. Der Grund: Das Land erlaubt den Unis, nur eine beschränkte Zahl von Mitarbeitern unbefristet einzustellen. Betroffen seien laut Rektor vor allem nichtwissenschaftliche Stellen: an Fakultäten und Lehrstühlen, der Verwaltung, dem KIM oder den wissenschaftlichen Zentren.

In diesem Jahr erlaubt es das Land einmalig, einen Großteil der Qualitätssicherungsmittel (QSM) in neue, unbefristete Stellen umzuwandeln. Diese Gelegenheit will das Rektorat nutzen. In vielen Fällen bedeute das jedoch keinen Zuwachs an Arbeitskraft. Denn meistens handele es sich dabei um Mitarbeiter, die andernfalls in Kürze entlassen werden müssten.

Da die QSM-Mittel jedoch speziell für die Lehre vorgesehen waren und das Lehrniveau durch die Reform nicht leiden soll, will das Rektorat diese Umschichtung ausgleichen (s.u.).

Ziel 3: Ressourcen für Fakultäten und Lehrstühle erhöhen

Keine Stellensperre und Arbeitsentlastung durch weniger Bürokratie – diese Maßnahmen sollten den Spielraum der Einrichtungen nach Ansicht des Rektors erhöhen.

Hinzukommen soll außerdem eine spezielle Zuweisung für die Lehre, um die bisherigen Qualitätssicherungsmittel auszugleichen. Auch diese Zuweisung soll mit der Grundausstattung direkt im Januar an Lehrstühle, Fakultäten und entsprechende Einrichtungen gehen. Details will das Rektorat mit den Fakultäten regeln.

Außerdem will das Rektorat die Fachgebiete aus den Ausbauprogrammen 2012 und 2016 in reguläre Lehrstühle umwandeln. Bisher haben diese Professuren nur ein festes Budget um Mitarbeiter in Sekretariat und Labors – befristet – einzustellen. Künftig sollen auch diese Professuren eine reguläre Grundzuweisung erhalten. Diese Änderung sei laut Vertrag aber erst 2020 möglich. Davor soll eine Zwischenlösung für Planungssicherheit sorgen.

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Fazit des Rektors: „Ressourcen für Einrichtungen steigen leicht, Effizienz stark“

Detaillierte Rechnungen könne Unirektor Stephan Dabbert derzeit noch nicht vorlegen, da sich viele Vorgaben täglich änderten. Erste Überschlagsrechnungen zeigten jedoch, dass der Plan aufginge.

„Der große Gewinn liegt darin, dass alle Einrichtungen schon sehr früh mit ihren Mitteln rechnen und unkompliziert wirtschaften können. Über den Campus verteilt bedeutet das einen Zuwachs an Arbeitskraft, der dem Äquivalent mehrerer Stellen entspricht“, so der Rektor.

Ein weiterer Gewinn sei, dass die Universität mehrere Beschäftigungsprobleme löse. „Ohne Dauerstellen wären wir vielleicht gezwungen gewesen, Teile unserer EDV-Infrastruktur abzuschalten oder das Bewerbungsverfahren einzustellen, weil es dazu einen dauerhaften Personalbedarf gibt, an den das Land vor 20 Jahren gar nicht gedacht hat.“

Ein offener Punkt sei allerdings noch die Vertragsgestaltung bei den wissenschaftlichen Mitarbeitern (s.u.).

Gesonderte Hausaufgabe: Arbeitsverträge für wissenschaftliche Mitarbeiter

Arbeitsverträge für wissenschaftliche Mitarbeiter würden immer in einem Spannungsfeld liegen, so der Rektor: Den Beschäftigten sollen sie möglichst viel Verlässlichkeit geben. Gleichzeitig müssen sich die Verträge den Projekten anpassen. Manchmal seien sogar Kurzzeit-Verträge wünschenswert, um eine Forschungsarbeit abzuschließen.

Vor eineinhalb Jahren hatte der Senat deshalb eine Mittelbau-Richtlinie beschlossen und vergangenen Herbst als „Code of Conduct für wissenschaftliche Beschäftigte“ bekräftigt. Kern der Regelung ist eine freiwillige Selbstverpflichtung auf:

  • Mindestvertragsdauer von 1 Jahr bei Finanzierung aus Projektgeldern (bzw. 3 Jahre bei Finanzierung aus verlässlichen Haushaltsmitteln)
  • Begründungspflicht für Teilzeitverträge mit weniger als 50 %
  • Kürzere Brückenverträge zur Überbrückung von zwei Projektverträgen

„Dieser Kompromiss erschien uns allen pragmatisch und umsetzbar – er entspricht allerdings nicht all den Vorgaben des Hochschulfinanzierungsvertrages“, so Dabbert. Auch auf Bundesebene gibt es Bestrebungen, dass wissenschaftliche Verträge eine längere Mindestlaufzeit haben sollen.

Falls möglich, wolle das Rektorat derzeit noch abwarten, ob auch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz neue Vorgaben machen werde. „Fest steht jedoch, dass wir unseren Beschluss noch einmal überarbeiten müssen.“

Zustimmung im Senat

Nach längerer Diskussion erntete der Rektor für seinen Vorstoß einstimmige Zustimmung in der Senatssitzung am 4. Februar 2015. Positiv aufgenommen wurde vor allem der Plan, den Handlungsspielraum der Lehrstühle zu erhöhen und den Mitarbeitern mit Daueraufgaben nach Möglichkeit auch eine Dauerstelle zu verschaffen.

Ein Diskussionspunkt war die Frage, wo die neuen Stellen angesiedelt würden. Da die größten Stellenprobleme in der Verwaltung sei, würden dort auch mehr Stellen genutzt werden, so der Rektor: „Die meisten Mitarbeiter, für die wir die Stellen benötigen, sind ja schon längst da. Die Einrichtungen werden entsprechend mehr Mittel erhalten.“

Ein weiterer Diskussionspunkt war die Sorge um die 2012-Lehrstühle, für die sich der Senat mehr Planungssicherheit wünschte.

Text: Klebs

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