Verhandlungen zur Hochschulfinanzierung

Unis schlagen Alarm  [27.08.19]

Unter dem Hashtag #NoScienceNoFuture stellen Hochschulen und Studierende ihre Forderungen ans Land vor.

„Weiter so“ reicht nicht mehr: Unis und Hochschulen in Baden-Württemberg befürchten spürbare Qualitätseinbußen und eine Streichung von Studienplätzen, sollte das Land die gegenwärtige Unterfinanzierung nicht beenden. Tatsächlich fordere das Finanzministerium derzeit jedoch sogar Einsparungen im Wissenschafts- und Hochschulbereich. Auf der Landespressekonferenz schlugen die Rektorinnen und Rektoren deshalb heute unisono Alarm. Am Vormittag hatte bereits die Verfasste Studierendenschaft der Uni Hohenheim eine Pressemitteilung zum Thema veröffentlicht. Hintergrund sind die laufenden Verhandlungen über den neuen Hochschulfinanzierungsvertrag, der ab 2021 in Kraft treten soll.

 

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Es ist ruhig auf dem Hohenheimer Campus. Viele Beschäftigte sind im Urlaub oder auf Tagungen und Studierende nutzen die vorlesungsfreie Zeit für Praktika, Besuche bei der Familie, Jobs oder Auslandsaufenthalte. Doch die Ruhe ist trügerisch. Denn aktuell gehen die Verhandlungen über die künftige Finanzierung der Hochschulen in die heiße Phase. Bis die Vorlesungen beginnen, könnten wichtigen Weichen bereits gestellt sein.

Für die Universitäten geht es um viel: In den letzten 20 Jahren sind die Studierendenzahlen rasant gestiegen. Die Ausgaben des Landes haben damit jedoch nicht Schritt gehalten. Laut Berechnungen der Rektorinnen und Rektoren erhalten die die Universitäten pro Student/-in heute inflationsbereinigt 33 Prozent oder 3.540 Euro weniger vom Land als noch 1998.

NoScienceNoFuture

Unter dem Hashtag #NoScienceNoFuture informieren Hochschulen und Studierende in Social Media Kanäle über ihre Forderungen.

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Bisher haben die Hochschulen und Unis die gestiegenen Studierendenzahlen vor allem mit temporären Programmen und Zusatzbelastungen bewältigt. Dadurch haben sich die Rahmenbedingungen für die Studierenden und die Forschung stetig verschlechtert und die Arbeitsbedingungen erschwert. Gleichzeitig sagen die Prognosen der Kultusministerkonferenz bis 2030 eine unvermindert hohe Nachfrage an Studienplätzen in Baden-Württemberg voraus.

Universitäten und Hochschulen erläutern Forderungen

Die Rektorinnen und Rektoren werten die Signale seitens des Landes in den laufenden Verhandlungen momentan alles andere als ermutigend. Tatsächlich fordere das Finanzministerium derzeit sogar weitere Einsparungen im Wissenschafts- und Hochschulbereich. Auf der Landespressekonferenz schlugen die Universitäten und Hochschulen deshalb heute in seltener Einigkeit Alarm.

„Ohne ausreichende Finanzierung müssen spätestens im Jahr 2021 Einsparungen durch die Reduktion von Leistungen erfolgen, signifikante Qualitätseinbußen müssen dann in Kauf genommen werden. Dies bedeute auch, dass Studienplätze in größerem Umfang zur Streichung anstehen könnten“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

Um die klaffende Finanzierungslücke zu schließen, fordern die Spitzen der Rektorenkonferenzen das Land zu folgenden Maßnahmen auf:

  • Die Erhöhung der Grundausstattung aller Hochschulen um mindestens 1.000 Euro je Studierendem und Jahr, unter anderem zur Verbesserung der Betreuungsrelationen und Sicherung der Studienqualität, Digitalisierung von Forschung und Lehre, Verbesserung der Infrastruktur, Finanzierung neuer Aufgaben, wie Innovation, Förderung der Gründerkultur, Weiterbildung, Transfer, Internationalisierung
  • Die Überführung der Ausbauprogramme in die Grundhaushalte der Hochschulen
  • Die jährliche Dynamisierung der Etats um drei Prozent zum Ausgleich der allgemeinen Kostensteigerung, insbesondere beim Personal, den die außeruniversitären Forschungsinstitute im Land bereits seit Jahren erhalten
  • Eine transparente und gerechte Weitergabe aller Mittel aus dem kürzlich zwischen Bund und Ländern geschlossenen „Zukunftsvertrag Studium und Lehre“ an die Hochschulen nach den vereinbarten vertraglichen Kriterien, ohne Sonderabzüge durch das Land
  • Hochschulautonomie beim Einsatz der Mittel, um die Hochschulen in der Weiterentwicklung ihres Studienangebots und ihrer gesellschaftsrelevanten Leistungen zu stärken

 

campusplan

 

Der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz der Universitäten, Prof. Dr. Bernhard Eitel kommentiert: „Baden-Württemberg muss jetzt die Weichen für die Zukunft stellen.“ Wenn man nicht konsequent in die Universitäten und Hochschulen investiere, werde dies mittel- und längerfristig für das Land schmerzhafte Konsequenzen haben. Die Wirtschaftskraft sei zwar gegenwärtig hoch, könne das aber nur bei beständiger Innovationsleistung bleiben.

„Hochqualifizierte Absolventen und Forschungsleistungen sind die Schlüsselfaktoren, um den anstehenden Strukturwandel zu bewältigen. Wenn die Landespolitik diese Aufgabe vernachlässigt, wird Baden-Württemberg in zwanzig Jahren auf der Empfängerseite des Länderfinanzausgleichs stehen“, so Prof. Dr. Eitel.

Der Hohenheimer Unirektor, Prof. Dr. Stephan Dabbert betont: „Trotz steigender Ansprüche an die Qualität der Lehre bekommen wir an den Universitäten ein Drittel weniger Geld pro Studentin bzw. pro Studenten vom Land als vor 20 Jahren. Diese Lücke – die in ähnlicher Weise auch die HAWen betrifft – muss schrittweise geschlossen werden. Sichtbare Schritte, um dies zu erreichen sind nun notwendig.“

Text: Leonhardmair

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