Tarifeinigung Öffentlicher Dienst
8% mehr Lohn für Landesbeschäftigte [04.03.19]
Neue Streiks sind vom Tisch: Die Tarifparteien einigen sich am vergangen Samstag nach der dritten Verhandlungsrunde in Potsdam. Bild: Uni Hohenheim
Überraschende Einigung in den Tarifverhandlungen: Beschäftigte der Länder sollen bis 2021 in drei Schritten insgesamt 8% mehr Lohn erhalten, mindestens aber 240 € mehr im Monat. Das verkündigten die Tarifparteien nach dreitägigen Verhandlungen am Samstagabend in Potsdam. Sowohl die Gewerkschaften wie die Vertreter der Länder zeigten sich mit der Einigung zufrieden.
Es war ein Verhandlungspoker bis zuletzt. In den ersten beiden Verhandlungsrunden hatten die Gesprächsführer der Länder kein konkretes Angebot vorgelegt. Die Folge: bundesweite Warnstreiks, auch an der Uni Hohenheim. Ob die dritte Verhandlungsrunde den erhofften Durchbruch bringen würde, war bis zum späten Samstagabend ebenfalls völlig offen.
Kurz vor Mitternacht verkündeten die Tarifpartner dann schließlich die überraschende Einigung: Rund eine Million Angestellte der Länder an Universitäten, bei der Polizei, in Behörden oder Kliniken sollen ein Lohn-Plus von insgesamt 8% erhalten. Als Laufzeit für den neuen Tarifvertrag wurden 33 Monate vereinbart.
Erhöhung in drei Schritten
Die Entgelterhöhung soll in drei Schritten erfolgen:
- 1. Januar 2019 (rückwirkend): durchschnittlich +3,2%
- 1. Januar 2020: durchschnittlich +3,2%
- 1. Januar 2021: durchschnittlich +1,4%
Eine soziale Komponente legt fest, dass alle Beschäftigen über die Laufzeit mindestens 240 € mehr im Monat erhalten.
Überdurchschnittlich stark profitieren sollen außerdem neue Beschäftigte in den ersten 12 Monaten nach ihrer Einstellung (Stufe 1 der Entgeltgruppen 2 bis 15). Ihr Einstiegsgehalt steigt zum 1. Januar 2019 um 4,5%. Wer bereits länger als ein Jahr dabei ist (Stufe 2-6) erhält zum 1. Januar 2019 hingegen nur 3,01% mehr. Ähnlich ist dies auch für die beiden weiteren Erhöhungen 2020 und 2021 vorgesehen.
Verdi war mit der Forderung einer 6%-igen Entgelterhöhung bei einer Laufzeit von 12 Monaten in die Verhandlungen gegangen. Zwar fällt das Lohnplus nun sogar 2 Prozent höher aus, allerdings soll die Laufzeit des Tarifvertrags im Gegenzug fast 3-mal länger sein als ursprünglich von der Gewerkschaft angestrebt.
Jahressonderzahlung bleibt festgeschrieben, strukturelle Verbesserungen, Plus für Praktikanten und Pflegekräfte
Die Jahressonderzahlung wird nicht parallel zu den geplanten Entgelterhöhungen ansteigen. Vereinbart wurde, dass sie bis 2022 weiterhin auf Grundlage der Entgeltwerte von 2018 berechnet wird.
Hintergrund sind die Verhandlungen über strukturelle Verbesserungen in der Entgeltordnung, die es z.B. ermöglichen, einige Beschäftigte unter bestimmten Voraussetzungen höher einzugruppieren. Die Einsparung bei der Jahressonderzahlung soll die Hälfte der dafür anfallenden Mehrkosten ausgleichen.
Auch Auszubildende und Praktikanten sollen mehr Geld erhalten: Für Januar 2019 und 2020 sind Erhöhungen um jeweils 50 Euro geplant. Außerdem erhalten sie einen zusätzlichen Urlaubstag – und sind mit 30 Urlaubstagen nun den Beschäftigten gleichgestellt. Auch die Übernahmeregelung für Azubis wird für zwei Jahre wieder in Kraft gesetzt.
Die Pflegetabelle wird zusätzlich zu den vereinbarten Entgelterhöhungen um weitere 120 Euro aufgestockt.
Positives Echo bei den Gewerkschaften
Der Verhandlungsführer der Länder, Matthias Kollatz, bezeichnete die Tarifeinigung als "guten Kompromiss". Insbesondere lobte er die gute Planungssicherheit aufgrund der langen Laufzeit.
Verdi-Chef Frank Bsirske zeigte sich nach den Verhandlungen ebenfalls sehr zufrieden: Es sei das beste Ergebnis für einen Lohnabschluss im Länderbereich seit vielen Jahren. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bezeichnete den Abschluss als "ordentlich".
Der Vorsitzende des deutschen Beamtenbunds (dbb), Ulrich Silberbach, ist hingegen nur teilweise zufrieden. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, gingen die geplanten Erhöhungen gerade bei den begehrten Ingenieuren und IT-Fachleuten nicht weit genug.
Wie gut der öffentliche Dienst tatsächlich mit der Privatwirtschaft konkurrieren kann, wird in den kommenden Jahren immer mehr zur Schlüsselfrage. Ende 2018 waren bereits rund 24.000 Stellen im öffentlichen Dienst der Länder unbesetzt. Verdi schätzt, dass in den kommenden zehn Jahren jeder vierte Beschäftigte des öffentlichen Diensts in den Ruhestand gehen wird.
Text: Leonhardmair