Weltweite Aktion „March for Science“ (22.4.)

Protest gegen Politik der „alternativen Fakten"  [03.03.17]

Bild: Uni Hohenheim / Leonhardmair

„Wissenschaftliche Erkenntnisse sind keine Meinungen, es gibt keine alternativen Fakten, Demokratie und freie Wissenschaft gehören zusammen": Diese zentralen Botschaften stehen am 22. April im Mittelpunkt einer weltumspannenden Protest-Aktion. Unter dem Titel „March for Science“ sind Demonstrationen in über 100 Städten angekündigt. In Baden-Württemberg sind bisher Veranstaltungen in Tübingen und Heidelberg geplant. Auch Stuttgart ist als weiterer Ort im Gespräch.

 

 

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der „March for Science“ geht zurück auf eine Initiative US-amerikanischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Mit einem Marsch in Washington wollen sie am 22. April ein Zeichen gegen jüngste politische Weichenstellungen und wissenschaftsfeindliche Rhetorik von Präsident Donald Trump setzen.
  • Über den US-Kontext hinaus hat die Aktion inzwischen weltweit Unterstützung und Ableger gefunden. Gemeinsames Ziel: Ein Zeichen gegen die Relativierung oder Leugnung wissenschaftlicher Erkenntnissen zu setzen – und den Wert von Wissenschaft für eine funktionierende Demokratie deutlich machen.
  • Weltweit sind Aktionen in über 100 Städten angekündigt. In Deutschland unter anderem in: Berlin, Dresden, Göttingen, Hamburg, Heidelberg, München und Tübingen.
  • Die Initiatoren rufen ausdrücklich nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sondern alle Menschen zur Teilnahme auf, die sachlichen, fakten-basierten Dialog als Grundlage von Demokratie ansehen.
  • Der Science March in Tübingen beginnt um 13 Uhr auf der Neckarinsel, die Kundgebung findet um 14 Uhr auf dem Geschwister-Scholl-Platz statt. Aktuelle Informationen zur Veranstaltung in Tübingen gibt es auf Facebook. Eine zentrale Website bündelt darüber Infos über alle Aktionen in Deutschland und bietet an, Akteure zu vernetzen.


Hintergrund: Wissenschaft in den USA politisiert sich

Seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump beginnt sich die Scientific Community in den USA zu politisieren. Einen Auftakt setzten Protest-Aktionen und zahlreiche kritische Redebeiträge bei der Jahrestagung der US-amerikanischen Wissenschaftsgesellschaft AAAS, die Mitte Februar in Boston stattfand. Am 22. April soll nun ein großer Protest-Marsch in Washington folgen.

Die Liste der Nachrichten aus dem Weißen Haus, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beunruhigen, scheint dabei von Woche zu Woche länger zu werden: Eine Anhängerin der kreationistischen Lehre vom „Intelligent Design“ wurde zur Bildungsministerin ernannt, der neue Chef der US-Umwelt-Behörde betätigte sich in der Vergangenheit als Lobbyist der Öl-Branche, Wissenschaftler in US-Behörden dürfen sich auf Anweisung aus dem Weißen Haus nicht mehr frei gegenüber der Presse äußern.

Auf Budget-Kürzungen stellen sich nicht nur Wissenschaftler ein, deren Ergebnisse politischen Interessen zuwiderlaufen, sondern auch alle Forschungsgebiete, die aus Sicht der Trump-Regierung wenig unmittelbaren Nutzen versprechen, wie z.B. Grundlagenforschung oder Geistes- und Sozialwissenschaften.

Allem voran aber ist es die Rhetorik des US-Präsidenten und seiner Administration, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – auch über die Grenzen der USA hinaus – aufschreckt.

Wenn wissenschaftliche Erkenntnisse, beispielsweise zum Klimawandel, als bloße Meinungen abgestempelt und "alternativen Fakten" als gleichwertig gegenübergestellt werden, wird sachlicher Dialog unmöglich, so die Befürchtung der Aktivisten. Dies wäre auch für die Demokratie eine ernste Bedrohung.

„March for Science“ in Deutschland

Inzwischen haben sich weltweit zahlreiche Ableger des Washingtoner „March for Science“ auf einer zentralen Plattform eingetragen. In Deutschland gibt es zurzeit sieben bestätigte Veranstaltungsorte, unter anderem Tübingen.

Stuttgart ist als zusätzlicher Veranstaltungsort ebenfalls im Gespräch. Personen, die sich vernetzen wollen, können dazu ein Kontaktformular auf der Homepage sciencemarchger.wordpress.com nutzen.

„Alle, denen die deutliche Unterscheidung von gesichertem Wissen und persönlicher Meinung nicht gleichgültig ist, sind eingeladen, sich an dieser weltweiten Demonstration für den Wert von Forschung und Wissenschaft zu beteiligen – nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler!“, so der Appell der Initiatoren auf der zentralen Website.

Unterstützung für die Aktion „March for Science“ äußerte zuletzt unter anderem auch der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Im Interview mit Zeitung Die Welt spricht Peter Strohschneider von einem „Angriff auf die Modernität der Gesellschaft“. Gleichzeitig setzt er Vertrauen in die Gegenkräfte in den Hochschulen: „Wir müssen – und wir können uns wehren.“

Text: Leonhardmair

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