Schaufenster Bioökonomie

Blühende Randstreifen im Grünland  [23.05.20]

Bildquelle: Universität Hohenheim / Foto: Jan Winkler

Wiesen werden oftmals stark gedüngt und häufig gemäht um gutes Futter zu erzeugen – wodurch allerdings die Artenvielfalt auch im Grünland zu verarmen droht. Abhilfe könnte eine Praxis schaffen, die bei Ackerrändern bereits angewendet wird: Am Rand der bewirtschafteten Fläche werden Blühstreifen geschaffen, die unbearbeitet bleiben oder sogar mit Wildsamen eingesät werden. Erste Modellversuche sind vielversprechend. Weitere Details untersucht jetzt ein Kooperationsprojekt der Uni Hohenheim.


Regelmäßig düngen, bis zu fünf Mal im Jahr mähen: Auch Wiesen und Weiden werden von Landwirten intensiv genutzt. Ein Grund dafür ist die steigende Milchleistung der Kühe, die zunehmend hohe Ansprüche an die Qualität stellt.

Aber je häufiger Grünlandflächen gemäht und / oder gedüngt werden, desto geringer ist in der Regel ihre Artenvielfalt. Anstelle blütenreicher Wiesen entstehen so artenarme Graskulturen mit hoher Futterqualität, deren Erträge als Grünfutter, Silage und Heu für Rinder genutzt werden.


Ziel ist es, die Artenvielfalt zu erhöhen anstelle nur den Schwund zu stoppen

Wie dringend der Handlungsbedarf sei, erläutert Pflanzenwissenschaftler Dr. Ulrich Thumm von der Uni Hohenheim am Beispiel von Baden-Württemberg. Hier hätten Grünlandflächen einen Anteil von 38 % an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche. Zwei Drittel davon seien intensiv bis mittelintensiv genutzte Wiesen und Weiden.

Geeignete Handlungsempfehlungen und Maßnahmen für die intensive Grünlandwirtschaft seien deshalb dringend nötig, so Thumm. „Unser Ziel muss es sein, dass wir nicht nur das Verschwinden der Insekten stoppen, sondern im Gegenteil ihre Anzahl und Vielfalt erhöhen können.“


Pilotprojekt weist vernetzte Blühstreifen als vielversprechenden Ansatz aus

Ein Kooperationsprojekt der Uni Hohenheim mit dem LAZBW in Aulendorf untersucht nun, ob und wie die Seitenränder intensiv bewirtschafteter Flächen, dazu genutzt werden können, die Artenvielfalt wieder zu erhöhen. „Denn wenig genutztes Grünland bietet mit seiner Vielfalt an Pflanzen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten blühen, auch einer großen Vielfalt an Tieren einen Lebensraum“, sagt Projektleiter Thumm.


Gerade die Ränder der intensiv genutzten Flächen spielen dabei eine wichtige Rolle: Sie vernetzen die einzelnen Biotope, in dem sie dazu beitragen, dass Samen und auch flugunfähige Insekten, wie z. B. einige Laufkäfer, nur kurze Entfernungen zu überbrücken haben, um von einem Lebensraum in den anderen zu gelangen. Zudem ist es für den Landwirt relativ einfach, sie bei der Bewirtschaftung der übrigen Fläche auszusparen.

Ergebnisse aus einem Pilotprojekt zeigen bereits, dass die Pflanzenvielfalt auf diesen Streifen deutlich zunimmt. „Bis jedoch die neu geschaffenen Strukturen von der entsprechenden Fauna angenommen werden, kann es einige Jahre dauern,“ meint Thumm. Genauere Daten soll jetzt das Projekt liefern.


Weitere Forschung soll die mögliche Verwertung des Blühstreifen-Schnittguts ermitteln

Für die Landwirte bedeute die Anlage von Blühstreifen zunächst einmal einen deutlichen Mehraufwand. Zumindest sei die Anlage und Bewirtschaftung der Blühstreifen jedoch mit Gerätschaften gut durchführbar, die im Betrieb vorhanden seien.

Bislang sei auch fraglich, ob das Schnittgut von diesen Streifen die erforderliche Qualität hat, um noch als Tierfutter verwertet zu werden. Deswegen wird im Rahmen des Projektes auch geprüft, wie die Bewirtschaftung der Randstreifen in die normalen Betriebsabläufe integriert werden kann, wie hoch der Aufwand und mögliche Ertragsausfall für die Landwirte ist.


Kooperationsprojekt „Floristische und faunistische Untersuchungen extensivierter Grünlandrandstreifen und Verwertbarkeit der Aufwüchse“


Welchen Einfluss haben unterschiedliche Varianten von alternativ bewirtschafteten, möglichst blühenden Randstreifen auf die Erhöhung der tierischen und pflanzlichen Biodiversität? Und welche Handlungsempfehlungen können daraus abgeleitet werden?

Diesen Fragestellungen widmet sich das Kooperationsprojekt „Floristische und faunistische Untersuchungen extensivierter Grünlandrandstreifen und Verwertbarkeit der Aufwüchse“. Kooperationspartner sind das Institut für Kulturpflanzenwissenschaften der Universität Hohenheim und das Landwirtschaftliche Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Württemberg (LAZBW) in Aulendorf.

Das Projekt wird vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) mit rund 325.000 € für die Uni Hohenheim gefördert. Projektstart war am 1. Mai 2020, geplantes Projektende der 30. April 2022.

Mehr zum Thema im Online-Kurier