Festakt Dies academicus 2016

„So viel Hohenheim hatten wir noch nie“  [01.07.16]

Festredner Dr. Jan-Martin Wiarda

Es tut sich viel: Ein Jahr großer Veränderungen liegt hinter der Uni Hohenheim. Das betont nicht nur Rektor Stephan Dabbert in seiner Begrüßungsrede zum Festakt des Dies academicus 2016. Drei neue Forschungszentren, Humboldt reloaded, Graduiertenakademie und neue Leitbilder – um nur Einiges zu nennen. Selten war ein Hochschuljahr von so vielen Reformen gekennzeichnet.


Und weil Rektor Dabbert obendrein kürzlich zum beliebtesten Rektor des Jahres gekürt wurde, übergibt ihm der Universitätsrat symbolisch eine Baumspende – eine Scharlach-Eiche als Dank und Anerkennung, wie die Vorsitzende Marion Johannsen betont. Sie und der Vorsitzende des Universitätsbundes Hohenheim Dr. Maximilian Dietzsch-Doertenbach sprechen Grußworte zur Eröffnung.


Mittelbau vermisst Überblick über Personalmittel

Etwas kritischere Töne sind seitens des akademischen Mittelbaus zu vernehmen: Dessen Vertreter Fabian Wahl begrüßt zwar, dass sich die finanzielle Situation der Uni durch den Hochschulfinanzierungspakt auf niedrigem Niveau stabilisiert habe. Doch „dank SAP weiß in diesem Jahr niemand, wie viele Mittel eigentlich noch da sind.“ Vor allem bei den Personalmitteln verliere sich bisher noch der Überblick.

Enttäuscht sei der Mittelbau auch etwas über die Verteilung der Dauerstellen, da sei die Wissenschaft zu kurz gekommen. Bei allen Zwängen und Vorgaben bleibe der Eindruck, dass vielleicht doch andere Schwerpunkte hätten gesetzt werden können. Doch „wir haben hier die streitbare und konfliktäre Universität zu wahren, wenn das nötig ist.“ Das wolle der Mittelbau auch in Zukunft, und Wahl betont die Sachorientierung und die konstruktive Grundeinstellung aller Beteiligten, die letztendlich zu Lösungen führe.


Heutige Generation der Studierenden besonders aktiv

Auch die Verfasste Studierendenschaft sei im Wandel begriffen, erklärt der AStA-Vorsitzende Daniel Riehle. Ein Studierendenbeitrag von 10 Euro statt bisher 6,50 Euro sei auch dem wachsenden Verwaltungsapparat des AStA geschuldet. Ehrenamtlich sei nicht mehr alles leistbar, „und so ist die noch junge Verfasste Studierendenschaft in die Rolle einer Arbeitgeberin gerutscht.“ Doch die Studierenden profitieren von den angebotenen Vorträgen, kulturellen Veranstaltungen oder Exkursionen. Auch die Übergabe der TMS in Studierenden-Hand sei von großer Bedeutung gewesen.

Der Präsident des Studierendenparlaments Erdal Senel hebt hervor, dass sich im vergangenen Jahr durch die Einführung der verfassten Studierendenschaft eine außerordentlich aktive Studierendenvertretung gebildet hätte. „So viel Hohenheim hatten wir noch nie“, stellt er fest. Die Studierenden wünschen sich künftig vor allem eine Lösung der Lernraumproblematik. Und für den Rektor des Jahres, dessen Diskussionsbereitschaft er begrüßt, „haben wir zwar keine Eiche, aber ein Lob.“


Festvortrag Dr. Jan-Martin Wiarda

Den Festvortrag hält Dr. Jan-Martin Wiarda, einer der führenden Wissenschaftsjournalisten in Deutschland. An der einzigen Südwest-Uni, die nicht von der Exzellenzinitiative profitiert hat, spricht er über die Frage „Hat die Masse Klasse? Die Zukunft der Exzellenzinitiative und die Chancen kleiner Universitäten“.

Wiarda hat in seinem Blog häufig über die Exzellenzinitiative geschrieben – obwohl es seiner Ansicht nach eigentlich wichtigere Themen gebe. „Es gab eine Art Hype um die Exzellenzinitiative, plötzlich meldeten sich alle zu Wort.“ Dieser Hype stünde aber in einem krassen Missverhältnis zum Finanzvolumen: 533 Mio. Euro im Jahr, „weniger als zwei Prozent der Gesamtausgaben für die Hochschulen in Deutschland.“


„Breite Spitze“ von „international sichtbaren Leuchttürmen“

Früher habe in Deutschland die Vorstellung, dass Unis unterschiedlich gut sein könnten, vielen Leuten nicht behagt. Die damalige Bundesbildungsministerin Hildegard Bulmahn sei dann mit der Idee von „international sichtbaren Leuchttürmen“ gekommen, wobei sie wohl an 3-4 Hochschulen gedacht habe.

Daraus sei dann die Idee von der „breiten Spitze“ entstanden – eigentlich ein Widerspruch in sich. „Das entspricht am ehesten dem hiesigen Verständnis von Exzellenz, so dass möglichst wenige als Verlierer dastehen.“


Masse = Exzellenz

Gewinner seien nun aber die großen Unis, 10 von 11 Exzellenz-Universitäten haben um die 30.000 Studierende. „Exzellenz ist nach deutschem Verständnis Masse  - offenbar gilt, je größer desto exzellenter.“ Neben den 11 Exzellenz-Unis waren 33 weitere Unis an Exzellenzclustern oder einer Graduiertenschule beteiligt. „Das macht 44 Gewinner bei gut 100 Universitäten deutschlandweit.“

Rund 60 Unis seien damit aber leer ausgegangen. Der Druck auf kleine Unis nehme zu. „Das heißt jedoch nicht, dass kleine Unis in der 2. Liga spielen. Sie können genauso exzellent sein.“ Man betrachte etwa die Fördermittel der DFG pro Professor, und dann sei festzustellen: Klasse ist überall an den Unis verteilt.


Exzellenz kleiner Universitäten zu wenig wahrgenommen

„Kleine Universitäten haben nicht nur eine Chance, sie nutzen sie auch bereits.“ Sie seien an vielen Stellen exzellent, müssten aber lauter klappern, damit das wahrgenommen werden. „Die Exzellenzinitiative verzerrt das Bild.“ Allerdings sei Wettbewerb grundsätzlich gut, um alle anzuspornen.

Es bleibt die Frage, wovon profitieren die kleinen Unis? Die DFG-Mittel fließen mehr zu den kleinen Unis, aber es gibt noch andere Alternativen: Die Förderinitiative „innovative Hochschule“ etwa oder Nachwuchsförderung, DAAD-Programme oder der Qualitätspakt Lehre. „Die  Exzellenzinitiative ist also nicht alternativlos, es gibt andere Möglichkeiten.“.

Doch über die Exzellenzinitiative werde zu viel gesprochen und im Vergleich dazu viel zu wenig über die anderen Fördermöglichkeiten. Dr. Wiaras Rat für kleine Universitäten: „Lassen Sie die großen untereinander wetteifern und konzentrieren Sie sich auf andere Fördermöglichkeiten.“

Text: Elsner

Die Reden vom Festakt zum Nachhören finden Sie unten. Leider gab es technische Probleme bei der Aufnahme - den Brummton und das fehlende Ende des Festvortrags bitten wir zu entschuldigen.

Rede Dabbert zum Nachhören (mp3)

Grußwort Johannsen zum Nachhören (mp3)

Grußwort Dietzsch-Doertenbach zum Nachhören (mp3)

Grußwort Wahl zum Nachhören (mp3)

Grußwort Riehle und Senel zum Nachhören (mp3)

Festvortrag Wiarda zum Nachhören (mp3)

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