Gips-Schüle-Auszeichnung im Doppelpack
Forschungs-Freiraum für 300.000 Euro [04.12.19]
Von links: Rektor Prof. Dr. Stephan Dabbert, Preisträgerin 2019 Prof. Dr. Jana Seifert, Preisträger 2020 Prof. Dr. Thomas Berger, Dr. Stefan Hofmann (Vorstand der Gips-Schüle-Stiftung) | Bilder: Universität Hohenheim/Jan Winkler
Bahn frei für die Wissenschaft: Bereits zum vierten Mal vergibt die Gips-Schüle-Stiftung ihre Auszeichnung „Freiräume für Forschung“, um Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Uni Hohenheim die Möglichkeit zu geben, große Forschungsprojekte anzugehen. Das Besondere in diesem Jahr: Gleich zwei Projekte der Uni beeindruckten die Jury so sehr, dass nicht nur die Auszeichnung für 2019, sondern gleich auch die Auszeichnung für 2020 vergeben wurde. Damit geht die Gips-Schüle-Ehrung 2019 an Prof. Dr. Jana Seifert vom Institut für Nutztierwissenschaften für die Beantragung einer DFG Forschungsgruppe zum Thema „Nutzungseffizienz beim Schwein“ und die Gips-Schüle-Ehrung 2020 an Prof. Dr. Thomas Berger vom Institut für tropische Agrarwissenschaften für die Weiterentwicklung HPC-fähiger Simulationsmodelle. Für beide Projekte vergibt die Gips-Schüle-Stiftung je 150.000 Euro.
Wir standen vor einem wahrlichen Luxusproblem“, sagt Rektor Stephan Dabbert bei der Begrüßung der Gäste auf der Preisverleihung. „Denn mit den Anträgen von Prof. Dr. Jana Seifert und Prof. Dr. Thomas Berger hatten wir gleich zwei so hervorragende Bewerbungen vorliegen, dass es uns unmöglich schien, hier eine Entscheidung zu treffen.“
Freiräume für die Forschung |
Das Programm hat die Gips-Schüle-Stiftung in enger Kooperation mit der Uni Hohenheim entwickelt. Bei der Auswahl wurde ein zweistufiges Verfahren angewandt. In der ersten Stufe konnten alle promovierten Forscher der Uni geeignete Kandidaten für die Auszeichnung vorschlagen. Nach einer Vorauswahl durch eine Jury bewarben sich die Nominierten mit einer ausführlichen Bewerbung, welche Forschungsidee sie mit dem Freiraum für die Forschung voranbringen wollen. Mitglieder der Jury sind der Rektor der Uni Hohenheim Prof. Dr. Stephan Dabbert, die Prorektorin für Forschung Prof. Dr. Julia Fritz-Steuber und der ehemalige Wissenschaftsminister von Baden-Württemberg und Aufsichtsratsmitglied der Gips-Schüle-Stiftung Prof. Dr. Peter Frankenberg.
Gips-Schüle-Stiftung |
Weder die Auszeichnung zu teilen, noch die Preisträger gegen einander abzuwägen, wäre den beiden so hervorragenden Bewerbungen gerecht geworden, so der Rektor weiter. „Umso schöner ist es deshalb, dass wir – auch dank der Flexibilität der Gips-Schüle-Stiftung – in diesem Jahr eine Doppelvergabe stattfinden lassen können: Prof. Dr. Jana Seifert erhält die Auszeichnung der Gips-Schüle-Stiftung für 2019 und Prof. Dr. Thomas Berger die Auszeichnung für 2020.“
„Mit dem Programm ‚Freiräume für die Forschung‘ wollen wir besonders aussichtsreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern maximale Freiheit bei der Umsetzung ihrer Forschungsvorhaben ermöglichen. Die mit der Auszeichnung verbundene Fördersumme ist daher nicht zweckgebunden. Die Geehrten sollen frei entscheiden, wie sie das Geld am sinnvollsten einsetzen“, so der Vorstand der Gips-Schüle-Stiftung, Dr. Stefan Hofmann.
Eine Reise mit großen Herausforderungen
„Die Gips-Schüle-Auszeichnung ist aber nicht nur ein solides Budget, das themenoffen und unkompliziert verwendbar ist, um die von den beiden Preisträgern anvisierten Forschungsfragen anzugehen“, erklärt Prof. Dr. Julia Fritz-Steuber, Prorektorin für Forschung und Mitglied der Jury. „Die Preisträger geben damit auch das Versprechen, ein Ziel zu erreichen: Das Ziel, gemeinsam mit anderen Forschenden ein attraktives Forschungsthema zu finden und in ersten Studien voranzutreiben, um schlussendlich mit den Partnern ein Verbundprojekt bei einer großen Forschungsförderungs-Institution einzureichen.“
Es sei eine Reise mit der großen Herausforderung, ein Team zusammenzustellen, das einen innovativen Forschungsantrag einreichen wird.
„Unsere beiden Preisträger sind international anerkannte Experten in ihren Fachdisziplinen. Sie haben gemeinsam mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hochdotierte Drittmittelprojekte eingeworben. Sie haben das Ziel ihrer wissenschaftlichen Reise klar vor ihrem inneren Auge. Und die Uni Hohenheim wird ihr Möglichstes tun, um sie darin zu unterstützen.“
Nachhaltiger Einsatz von Futtermitteln
Eine DFG-Forschungsgruppe, welche die effiziente Nutzung von Futtermitteln beim Schwein untersucht: Dieses Ziel will Prof. Dr. Jana Seifert vom Institut für Nutztierwissenschaften erreichen. Weiter dient das Forschungsprojekt der Vorbereitung einer eigenständigen Nachwuchsgruppe.
„Das Preisgeld soll verwendet werden, um ein Projektnetzwerk mit Partnern aus Nutztierwissenschaften, Physiologie, Mikrobiologie und Bioinformatik aufzustellen, und dient so als Vorarbeit für einen Sonderforschungsbereich oder eine Exzellenzinitiative“, so die Wissenschaftlerin zu ihren Plänen.
Derzeit finde in der Nutztierhaltung eine Überversorgung mit Stickstoff und Phosphor statt, betont Prof. Dr. Seifert. Ebenfalls warnen Experten schon seit Jahren vor einer globalen Phosphor-Knappheit. Beide Ansätze sollen in der DFG-Forschungsgruppe behandelt werden.
„Die Reduzierung der Eiweiß- und Phosphorkomponenten im Schweinefutter könnte zu Beeinträchtigungen der Gesundheit und zu Leistungseinbußen führen. Darum wollen wir untersuchen, bis zu welchen Grenzen wir die Eiweiß- und Phosphorversorgung senken können, um eine gleichbleibende Leistung zu haben, ohne die Gesundheit des Tieres zu gefährden.“
Einmal solle damit die Ressource Phosphor effizienter eingespart werden, erklärt die Expertin der Universität Hohenheim. Gleichzeitig wolle man auch untersuchen, ob es noch andere Eiweißquellen für die Fütterung gibt, die bisher ungenutzt blieben. Diese Hypothesen sollen mithilfe des Preisgeldes untersucht und damit die Forschung zum Thema Futtermittel und zum Tierwohl an der Uni Hohenheim vorangetrieben werden.
Transformations- und Politikanalyse mit High-Performance Computing
„Fragen nach Anpassung, Strukturwandel und Innovation beschäftigen mich sehr, und ich möchte das Preisgeld der Gips-Schüle-Stiftung dazu nutzen, Computersimulation noch weiter in Richtung Transformations- und Politikanalyse zu erweitern“, so Prof. Dr. Thomas Berger. „Die Gips-Schüle-Auszeichnung gibt mir den Freiraum, in dieses faszinierende und innovative Forschungsfeld einzutauchen. Mein Ziel ist, dass wir daraus eine neues Hohenheimer Verbundprojekt entwickeln können, idealerweise einen Sonderforschungsbereich.“
Das bioökonomische Modellsystem der Uni Hohenheim nutzt die High-Performance Computer in Karlsruhe und Stuttgart und generiert dort große Datenmengen, die sich mit modernen maschinellen Lernverfahren möglicherweise schneller und besser auswerten lassen. Zu dieser Kombination von High-Performance Computing und maschinellem Lernen hat Prof. Dr. Thomas Berger zusammen mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz im Oktober das neue Forschungsprojekt „SimLearn“ eingeworben.
Entwickelt und eingesetzt wurde das Hohenheimer Computermodellsystem in der DFG-Forschungsgruppe „Regionaler Klimawandel“, an der ein interdisziplinäres Team aus den Agrar- und Umweltwissenschaften beteiligt war. Hiermit konnte die Uni Hohenheim bereits einen wichtigen Beitrag für die Klimafolgen- und Anpassungsforschung leisten. „Unser Modellsystem berücksichtigt die Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Landoberfläche, Pflanzenwachstum und Landnutzung.“
Sehr detailliert simuliert das Modellsystem – und dies ist weltweit einzigartig – die betriebswirtschaftlichen Anpassungsreaktionen von Computeragenten, die veränderte Landnutzungsentscheidungen widerspiegeln: „Nach den sehr heißen und trockenen Sommern der letzten Jahre überlegen Landwirte beispielsweise, wie sie ihre Fruchtfolgen durch den Anbau neuer Kulturen weniger anfällig für Klimaveränderungen machen können”, sagt der Preisträger. „Das erfordert ggf. sehr kostenträchtige Investitionen in Maschinen und Bewässerungssysteme. Dadurch könnte sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft weiter beschleunigen.“
Noch nicht absehbar sei, wie sich die Digitalisierung zukünftig in der Landwirtschaft auswirke und ob sie die mit ihr gehegten Hoffnungen auf eine umweltschonende, klimaneutrale Bewirtschaftung wird erfüllen können. „Darum sollten wir nicht nur Verbote und Steuern diskutieren, sondern auch konkrete Alternativen für die Landbewirtschaftung mit Computersimulationen durchrechnen. Innovation und Strukturwandel führen häufig auch zu Einkommensverlusten und im Extremfall zu sozialen Härten, die durch einen fairen Ausgleich aufgefangen werden sollten. Dies möchte ich mit unserem Hohenheimer Modellsystem gerne weiter angehen.“