Deutsches Landwirtschaftsmuseum
50 Jahre lebendige Agrargeschichte [06.09.22]
Die Dampflokomobile von 1901 im Einsatz – sie gehört zu den Highlights im DLM Hohenheim. | Bildquelle: Universität Hohenheim / Wolfram Scheible
Seit rund 200 Jahren am Puls der Zeit: Das Deutsche Landwirtschaftsmuseum (DLM) spiegelt wider, worauf die Uni Hohenheim seit ihrer Gründung stolz sein kann. Hervorgegangen aus einer „Historischen Sammlung“ zeigt das Museum die modernsten agrartechnischen Entwicklungen der jeweiligen Zeit, die in Hohenheim entwickelt, beforscht und gelehrt werden. Bis heute hat sich daran nichts geändert. Nun hat das Museum – genauer gesagt, sein Förderverein – sein 50-jähriges Bestehen mit einem Festakt im Balkonsaal des Hohenheimer Schlosses gefeiert.
Von den beeindruckenden, riesigen Dampfpflügen über maßstabsgetreue Modelle von Geräten, die als Vorlagen dienten, bis zum berühmten „Goldenen Pflug“, der einst an König Wilhelm I. von Württemberg überreicht wurde: Im Deutschen Landwirtschaftsmuseum (DLM) können Agrartechnik-Fans Kostbarkeiten entdecken. Und sie können viele dieser Schätze sogar live im Einsatz bewundern: Bei seinen Veranstaltungen erweckt das DLM sie zu neuem Leben und lässt so erahnen, wie das Landleben in früheren Zeiten aussah.
Untrennbar mit dem Museum verbunden ist dessen Förderverein. Seine Gründung 1972 stellte den Startschuss für das Museum in seiner heutigen Form dar. „Den Gründungsaufruf für das DLM unterzeichneten damals 32 Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft“, berichtet der Vorsitzende des Vereins, der Hohenheimer Agrartechniker Prof. Dr. Karlheinz Köller. Darunter seien bekannte Namen wie der damalige Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher, Bundesagrarminister Josef Ertl und der bekannte Zoologe Prof. Dr. Bernhard Grzimek.
Das Deutsche Landwirtschaftsmuseum (DLM) |
Auf 5.700 qm Ausstellungsfläche zeigt das DLM Landmaschinen, die Agrargeschichte geschrieben haben. Jährlich rund 12.000 bis 15.000 Besucher:innen erfahren anhand der Exponate die Entwicklung vom einfachen Gerät bis zur modernsten Agrartechnik. Neben der Dampfpfluggarnitur befinden sich Traktoren, rund 1.000 Pflüge, Eggen, Hofmaschinen und Fuhrwerke in der Sammlung, die nach über 150 Jahren noch voll funktionsfähig sind. Öffnungszeiten, Eintrittspreise und Führungen |
Vom Förderverein finanzierte Sonderausstellungen weckten so viel Interesse am Museum, dass ein Ausbau unstrittig war. In den 1990er Jahren wurde das DLM mit Unterstützung des Vereins von 1.600 qm auf 4.500 qm überdachte Ausstellungsfläche am Standort Filderhauptstraße 179 erweitert. „Der Ausbau setzte sich im Jahre 2004 mit einer großzügigen Finanzierung durch Dr. Helmut Claas fort, der Ehrenmitglied des Vereins und Ehrensenator der Universität war“, berichtet Köller. So habe der Verein dazu beigetragen, dass das DLM zu einer international anerkannten Einrichtung werden konnte. „Insbesondere die großzügige Unterstützung zahlreicher Unternehmen aus Landtechnik und Agrargewerbe hat das ermöglicht.“ Heute garantieren über 800 korporative und private Mitglieder eine solide Basis zur Förderung vieler Aktivitäten des Museums.
Ausstellungstradition reicht ins Jahr 1832 zurückEigentlich reichen die Wurzeln des DLM jedoch viel weiter als 50 Jahre zurück: Museumsdirektor Dr. Jürgen Weisser spricht von „190 Jahren“, die das DLM existiere. „Das DLM beherbergt eine der ältesten agrartechnischen Sammlungen der Welt – mit einer Ausstellungstradition seit 1832“, weiß der Experte.
Seit der Gründung der landwirtschaftlichen „Unterrichts-, Versuchs- und Musteranstalt Hohenheim“ – der Vorläuferin der heutigen Universität – im Jahr 1818 wurden neuste Ackergeräte zu Lehrzwecken gesammelt, eine Art Leistungsschau der damaligen Landwirtschaft. „Seit 1832 wird diese Sammlung wissenschaftlich betreut“, so Weisser. „Man begann damit, die jeweils veralteten Geräte in eine historische Sammlung zu überführen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Jahr 1832 kann daher als das Gründungsjahr der Sammlung an sich gelten.“
Über Jahrzehnte war die Sammlung dann allerdings weitgehend ins Magazin verbannt und nur noch als „Lehr- und Schausammlung“ für die Hochschule genutzt worden. „Die Idee des heutigen Museums entstand, als 1958 erstmals die Weltmeisterschaft im Wettpflügen in Deutschland ausgetragen wurde“, erklärt Weisser. „Der Wettbewerb fand in Hohenheim statt, und die Hochschule stellte eine sehr erfolgreiche Sonderausstellung mit historischen Pflügen auf die Beine. Das mündete schließlich in die Gründung des Fördervereins und des Museums.“
Rund 200 Jahre Forschung und Lehre für eine bessere Welt„Mit ihrer Gründung vor 200 Jahren in Zeiten großer Not hat sich die Uni Hohenheim der Sicherung der Ernährung mit wissenschaftlichen Methoden verschrieben. Das spiegelt die Sammlung des DLM wider“, betont Rektor Prof. Dr. Stephan Dabbert. „Damals wie heute genießen die Agrarwissenschaften an der Universität Hohenheim einen exzellenten Ruf in der Welt. Seit Jahren sind wir in allen großen Forschungsrankings die Deutschlands Nr. 1 in dieser Sparte.“
Heute stünden Forschung und Lehre vor weiteren Herausforderungen, fährt der Rektor fort. „Neben der Ernährungssicherung sind Klima- und Artenschutz, Nachhaltigkeit und auch die Chancen der Digitalisierung zentrale Themen der Universität. Vor allem mit unserem Leitthema Bioökonomie arbeiten wir an innovativen Lösungen für viele globale Probleme. Die Agrartechnik trägt seit jeher wesentlich dazu bei – von den frühen Pflug-Modellen, wie sie im DLM zu bewundern sind, bis hin zu heutigen KI-Ansätzen in der Landwirtschaft 4.0.“
Einzigartiges Zeugnis der AgrargeschichteDie Bedeutung des DLM für Südwestdeutschland stellt Ministerialdirektorin Grit Puchan vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg am Festakt des Fördervereins heraus. „Das DLM in Hohenheim gibt einen lebendigen Einblick in die Geschichte der bäuerlichen Landwirtschaft Süd- und Westdeutschlands. Gemeinsam mit dem kooperierenden Deutschen Landwirtschaftsmuseum Schloss Blankenhain in Sachsen, das vor allem die großen Güter Ostdeutschlands und die Landwirtschaft der DDR im Fokus hat, entsteht ein einzigartiges Zeugnis der gesamten deutschen Agrargeschichte. Das DLM bringt dieses Kulturgut der Öffentlichkeit nahe.“
Lebendig wird die Agrargeschichte besonders auf den Veranstaltungen des Museums, bei denen die historischen Geräte im Einsatz zu bewundern sind.
So 11.9.2022: Tag des offenen Denkmals – Dreschen unter VolldampfAm „Tag des offenen Denkmals“ nimmt das Hohenheimer Dampfteam die museumseigene Dampfmaschine – Baujahr 1901 – in Betrieb und zeigt, wie vor 120 Jahren Getreide gedroschen wurde.
- Ort: DLM, Standort Filderhauptstr. 179, 70599 Stuttgart
- Termin: So 11.9.2022. Das Dampfteam des DLM ist von 10 bis 16 Uhr vor Ort und hält die Lokomobile am Laufen. Dreschvorführungen um 11:00, 14:00 und 15:30 Uhr (je 30 Minuten).
- Eintritt: 3 Euro, Ermäßigt 1 Euro
- Mehr Infos
Sa 17.9.2022: Hohenheimer Feldtag – Bodenbearbeitung im Wandel der Zeit
Bodenbearbeitung im Wandel der Zeit: Von Menschen und Pferden gezogene Pflüge, 90 Jahre alte Traktoren und die neuesten Hightech-Geräte – beim diesjährigen Hohenheimer Feldtag führt das Deutsche Landwirtschaftsmuseum mit historischen und modernen Maschinen den Besucherinnen und Besucher die Geschichte der Bodenbearbeitung live vor. Ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm sowie Bewirtung im Museumsinnenhof laden den Tag über zu Verweilen ein.
- Ort: DLM, Standort Filderhauptstraße 179 und im angrenzenden Heidfeldhof
- Termin: Sa 17.9.2022 ab 11:00 Uhr
- Eintritt: 3 Euro, Ermäßigt 1 Euro
- Mehr Infos
24.9. bis 3.10.2022: Sonderausstellung am Historischen Volksfest
Eine Hungerkrise im Jahr 1817 war für König Wilhelm I. und Königin Katharina der Anlass, für eine bessere Bildung der Bauern zu sorgen. Daher gründeten sie 1818 in Hohenheim eine Unterrichts-, Versuchs- und Musteranstalt, die heutige Universität Hohenheim, und veranstalteten in Cannstatt ein jährliches Fest mit landwirtschaftlicher Ausstellung, Viehmarkt und Viehprämierungen.
Das Historische Volksfest auf dem Stuttgarter Schlossplatz erinnert an den „Jahr ohne Sommer“. Das Deutsche Landwirtschaftsmuseum ist dabei und zeigt in einem eigenen Containermuseum eine Sonderausstellung mit einem lehrreichen wie vergnüglichen Gang durch die Landwirtschaftsgeschichte.
- Ort: Schlossplatz Stadt Stuttgart
- Termin: 24.9. – 3.10.2022 täglich von 11-22 Uhr
- Eintritt frei
- Mehr Infos
Text: Elsner