Festgefahrene Verhandlungen

Unis kündigen Vertrag mit Verlagsriesen  [07.07.17]

Wenige große Verlage beherrschen den Markt für elektronische Fachzeitschriften und treiben die Preise seit Jahren kontinuierlich in die Höhe. Die aktuell laufenden Verhandlungen mit dem Wissenschaftsverlag Elsevier sind erneut festgefahren. Inzwischen machen immer mehr Unis ernst: Sie kündigen zum Jahresende ihr Abo für das rund 2300 E-Journals umfassende Portfolio des Verlags. Auch die 9 Unis in Baden-Württemberg, inklusive Hohenheim, haben diesen Schritt heute bekanntgegeben.


Der Großteil aller für Hohenheim bedeutenden E-Journals wird von nur 3 großen Verlagen vertrieben: Elsevier, SpringerNature und Wiley. Ihre Produkte haben sich in den letzten 10 Jahren wenig verändert – nur die Preise kletterten jährlich zwischen 3-7% Prozent in die Höhe. Die Verlage verzeichnen dabei inzwischen Gewinnspannen von bis zu 40%.

Die Unis akzeptierten die Preissteigerung bislang mangels Alternative. Auch deshalb, weil sie als einzelne Institutionen in den Verhandlungen mit den großen Verlagen jeweils nur wenig Gewicht aufbringen konnten.

Rund 600 wissenschaftliche Einrichtungen verhandeln gemeinsam

Das soll sich jetzt ändern: Bereits im Sommer 2016 schlossen sich rund 600 deutsche Forschungseinrichtungen als Verhandlungskonsortium unter dem Projektnamen „DEAL“ zusammen. Aktuell laufen die Verhandlungen mit dem Verlagsriesen Elsevier.

Die Erwartungen an Elsevier:

  • Ein einfacheres, transparentes und faireres Preismodell, das sich am Publikationsaufkommen orientiert
  • Dauerhaften Volltext-Zugriff auf alle elektronischen Zeitschriften des Verlags
  • Alle Publikationen von Autorinnen und Autoren aus deutschen Einrichtungen sollen automatisch als Open Access geschaltet werden


Obwohl die Verhandlungen bereits seit einem Jahr laufen, gibt es aus Sicht der Unis kaum Fortschritte.

Sollte es bis Jahresende zu keiner Einigung kommen, sind viele Unis deshalb dazu bereit, ihren Vertrag mit Elsevier zu kündigen – und alle damit verbunden Einschränkungen in Kauf zu nehmen. Auch die 9 Landes-Unis in Baden-Württemberg haben diesen Schritt nun gemeinsam beschlossen.

Mögliche Auswirkungen für Hohenheim

Die Uni Hohenheim gibt pro Jahr rund 1 Mio. € für elektronische Zeitschriften aus. Der größte Posten entfällt auf Publikationen von Elsevier.

„Sollte es bis Jahresende keine Einigung mit Elsevier geben, würde das bedeuten, dass Hohenheimer Nutzerinnen und Nutzer ab Januar 2018 keinen online Zugriff auf die aktuellen Ausgaben von rund 2300 e-Journals mehr hätten – stattdessen müssten sie die benötigten Artikel z.B. per Fernleihe beschaffen“, erklärt Dr. Andreas Janßen, Leiter der Abteilung Medienbearbeitung im KIM. „Das gilt ausdrücklich nicht für die Archivbestände der betroffenen E-Journals. Die Ausgaben bis Dezember 2017 wären auch dann weiterhin online verfügbar, wenn die Verhandlungen mit Elsevier scheitern sollten.“

Unis in Baden-Württemberg erwartet Entgegenkommen von Elsevier

Was die 9 baden-württembergischen Unis an der bisherigen Situation frustriert erklärt der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz (LRK), Prof. Dr. Ressel, heute in einer Pressemitteilung:

„Anders als bei herkömmlichen Zeitschriften und Büchern erhalten wissenschaftliche Autoren ganz überwiegend kein Honorar von den Verlagen. Auswahl und Lektorat der Beiträge wird zumeist auch von Wissenschaftlern kostenfrei übernommen; die darin beschriebenen Forschungen sind fast ausschließlich aus Steuermitteln finanziert. Die Publikation erfolgt mittlerweile zumeist elektronisch und verursacht keine Druckkosten. Die Gewinnmargen sind bei den Großverlagen mit bis zu 40 % außergewöhnlich hoch, die Verlagsleistung überschaubar, und die Rechnung dafür übernimmt der Steuerzahler“, so Ressel.

Durch die bundesweit gemeinsam geführten Verhandlungen wollen die Unis zu einem „fairen Interessenausgleich und vor allem zu einer Basis für eine zukunftsfähige Wissenschaftskommunikation kommen“, heißt es in der Pressemitteilung der LRK. Elsevier als großer Player verweigere sich aber nach wie vor einer Einigung, weil man offensichtlich hoffe, auf Basis der bisherigen Verträge noch höhere Gewinne zu erzielen.

„In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass wir untereinander nicht einmal die Vertragskonditionen vergleichen konnten, weil Elsevier in allen Verträgen auf einer Geheimhaltungsklausel bestand“, so Ressel.

Dass sich durch eine gemeinsame Verhandlungsstrategie durchaus etwas bewegen lässt, zeigt ein Etappen-Erfolg der baden-württembergischen Universitäten: Dank einem Zusammenschluss als landesweites Konsortium konnten sie in den Verhandlungen mit Elsevier bereits für den noch laufenden Vertrag (2015 – 2017) erstmals leicht verbesserte Konditionen erzielen.

Text: Leonhardmair

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