Förderprogramm für wissenschaftlichen Nachwuchs

Uni will 5 Tenure-Track-Professuren beantragen  [05.05.17]

Neuer Karriereweg an der Uni: Mit einem milliardenschweren Förderprogramm für den wissenschaftlichen Nachwuchs sollen deutschlandweit 1000 neue Tenure-Track-Professuren (zumeist: Junior-Professuren) etabliert werden. Die zeitlich befristeten Qualifizierungsstellen ermöglichen im Anschluss eine Berufung auf eine reguläre Professur – ohne Habilitation. Auch die Uni Hohenheim will sich an der Ausschreibung des Bundes beteiligen und 5 Tenure-Track-Professuren beantragen.

 

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Neuer Karriereweg: Tenure-Track-Professuren sind zeitlich befristete Qualifizierungsstellen, die eine Hochschulkarriere ohne Habilitation ermöglichen: Voraussetzung für die Bewerbung ist eine herausragende Promotion. Nach 6 Jahren ist die Berufung auf eine reguläre Lebenszeit-Professur möglich.
  • Konkrete Perspektive: Im Unterschied zu Junior-Professuren ohne Tenure-Track-Zusage gibt es für die Nachwuchswissenschaftlerinnen und –wissenschaftler beim Tenure-Modell eine verbindliche Bleibe-Perspektive. Fällt ihre Evaluation nach 6 Jahren positiv aus, wird ihre Stelle automatisch in eine reguläre Professur umgewandelt. Der Verbleib an der Uni ist also allein von der positiven Evaluation abhängig, nicht davon, ob aktuell eine freie W3-Professur zu vergeben ist.
  • Förderprogramm: Zur Etablierung von 1000 neuen Tenure-Track-Professuren stellt der Bund bis 2032 eine Milliarde Euro bereit. Der reguläre Förderzeitraum pro Professur beträgt 8 Jahre à 118.000 €. Die Ausschreibung erfolgt in zwei Runden: 2017 und 2019.
  • Hohenheimer Antrag: Die Uni Hohenheim bereitet für die erste Ausschreibungsrunde einen Antrag für 5 Tenure-Track-Professuren vor, die an allen 3 Fakultäten angesiedelt sein sollen.

 

Hintergrund: Junior-Professuren sollen Kulturwandel bringen

In kaum einem anderen Berufsfeld dauert die Qualifizierungsphase länger als in der Wissenschaft. Und in wenigen Ländern liegen die Hürden so hoch wie in Deutschland.

Denn nach Studium und Promotion gehört hierzulande nach wie vor in den meisten Fällen eine Habilitation zu den Voraussetzungen, um eine Professur zu erlangen. Durchschnittliches Alter bei der ersten Berufung: über 40 Jahre.

Mit Familienplanung ist dieser langwierige und höchst unsichere Karriereweg schwer vereinbar. Viele sehen hier auch das entscheidende Hemmnis, um der niedrigen Frauenquote in der Professorenschaft effektiv entgegenzuwirken (in Hohenheim: 25%).

Junior-Professuren könnten aus Sicht der Politik einen dringend benötigten Kulturwandel im Hochschulsystem bringen. In den USA ist das Modell fest etabliert. In Deutschland wurde es durch eine Änderung des Hochschulrahmengesetzes im Jahr 2002 eingeführt.

Bislang gibt es allerdings noch erhebliche Anlaufschwierigkeiten: Mit derzeit ca. 1500 Junior-Professuren bleiben die deutschen Hochschulen bis heute deutlich hinter der ursprüngliche Zielmarke von 6000 Stellen zurück, die das Bundesministerium zu Beginn der ersten Anschub-Förderung im Jahr 2002 angepeilt hatte.

Neues Förderprogramm mit Herausforderungen

Um dem Kulturwandel auf die Sprünge zu helfen, will der Bund bis 2032 nun eine Milliarde Euro in die Hand nehmen.

Exzellenzstrategie & Bundes-Programme

Das Tenure-Track-Programm ist eines von zwei flankierrenden Förderprogrammen zur Exzellenzstrategie des Bundes. Einen Förderantrag für das zweite Begleit-Programm "Innovative Hochschule" hat die Uni Hohenheim bereits im November eingereicht. Mehr:

An der Exzellenzstrategie selbst beteiligt sich Hohenheim mit einem Antrag in der Förderlinie "Exzellenz-Cluster". Mehr:

Dabei soll auch ein Hauptkritikpunkt vergangener Förderprogramme ausgeräumt werden: Bislang gab es für viele Junior-Professorinnen und –Professoren keine Möglichkeit, nach Ablauf ihrer befristeten Anstellung unmittelbar auf einer regulären Professur übernommen zu werden. Sie mussten deshalb in offenen Berufungsverfahren mit habilitierten Wissenschaftlern konkurrieren.

Für mehr Akzeptanz soll im neuen Förderprogramm nun die verbindlich Tenure-Track-Zusagen sorgen: Demnach werden die befristeten Professuren bei erfolgreicher Evaluation nach 6 Jahren automatisch in eine reguläre W3-Professur umgewandelt. Die Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler müssen sich nicht erneut bewerben.

In zwei Ausschreibungsrunden, 2017 und 2019, sollen mit dem Programm insgesamt 1000 Tenure Track-Professuren gefördert werden. Der reguläre Förderzeitraum pro Tenure Track-Professur beträgt 8 Jahre à 118.000 €. Somit sind auch die ersten beiden Jahre nach der Umwandlung in eine W3-Professur abgedeckt.

Tatsächlich stellt das Programm die Unis aber auch vor Herausforderungen:

  • Die Förderung reicht für das Gehalt der Junior-Professoren und eine geringe Grund-Ausstattung, nicht aber für Sekretariat, wissenschaftliche Mitarbeiter, Räume und wissenschaftliche Geräte. Diese müssen von den Universitäten aus eigenen Mitteln bereitgestellt werden. De facto müssen dafür wahrscheinlich in vielen Fällen andere Lehrstühle verkleinert werden.
  • Nach 6 Jahren sollen die Junior-Professuren in reguläre Professuren umgewandelt werden. Woher die Unis die dafür notwendigen Dauerstellen nehmen sollen, ist bisher nicht geklärt. Der Bund verweist auf die Zuständigkeit der Länder. Erste Verhandlungen in Baden-Württemberg deuten jedoch daraufhin, dass das Land nicht für jede geförderte Junior-Professur eine neue Dauerstelle zur Verfügung stellen will. Die Unis müssten in diesem Fall frei werdende Professuren aus ihrem bestehenden Stellen-Pool umwidmen, um die Junior-Professuren zu verstetigen.


Hohenheim will 5 Tenure Track-Professuren beantragen

Inzwischen steht fest: Auch die Uni Hohenheim will sich an der ersten Ausschreibungsrunde  beteiligen und voraussichtlich 5 Tenure Track-Professuren beantragen, die an allen drei Fakultäten angesiedelt sein sollen (Frist: 6. Juni).

Noch laufen die Detail-Abstimmungen. Über die Grundzüge des Antrags gibt es jedoch bereits Einigkeit. Leitlinien für die thematische Ausrichtung der beantragten Tenure-Track-Professuren sind:

  • Stärkung von Forschungsinitiativen, die einen Verbundantrag auf den Weg bringen wollen (z.B. Exzellenz-Cluster oder Sonderforschungsbereich)
  • Stärkung der Forschungsschwerpunkte der drei Fakultäten
  • Stärkung von interfakultären Schnitt-Themen und der Kooperation der drei Fakultäten
  • Stärkung des uni-weiten Forschungsschwerpunkts Bioökonomie

Kanzlerin Katrin Scheffer betont: „Das Rektorat und die Uni-Gremien haben das Thema sehr kontrovers diskutiert. Dabei wurde klar: eine Beteiligung, nur um die Fördermittel zu erhalten und dabei zu sein, kommt für die Universität nicht in Frage – in Anbetracht aller Herausforderungen, die auch mittel- und langfristig mit der Einrichtung der Junior-Professuren verbunden sind. Gleichwohl gibt es bestimmte Bereiche, in denen Junior-Professuren mit Tenure-Track-Zusage eine echte Chance für Hohenheim sind. Und nicht zuletzt teilen auch wir in Hohenheim die grundsätzliche Einschätzung, dass wir einen Wandel an den Universitäten brauchen.“

Nach derzeitiger Lage lasse sich nicht ausschließen, dass die Uni für die Verstetigung der neuen Junior-Professuren nach 6 Jahren Professuren aus ihrem Bestand umwidmen muss, so Scheffer. Aus Sicht des Rektorats kämen für den Antrag deshalb nur solche Fachgebiete in Frage, die die Uni Hohenheim ohnehin neu aufbauen möchte.

„Gerade bei innovativen, neuen Forschungsfeldern sind wir auf der Suche nach jungen, aufstrebenden Talenten. Die Tenure-Track-Professuren können hier also ein wertvolles Instrument sein, um solche ‚Rising Stars‘ frühzeitig an die Uni Hohenheim zu binden“, glaubt Scheffer.

Gute Chancen auf Bewilligung

Die Chancen auf die Bewilligung des Hohenheimer Antrags stehen aus Sicht der Kanzlerin nicht schlecht.

„Ein Verteil-Schlüssel soll dafür sorgen, dass die 500 Tenure-Track-Professuren aus der ersten Ausschreibungsrunde im Proporz an die Bundesländer verteilt werden. Heruntergerechnet auf Hohenheim erscheinen uns 5 Professuren daher durchaus als realistische Größe. Voraussetzung ist, dass wir in unserem Antrag überzeugend darstellen, wie die neuen Junior-Professuren in die Gesamt-Strategie der Uni passen und zur Exzellenz in Forschung und Lehre beitragen“, so Scheffer.

Darüber hinaus müssen die Universitäten in ihrem Antrag ein detailliertes Personalentwicklungskonzept für den wissenschaftlichen Mittelbau vorweisen. Das Hohenheimer Konzept ist inzwischen vom Rektorat und den Unigremien beschlossen.

Text: Leonhardmair

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