Ein Bier mit… Bernhard Fuchs, Alumnus

TMS-Nutzer der 1. Generation  [09.06.16]

Beim TMS-Jubiläum redet Bernhard Fuchs erstmal Tacheles. Schnell wird klar: Den Uni-Präsidenten von damals hat der ehemalige Agrar-Student immer noch gefressen. Doch heute bewegt ihn nicht nicht Groll, sondern tiefe Freude. Denn die Gründung der TMS als studentische Zentrum hat Fuchs vor 40 Jahren selbst miterlebt. Der Online-Kurier hat mit ihm ein Bier getrunken.


Auf der Suche nach einem ruhigen Platz für das spontane Interview schlägt Bernhard Fuchs das Holzgeländer vor der TMS vor. Hier saß er schon vor 40 Jahren gern. Mit einem frisch gezapften Bier stoßen wir auf das TMS-Jubiläum an und beobachten das rege Treiben.

Was fühlen Sie heute, Herr Fuchs?

Tiefe Freude!

Ich bin ergriffen, dass es Leute gibt, die nach uns für die TMS gekämpft haben – und dass heute wieder so viel los ist hier!

Haben Sie die Geschehnisse rund um die TMS nach ihrer Studentenzeit weiter verfolgt?

Oh ja, natürlich! Die TMS war für mich schließlich ein prägender Ort.

Als Ministerpräsident Hans Filbinger uns Studierende 1978 aus heiterem Himmel sämtlicher hochschulpolitischer Rechte beraubte, war das schon ein einschneidendes Erlebnis.

Doch die Abschaffung der Verfassten Studierendenschaft hat uns damals nur noch mehr zusammengeschweißt. Wir haben einfach illegal weitergemacht. Und die TMS war der Kristallisationspunkt für unsere politischen und kulturellen Aktivitäten. Der Laden hat damals wirklich gebrummt.

Es war schon traurig zu sehen, dass es etwas später dann doch so kam, wie es kommen musste.

Als die letzten in der Kulturarbeit aktiven Kommilitonen Anfang der 90er Jahre die Uni verließen, hatte bereits die totale Entpolitisierung der Universitäten um sich gegriffen. Kein Wunder, wenn sämtliche Strukturen für die studentische Selbstverwaltung fehlen!

Als Folge kam auch das kulturelle Leben in der TMS zeitweise quasi zum Erliegen.

Als es in den 2000er Jahren dann langsam wieder losging hat mich das sehr gefreut. Sogar die Kulturgruppe, die wir damals ins Leben gerufen hatten, hat sich neubegründet. Und heute, nach vielem Hin und Her, eine selbstverwaltete TMS – das ist schon eine Genugtuung.

Die Grußwort-Reihe in der TMS haben Sie mit Ihrem Beitrag eben ja ganz schön aufgemischt. Man hatte den Eindruck, der Groll gegen den damaligen Uni-Präsidenten, das Studierendenwerk und die Politik ist noch nicht verraucht.

Auch wenn das gerade vielleicht anders rübergekommen ist: Am heutigen Tag empfinde ich überhaupt keinen Groll. Schon gar nicht gegen die heutige Uni-Leitung oder die Leute vom Studierendenwerk. Sie haben mit den Ereignissen von damals rein gar nichts zu tun.

Wie ich in meiner Rede schon sagte: Dass ein Rektor heute überhaupt die Schwelle der TMS überschreitet – und dann noch zur Übergabe der TMS an die Studierenden gratuliert –, das zeigt schon, wie sehr sich die Zeiten geändert haben.

Natürlich kann ich mir bei so einer Gelegenheit nicht verkneifen, daran zu erinnern, dass so etwas nicht selbstverständlich ist. Schließlich kann sich der Wind auch sehr schnell wieder drehen.

Welche Schlüsselerlebnisse von damals haben sich bei Ihnen denn besonders eingebrannt?

Oh, da gibt es so einige. Besonders schlimm war der damalige Rektor, George Turner. Er hat uns Studierende regelrecht als Gegner aufgefasst.

Mitte der 70er kämpften wir vor allem gegen die Abschaffung der Medizin in Hohenheim und gegen die Einführung von Ersatzgeldern – eine wohlklingende Umschreibung für Studiengebühren.

Statt mit uns in Dialog zu treten, macht der Rektor von seinem Hausrecht Gebrauch und ließ friedliche Veranstaltungen einfach auflösen. 1976 zeigte Turner vier willkürlich ausgewählte Kommilitonen wegen Hausfriedensbruch an.

Doch das ließen wir uns nicht einfach gefallen. Der AStA rief auf zu einer solidarischen Protest-Aktion: 400 Studierende erstatteten daraufhin Selbstanzeige. Weil aber nur 80 Leute im betroffenen Hörsaal waren, ließ die Staatsanwaltschaft die Angelegenheit auf sich beruhen.

Auch die Zwangsräumung der TMS durch das Studentenwerk 1980 ist mir noch in lebhafter Erinnerung. Man stelle sich vor: Eine Institution mit diesem Namen wendet sich gegen Studierende!

Besonders einschneidend war aber natürlich die Abschaffung der Verfassten Studierendenschaft 1978.

Wie kam es denn eigentlich dazu?

Die hochschulpolitische Stimmung im Land war aufgeheizt. Doch damit hatte wirklich niemand gerechnet.

Es kam ohne Ankündigung, ohne echte Begründung – und ohne jeglichen Widerstand aus der Professorenschaft. Einfach weil Ministerpräsident Filbinger es so wollte. Genauso wie unser Rektor hatte er schlicht keine Lust, mit uns Studierenden weiter zu diskutieren.

Besonders absurd: Kurz davor war die Verfasste Studierendenschaft in Hohenheim noch für ihre vorbildliche Rechnungsführung gelobt worden. Auch ansonsten hatten wir uns nichts zu Schulden kommen lassen.

Besonders enttäuscht bin ich allerdings, dass die Politik so lange gebraucht hat, um diesen Fehler wieder zu korrigieren. 1992 bis 1996 war die SPD an der Regierung beteiligt – doch auch der stellvertretende Ministerpräsident Dieter Spöri hat sich nicht für die Studierenden eingesetzt.

Aus dieser Erfahrung heraus kann ich nur mahnen, wachsam zu bleiben. Schon hört man Gerüchte, dass die grün-schwarze Regierung das hochschulpolitische Mandat der Verfassten Studierendenschaft wieder einschränken will.

Wir werden berichten. Vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Leonhardmair

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