Prüfungsabbrecher erregen bundesweit Aufmerksamkeit

Update: Attest-Vorfall  [18.06.18]

Im Fall der angezweifelten Atteste von Prüfungsabbrechern in einer BWL-Klausur hat die Uni eine Entscheidung getroffen: Nach Überprüfung der eingegangenen Stellungnahmen werden 33 von 37 fristgerecht eingereichten Krankmeldungen nicht anerkannt. 154 Studierende, die die Klausur regulär beendet haben, sollen aufgrund des hohen Lärmpegels die Möglichkeit erhalten, die Prüfung zu wiederholen. Über den konkreten Vorfall hinaus überprüft die Uni derzeit 103 weitere Atteste zwischen dem 22. und 25. Mai, mit denen sich Studierende bereits im Vorfeld verschiedener Prüfungen krankgemeldet hatten. Inzwischen sorgt der Vorfall auch für ein breites bundesweites Medien-Echo.

Update 10.4.: Die Uni Hohenheim korrigiert in einer Pressemitteilung ihre Angaben zur Zahl der betroffenen Studierenden. Insgesamt haben demnach 75 von 244 Prüfungsteilnehmern die Prüfung abgebrochen.

In der ursprünglichen Darstellung nicht berücksichtigt waren u.a. Studierende der Uni Stuttgart, die an der Prüfung teilgenommen haben, sowie Prüfungsabbrecher, deren Atteste seitens der Uni nicht in Zweifel gezogen worden waren. Link zur Pressemitteilung (10.4.)

Seit einem Artikel in der Stuttgarter Zeitung und einer darauffolgenden Meldung der deutschen Presseagentur am vergangenem Wochenende haben zahlreichen Medien von Spiegel Online bis Süddeutsche in der gesamten Republik über den kuriosen Vorfall an der Uni Hohenheim berichtet. Aufgrund anhaltender Journalisten-Anfragen hat die Uni inzwischen auch eine Pressemitteilung zum Thema veröffentlicht.

Was ist passiert?

Von 202 Teilnehmern der GBWL 4-Klausur am 23. Mai haben 48 Studierende die bereits begonnene Prüfung abgebrochen. Als Begründung haben sie eine spontane Erkrankung angeben (Online-Kurier berichtete). 37 davon legten noch am gleichen Tag ein Attest vor. 11 weitere Rücktrittsanträge wurden nicht am gleichen Tag eingereicht und deshalb entsprechend der Prüfungsordnung nicht berücksichtigt.

Für einen Rücktritt nach angetretener Prüfung sind die rechtlichen Hürden besonders hoch. Studierende müssen mit einem ausführlichen Attest glaubhaft machen, dass die Symptome erst während der Prüfungszeit aufgetreten sind. Symptome, die durch Nervosität oder Prüfungsangst hervorgerufen wurden, sind ausdrücklich keine zulässigen Gründe. Das Attest ist Grundlage für den Prüfungsausschuss, um zu entscheiden, ob ein Rücktrittsantrag anerkannt wird oder nicht.

Insgesamt meldete die Uni bei allen 37 fristgerechten Attesten Zweifel an. Verdacht erregte nicht nur die schiere Zahl der spontanen Erkrankungen, sondern auch die knappe Ausführung der Atteste, die gleichlautenden Diagnosen (Kopfweh in Kombination mit Sehstörungen bzw. Übelkeit/Erbrechen) und die Tatsache, dass alle Atteste von demselben Arzt ausgestellt wurden.

In einem Schreiben hatte die Uni die Studierenden deshalb noch in derselben Woche aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben und ggfs. ein ausführlicheres Attest des Arztes, das den rechtlichen Anforderungen genügt, nachzureichen.

Wie ist der aktuelle Stand?

Inzwischen hat der Prüfungsausschuss über die eingegangenen Stellungnahmen der Studierenden entschieden: 33 der beantragten Prüfungsrücktritte weist die Uni zurück. In vier weiteren Fällen erhalten die Studierenden Gelegenheit zu einer erweiterten Stellungnahme.

Die Studierenden werden derzeit in individuellen Schreiben informiert, die auf den jeweiligen Fall eingehen. Alle Studierenden haben die Möglichkeit, gegen den Entscheid Widerspruch einzulegen.

Für drei der betroffenen Studierenden geht es um den dritten – und damit letztmöglichen Prüfungsversuch.

Beschwerden wegen hohem Schwierigkeitsgrad und Unruhe im Hörsaal

Darüber hinaus haben mehrere Prüfungsteilnehmer, die die Klausur regulär beendet haben, Beschwerden vorgebracht: Sie beklagen die Prüfung sei zu schwer gewesen und die Prüfungsabbrecher hätten Lärm im Hörsaal verursacht.

Da jeder Prüfungsabbruch mit Namen und Uhrzeit dokumentiert werden muss, hätten sich vor der Prüfungsaufsicht regelrechte Schlangen gebildet. Auch beim Zusammenpacken und Verlassen des Hörsaals hätten sich einige Prüfungsabbrecher recht lautstark benommen.

Außerdem habe ein Fehler bei der Nummerierung der Prüfungsfragen für Verwirrung gesorgt.

Klausur-Wiederholung wegen Lärm möglich

Die Uni gibt der Beschwerde wegen des hohen Geräuschpegels nun statt: Reguläre Prüfungsteilnehmer, die sich von der Unruhe gestört fühlten, dürfen die Prüfung wiederholen. Ähnlich hat die Prüfungskommission in Vergangenheit auch bereits bei Beschwerden über geräuschvolle Bauarbeiten oder Baumfällarbeiten vor dem Prüfungsaal entschieden.

Alle 154 Studierenden, die die Prüfung abschlossen haben, werden darüber zurzeit per Brief informiert. Die Betroffenen müssen binnen einer Woche entscheiden, ohne ihre Note zu kennen. Auf die Ablehnung der Prüfungsrückritte hat diese Entscheidung der Uni jedoch keinen Einfluss.

Der Fehler bei der Nummerierung der Klausurfragen stellt aus Sicht Universität hingegen lediglich eine geringfügige Beeinträchtigung dar, die in der Bewertung der Klausur angemessen berücksichtigt werden soll. Den generellen Vorwurf, die Prüfung sei zu schwierig gewesen bzw. habe andere Themen als die Vorlesung und Übung behandelt, weist die Uni zurück.

103 weitere Atteste erscheinen nun ebenfalls zweifelhaft

Nach dem Vorfall hat sich die Uni dazu entschieden, auch weitere Atteste die im letzten Prüfungszeitraums (22.-25. Mai) von dem betroffenen Arzt ausgestellt wurden, noch einmal genauer zu überprüfen.

In diesem Zuge wurden 103 weitere Studierende, die sich im Vorfeld verschiedener Prüfungen zwischen krankgemeldet hatten, ebenfalls dazu aufgefordert, ihre Krankmeldung durch ein ausführlicheres Attest glaubhaft zu machen.

Generell liegen die Hürden für eine Krankmeldung vor einer Prüfung allerdings nicht ganz so hoch wie während einer Prüfung. Details dazu, Hinweise für Ärzte und entsprechende Vordrucke gibt es auf der Uni-Website unter www.uni-hohenheim.de/pruefung

Aus aktuellem Anlass stellt die Uni auf dieser Seite auch klar, dass weiterhin freie Arztwahl für alle Studierenden gilt.

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Update 10.4.: Die Uni Hohenheim korrigiert in einer Pressemitteilung ihre Angaben zur Zahl der betroffenen Studierenden. Insgesamt haben demnach 75 von 244 Prüfungsteilnehmern die Prüfung abgebrochen.

In der ursprünglichen Darstellung nicht berücksichtigt waren u.a. Studierende der Uni Stuttgart, die an der Prüfung teilgenommen haben, sowie Prüfungsabbrecher, deren Atteste seitens der Uni nicht in Zweifel gezogen worden waren.
Link zur Pressemitteilung (10.4.)

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