Wasserausfall & Schimmel
Studierende beklagen Zustände in Wohnheimen [05.07.23]
Wohnheime "Schwerzstraße 1-3" am Rand des Goldenen Ackers. Rechts Gebäude 3, das frisch kernsaniert wurde. Links Gebäude 2, das derzeit leer steht und entkernt wird. Dazwischen im Hintergrund Gebäude 1, das durch die Bauarbeiten in Mitleidenschaft gezogen ist. Bild: Uni Hohenheim.
Die Wohnheime in der Schwerzstraße und im Chausseefeld sind in die Jahre gekommen. Für die Grundsanierung von Schwerzstraße 2 und 3 hat das Studierendenwerk deshalb rund 14 Mio. € in die Hand genommen. Die Zustände in Schwerzstraße 1 und im Chausseefeld haben sich aus Sicht von Bewohner:innen jedoch in letzter Zeit weiter verschlechtert. Neben Problemen mit der Wasserversorgung beklagen die Studierenden u.a. Schimmel, Ungeziefer und lange Wartezeiten bei akuten technischen Problemen. Vom Studierendenwerk fühlen sie sich nicht ausreichend ernstgenommen. Die Wohnheimverwaltung verspricht Probleme anzugehen und hat u.a. eine Schimmel-Abfrage gestartet. Wichtig sei, dass Studierende Mängel im Alltag auch tatsächlich über das vorgesehene Formular melden. Switch to English version: www.uni-hohenheim.de/index.php
Ein Wasserrohrbruch über das lange Wochenende von Christi Himmelfahrt habe für ihn das Fass zum Überlaufen gebracht, schildert Wohnheimbewohner Erik Schwahn.
Die Notfall-Hotline des Studierendenwerks sei nicht erreichbar gewesen. Die Folge: Mehrere Tage kein Wasser und keine Toiletten. Die Mutter einer Studentin habe auf eigene Faust mobile WCs organisiert. Statt umgehend die Kosten dafür zu übernehmen, hätte sich das Studierendenwerk anschließend lange bitten lassen und erst nach Einschalten eines Anwalts reagiert, so die Wahrnehmung der Studierenden.
Kein Wasser oder nur kaltes, Stromausfall, kein Internet: In den letzten Monaten, hätten sich solche Vorfälle extrem gehäuft, berichtet auch eine Studentin, die anonym bleiben möchte. Gerade für internationale Studierende sei es schwer, in solchen Fällen englischsprachige Anlaufstellen zu finden.
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Sanierung in Nachbargebäuden sorgt für Komplikationen
„Die Probleme mit der Wasserversorgung sind uns leider wohlbekannt“, erklärt der Pressesprecher des Studierendenwerks Philipp Mang. „Sie stehen unmittelbar in Zusammenhang mit den Sanierungsarbeiten in den benachbarten Wohnheimen.“
Eines der beiden Häuser – die Schwerzstraße 3 – ist bereits fertig saniert. Bei einem weiteren – der Schwerzstraße 2 – laufen die Bauarbeiten noch. Als Teil der Sanierung sei die Warmwasserversorgung umgestellt worden, die auch das unsanierte Haus mitversorgt. Dort seien allerdings noch alte Kunststoffrohre verlegt, die auf die Anforderungen der neuen Anlage nicht ausgelegt seien. Ein Umstand, den auch die Fachfirmen nicht vorhergesehen hätten.
„Wir bedauern diese Probleme sehr und sind seit Wochen auf der Suche nach einem Ingenieurbüro, das uns eine Lösung erarbeitet. Leider macht es die Situation in der Baubranche sehr schwierig, zeitnah Handwerker und Planer zu finden. Hinzu kommen Personalausfälle bei uns im Haus“, so Mang.
Die Situation in den alten Wohnheimen will das Studierendenwerk mittelfristig grundlegend verbessern. „Deshalb nehmen wir aktuell 14 Mio. € für Sanierungsarbeiten in die Hand. Leider können wir aber nicht alle Wohnheime gleichzeitig leerräumen und sanieren. Das wäre angesichts der knappen Wohnheimplätze und der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt sicherlich auch nicht im Sinn der Studierenden“, so Mang.
Neue Notfall-Nummer
Nach dem Vorfall an Christi Himmelfahrt habe das Studierendenwerk Gespräche mit dem externen Anbieter der Notfall-Hotline geführt, der beauftragt wurde, die Erreichbarkeit außerhalb der Dienstzeiten zu gewährleisten.
„Klar ist: eine Notfall-Nummer muss 24/7 erreichbar sein. Es wurde eine neue Nummer für uns eingerichtet, die das in Zukunft sicherstellen soll. Der Anbieter hat uns außerdem versichert, dass zukünftig auch englischsprachige Meldungen bearbeitet werden können“, so Mang.
Studierendenwerk startet Schimmel-Abfrage
Tatsächlich beklagen die Studierenden aktuell nicht nur Probleme mit der Wasserversorgung. In Gesprächen mit der Stuttgarter Zeitung und dem Online-Kurier berichten sie auch von Schimmel, Ungeziefer, kaputten Fenstern, leckenden Rohren, aufgeplatzen Böden oder ausgefallenem Licht. Auch Ratten seien bereits in Wohnheimküchen gesichtet worden. Abhilfe seitens des Studierendenwerks hätte es häufig sehr spät oder gar nicht gegeben.
Von der Wohnheimverwaltung fühlen sich die Studierenden mit diesen Problemen nicht ausreichend ernstgenommen. Deshalb hätte sich eine Gruppe von Studierenden mit Fotos und Videos an die Presse gewendet.
Das Studierendenwerk betont dazu: „Schimmel ist gesundheitsgefährdend. Deshalb nehmen wir jeden Fall sogar sehr ernst und wir versuchen, so schnell wie möglich Abhilfe zu schaffen. Wichtig ist aber, dass uns die Meldung auch tatsächlich erreicht. Um das in jedem Fall sicherzustellen, müssen Studierende das vorgesehene Meldeformular nutzen oder direkt mit der Wohnheimverwaltung in Kontakt treten“, so Mang.
Leider könne es aber auch nach einer Meldung manchmal mehrere Wochen dauern, bis eine Spezialfirma vor Ort sei, räumt Mang ein. „Es ist aktuell einfach sehr schwierig Firmen zu finden. Wir prüfen aber intern, wie wir es organisieren können, dass Studierende in solchen Fällen zumindest eine Zwischenmeldung erhalten.“
Das Studierendenwerk habe den Bericht der Stuttgarter Zeitung außerdem zum Anlass genommen, um im Wohnheim Chausseefeld eine Schimmel-Abfrage unter allen Bewohner:innen zu starten. Die gleiche Abfrage soll nun auch für das Wohnheim Schwerzstraße 1 und 1a durchgeführt werden.
Auch der Austausch beschädigter Bodenstellen im Wohnheim Chausseestraße sei bereits in Planung. „Was das Thema Ungeziefer betrifft sind wir allerdings ganz besonders auf die Mitwirkung der Studierenden angewiesen“, so Mang. „Wir weisen immer wieder darauf hin, dass Biomüll rechtzeitig entsorgt werden muss und Lebensmittel immer gut verpackt gelagert werden sollten. Leider beobachten wir hier immer wieder Probleme.“
Wohnheimverwaltung steht für Gespräche bereit
Für leckende Rohre, kaputte Fenster und Co. seien Hausmeister die erste Anlaufstelle.
„Arbeitsbedingt sind diese leider nicht immer im Büro anzutreffen. Wenn Studierende das Gefühl haben, dass dringende Probleme nicht zeitnah gelöst werden, sollten sie die Wohnheimverwaltung direkt informieren. Es ist auch in unserem eigenen Interesse, dass z.B. ein leckendes Rohr so schnell wie möglich repariert wird und kein Schaden am Gebäude entsteht“, versichert Mang.
Die Wohnheimverwaltung sei per Mail, telefonisch und in den angegebenen Sprechzeiten erreichbar. „Gerne vereinbaren die Kolleg:innen auch individuelle Termine. Tatsächlich haben in den letzten Monaten aber nur wenige Studierende das direkte Gespräch mit der Wohnheimverwaltung gesucht“, so Mang.
Uni bietet Notfall-Lösung bei Wasserausfall an
Uni-Rektor Stephan Dabbert hat sich über die aktuellen Vorfälle in einem Telefonat mit dem Geschäftsführer des Studierendenwerks informieren lassen. Denn, anders als der Name vielleicht vermuten lässt, ist das Studierendenwerk („StuWe“) nicht Teil der Uni, sondern ein unabhängiges Unternehmen. Vor allem im operativen Geschäft handelt das StuWe völlig eigenständig.
„Die vergangenen Wochen scheint es mit dieser Baustelle keine Probleme gegeben zu haben und ich hoffe, dass auch keine mehr auftreten. Ich habe jedoch mit der Kanzlerin, dem Sportbeauftragten und dem Leiter der Abteilung Technik der Universität vereinbart, dass wir in so einem Fall wenigstens die Duschen und Toiletten unserer Sportanlage in der Nähe der Wohnheime öffnen“, so Dabbert.
Die genaue Organisation soll nach dem kommenden Wochenende stehen. „Alle Beteiligten haben mir jedoch versprochen, dass wir das organisiert bekommen, falls es notwendig werde.“ Auch wenn dies im Notfall nur eine Geste sei: „Wir wollen, dass Studierende an der Universität Hohenheim wenigstens das Gefühl von Wertschätzung und Willkommen erfahren.“
Sein Rat an das Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim: „Alles so transparent wie möglich machen, Studierende mit ihren Wohnnöten ernst nehmen, und ihnen verdeutlichen: Es wird viel Geld investiert mit dem Ziel, dass Wohnen in der Schwerzstraße mittelfristig richtig attraktiv wird.“
Wohnheime seien für die Universität sehr wichtig, betont Dabbert. Er begrüße es deshalb sehr, dass das Studierendenwerk in den letzten Jahren zwei neue Wohnheime mit über 300 Plätzen fertig gestellt habe und nun einen zweistelligen Millionenbetrag investiere, um die Wohnheime in der Schwerzstraße schrittweise zu modernisieren.
Text: Leonhardmair