Schloss
Die erste schriftliche Nachricht von Hohenheim haben wir aus dem Schenkungsbuch des Klosters Hirsau um 1100. Später sind als Besitzer die Bombaste von Hohenheim erwähnt. Ein Spross dieser Bombaste ist der berühmte Naturforscher, Arzt und Theologe Theophrast von Hohenheim, genannt Paracelsus.
Vom 15. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts gehört Hohenheim zum Katharinenspital in Esslingen und erst im Jahr 1567 wird Hohenheim württembergisch. Nachdem es im 30- jährigen Krieg fast gänzlich zerstört worden ist, erwirbt 1676 der Augsburger Patrizier und kaiserliche Beamte Emanuel Garb das Gut. Er erbaut auf dem unregelmäßigen Grundriss der mittelalterlichen Burg ein frühbarockes Wasserschloss.
1769
Im Jahr 1769 vereinnahmt Herzog Carl Eugen von Württemberg Hohenheim. Drei Jahre später erhält Franziska von Leutrum, die Favoritin Carl Eugens, Schloss und Gut Hohenheim von ihrem geliebten Herzog als Geschenk.
1776
Ab 1776 ist Hohenheim Carl Eugens Sommerresidenz. In dieser Zeit wandelt sich sein Lebens- und Regierungsstil. Oft wird sein neues Leben als zurückgezogener Landedelmann in Hohenheim auf den Einfluss Franziskas von Leutrum zurückgeführt. Der Grund für Carl Eugens neuen Regierungsstil sind aber eher die veränderten politischen Verhältnisse in Württemberg vor der französischen Revolution. Dennoch ist auffällig, dass ihn ab circa 1770 die Landeswohlfahrt – etwa die Hohe Carlsschule, der Straßenbau, die Neckarkanalisierung, die Baumzucht und vieles mehr – immer stärker interessierte. Bei allem Despotismus, den Carl Eugen nie hat abgelegen können, hat er sich in Hohenheim tatsächlich ein wenig vom selbstherrlichen Lebemann zum Landesvater entwickelt.
1774
1774 haben seine Bemühungen, Franziska von Leutrum, „sein Franzele“, durch die Erhöhung zur Reichsgräfin am württembergischen Hof standesgemäß zu machen, Erfolg: Franziska wird Reichsgräfin von Hohenheim. In Hohenheim bewohnen die beiden das kleine Garbsche Schlösschen. Schon bald bauen sie ein Wohngebäude, das Gebäude der heutigen Speisemeisterei, sowie ein Wirtschaftsgebäude an. Carl Eugen betreibt im Hohenheimer Gebiet, auf dem Karlshof und in Klein-Hohenheim, ein landwirtschaftliches Gut. Dies wird einer der wenigen herzoglichen Betriebe, die rentabel arbeiten.
In dieser Zeit entsteht auch der so genannte Englische Garten in Hohenheim, ein bald in ganz Europa beachtetes Gartenbaukunstwerk.
Nach 15 Jahren des Zusammenlebens möchte das Paar seine Beziehung legitimieren. Carl Eugen beabsichtigt, seine Lebensgefährtin vor den zahlreichen Anfeindungen am Hof und aus der herzoglichen Familie zu schützen. Am 11. Januar 1785 heiraten Carl und Franziska.
1785
Noch im selben Jahr beschließen beide, in Hohenheim ein ganz neues, großes Residenzschloss zu bauen. Der Grundstein wird 1785 gelegt. Carl Eugen und Franziska überwachen die Bauarbeiten nahezu täglich.
Das alte Garbsche Schlösschen wird abgerissen und darüber das heutige Schloss Hohenheim mit den wuchtigen Eckrisaliten und dem großen Balkon erbaut. Nach dem Vorbild von Versailles soll ein Residenzschloss entstehen, dessen Raumachsen auf das Zentrum, den Sitz des absoluten Herrschers, bezogen sind. Am Hof des Sonnenkönigs Ludwig XIV. von Frankreich wurde so die dominierende Rolle des Königs versinnbildlicht, der wie eine Sonne ins ganze Land ausstrahlt. Carl Eugen kopiert dieses Schema. Das architektonische Vorbild des Sonnenkönigs wird zu Herzog Carl Eugens Zeiten besonders an der repräsentativen Planie vor dem Schloss deutlich. Weitgehend ohne Bepflanzung dient die Fläche vor dem Schloss der Strahl- und Fernwirkung der Achsen. Erst ab 1829 verändert die Anlage eines Botanischen Gartens das Bild auf der Schloss-Südseite. Noch stärker verliert die barocke Fernwirkung des Schlosses und seiner Achsen durch die Anlage eines Baumgürtels. Dieser diente zur Ausbildung der Forstleute, die von 1820 bis 1881 in Hohenheim studierten. Dennoch - auch heute kann man das Achsensystem noch sehr klar an der Wegeführung rund um das Schloss erkennen.
Das neue Schloss wird ein veritables Residenzschloss mit 75 Räumen und einer gewaltigen Breitenausdehnung von knapp 600 Metern, dies entspricht heute etwa der Entfernung vom Hauptbahnhof in Stuttgart zum Schlossplatz. Sein Bau zieht sich mehrere Jahre hin. Nach acht Jahren sind der Rohbau und der Innenausbau im östlichen Teil fertig. Allerdings fehlen im westlichen Teil in vielen Räumen noch der Wandschmuck, die Böden, Öfen und Fenster.
1793
Bei diesem Stand des Baues stirbt Herzog Carl Eugen im 0ktober 1793 in der provisorischen Wohnung des Paares, im Mansardengeschoss des heutigen Speisemeistereiflügels. Obwohl Carl Eugen sein „Franzele“ testamentarisch gut versorgt hat, vertreibt die herzogliche Familie den in ihren Augen illegitimen Emporkömmling sogar aus Stuttgart. Franziska muss, obgleich sie seit 1791 rechtmäßige Herzogin von Württemberg ist, fern des Hofes zurückgezogen auf ihrem Eigengut in Sindlingen und auf ihrem Witwensitz in Kirchheim Teck leben. Im Jahr 1811 stirbt Franziska in Kirchheim Teck, 18 Jahre nach ihrem geliebten „Carl Herzig“.
Der Ausbau des Hohenheimer Schlosses wird nach dem Tod Carl Eugens weitgehend eingestellt, später wird Schloss Hohenheim sogar zur Ausstattung des Neuen Schlosses in Stuttgart geplündert. 25 Jahre lang steht es als unvollendete Baustelle leer, man zieht sogar einen Abriss in Erwägung.
1816
In den Jahren 1816 und 1817 kommt es in Württemberg infolge von zwei fast vollständigen Missernten zu Hunger, Armut und Verbitterung. Diese Situation ist für das eben erst auf den württembergischen Thron gelangte junge Königspaar Wilhelm I. und Catharina Pawlowna politisch gefährlich. Rasche Gegenmaßnahmen sind geboten. Königin Catharina kümmert sich um die Soforthilfe, die Wohlfahrtspflege. Um eine kontinuierliche und ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln zu gewährleisten, sind jedoch tiefer greifende wirtschaftliche Reformen nötig. Mit diesen beschäftigt sich König Wilhelm. Zunächst gründet er einen Landwirtschaftlichen Verein mit der Zentralstelle in Stuttgart und dazu am 20. November 1818 im verwaisten Schloss Hohenheim ein Landwirtschaftliches Institut. Damit legt er den Grundstein für die heutige Universität Hohenheim.
Im Schlossmittelbau und rund um den mittleren und westlichen Hof finden Vorlesungsräume, Labore, Bibliotheken und auch Wohnungen für Professoren und Studenten Platz. Den östlichen Hof nutzen die zum Institut gehörenden Einrichtungen der Gutswirtschaft und die Ackerbauschule. Im südlichen Flügel des Osthofs sind die Chemie und die landwirtschaftliche Technologie mit größeren Werkstätten und Laboren untergebracht. Diese Nutzung des Schlosses bleibt für über hundert Jahre weitgehend unverändert.
1957
Ab Ende der 1950er Jahre wird der Schlossbereich baulich neu gestaltet. Zwischen 1957 und 1967 reißt man die Gebäude rund um den westlichen Hof ab und baut sie in alter Gestalt, jedoch mit moderner Bausubstanz neu auf. Das Gleiche geschieht zwischen 1969 und 1970 mit den Flügeln im Osthof und einem Flügel im Mittelhof.
1967
Schließlich beginnt im Jahr 1967 die Renovierung des Schloss-Mittelbaus. Sie dauert bis 1986. Die historische Speisemeisterei wird sogar erst 1993 fertig gestellt. Durch diese Renovierung bleibt der historische Bestand des in vielerlei Hinsicht einmaligen Schlosses Hohenheim dauerhaft erhalten und wird zugleich den Ansprüchen eines modernen Universitätsbetriebes gerecht.
Raumpläne
Erdgeschoss
Obergeschoss
Ursprünglich ist das neue Schloss in Hohenheim als Sommerresidenz für Herzog Carl Eugen geplant. Mit einer Ausdehnung, die heute der Strecke vom Stuttgarter Hauptbahnhof bis zum Schlossplatz entspricht, und mit den drei Höfen gehörte es damals zu den größten Schlossbauten östlich des Rheins. Für eine vollständige Residenz fehlen jedoch einige Repräsentationsräume.
Die Kutschen fuhren von Süden direkt unter dem Balkon in das Untere Foyer ein. So konnte die Hofgesellschaft trockenen Fußes das Schloss betreten und die Treppen zur Bel-Étage ersteigen.
Das Erdgeschoss beherbergte anfänglich die herzogliche Gemäldegalerie mit etwa 470 Bildern. Die Gemälde werden nach Carl Eugens Tod in andere Schlösser gebracht.
In den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts verändert man bei den Renovierungsarbeiten die Räumlichkeiten im Erdgeschoss so sehr, dass von der ursprünglichen Pracht heute nichts mehr zu erkennen ist.
Beachtenswert ist der Grundstein des Schlosses aus dem Jahre 1785. Dieser befindet sich links neben der Treppe ins Obergeschoss.
Erdgeschoss
Tatsächlich handelt es sich bei diesem Schlosskeller nicht um einen Keller im eigentlichen Sinn, sondern um Substruktionen, also Unterbauten, des Schlossgebäudes. Diese Substruktionen dienten dazu, die Grundmauern des Schlosses von dem sehr feuchten Erdreich fernzuhalten. Um die Stabilität dieser Konstruktion zu erhöhen, füllte man die tragenden Bögen damals mit Bauschutt auf. Daher war der Schlosskeller bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein nicht nutzbar.
Erdgeschoss
Das Foyer im Obergeschoss gibt die Attitüde von Herzog Carl Eugen in seiner zweiten Lebenshälfte wieder: Der Rückzug in das Leben eines Landedelmannes ist hier symbolisch dargestellt. Die kunstvollen Stuck-Dekorationen haben vorwiegend ländliche Motive wie Früchte, Körbe und Gartengeräte. Auch die Statuen der vier Jahreszeiten haben einen solchen symbolischen Charakter.
Untypisch für barocke Bauten ist die Asymmetrie des Oberen Foyers. Das Foyer ist nur über eine im Osten gelegene Treppe zu erreichen. Die westliche Treppe war zwar geplant, und der entsprechende Raum steht auch heute noch zur Verfügung, doch durch den Tod des Herzogs und den darauf folgenden Baustopp wurde der zweite Treppenflügel nie fertig gestellt.
Vom Oberen Foyer aus hat man einen sehr schönen Blick auf den als ‚Ehrenhof‘ konzipierten großen Mittelhof des Schlosses.
Obergeschoss
Beim Bau wurde der Mittelsaal des Schlosses als Zentrum der Residenz konzipiert. Hier sollte der Herzog Hof halten. Doch da der Raum erst nach dem Tod Carl Eugens fertig gestellt wurde, fanden hier niemals Feste oder Empfänge des Herzogs statt.
Später, im 19. Jahrhundert, dient der Raum als Ort für Sitzungen und Versammlungen des Landwirtschaftlichen Instituts. Der Wandschmuck und die Öfen werden entfernt und der gesamte Raum in ‚akademisch nüchternem’ Weiß gestrichen.
Aus den Tagebuch-Aufzeichnungen Johann Wolfgang von Goethes über seinen Besuch in Hohenheim im Jahr 1797 ist bekannt, dass der Raum damals einen prächtigen Wandschmuck hatte. Aber erst bei den Restaurierungsarbeiten im Schloss fand man unter dem Putz Reste des ursprünglichen Alabasters - die bunten gemaserten Wand-Platten im Raum - und des Stuck-Marmors - die hellen gemaserten Wand-Dekorationen im Raum.
Mit Alabaster aus dem Remstal und den Löwensteiner Bergen stellte man dann die ursprüngliche Gestalt des Saales wieder her. So besitzt die Universität heute einen prachtvollen Raum für festliche Veranstaltungen, um den sie von vielen beneidet wird.
Obergeschoss
Als Johann Wolfgang von Goethe im Jahre 1797 Hohenheim besucht, vermerkt er in seinem Tagebuch auch, dass im Westflügel des Schlosses in einigen Räumen Bauarbeiten stattfinden.
Von den Rokoko-Dekorationen im östlichen Teil des Schlosses ist Goethe enttäuscht bis entrüstet, die Arbeit der im Westflügel tätigen schwäbischen Klassizisten Isopi und Thouret begeistert ihn jedoch: „Da ein Teil des Schlosses noch nicht ausgebaut ist, lässt sich hoffen, dass (durch Isopi und Thouret) die Dekoration sehr gewinnen werde“.
Tatsächlich herrscht in den wenigen 1797 ausgebauten Räumen ein ganz anderer, ein klassizistischer Stil vor.
Die dem Raum den Namen gebenden Tannenzapfen in dem an der Decke umlaufenden Fries sind wohl eher Hopfen-Dolden oder Artischockenblüten.
Obergeschoss
Die Aula gehört ebenfalls zu den Räumen, die im Jahr 1797 im neuen klassizistischen Stil ausgebaut werden.
Besonders auffallend an diesem Stil sind nüchterne, klare Linien und die Dominanz der Fläche – ein deutlicher Unterschied zu der Verspielt-heit der im Rokoko-Stil ausgeschmückten Räume im Ostflügel.
Heute dient auch dieser Raum für Tagungen und Veranstaltungen der Universität. Die Erhaltung der historischen Raumwirkung ist perfekt kombiniert mit den technischen Anforderungen an einen modernen Konferenzraum.
Obergeschoss
Dieser Raum wurde im Laufe der Zeit so sehr verändert, dass man bis zu den Renovierungsarbeiten um 1970 nichts mehr von seiner ursprünglichen Gestalt wusste.
Bei der Restaurierung fand man jedoch unter der Putzschicht Reste der ursprünglichen Dekoration: auf die Wände gemalte Volants und Scheinarchitektur. Ein Beispiel dafür sieht man an dem kleinen Stück des freigelegten Originals an der Westseite des Raums, rechts oberhalb der Eingangstüre. Nach diesen Mustern wurde das Zimmer dann rekonstruiert. Damit kommt der Blaue Saal heute dem ursprünglichen Zustand Ende des 18. Jahrhunderts sehr nahe.
Die in den Wandgemälden vorherrschende Farbe gibt dem Raum heute seinen Namen. Der Blaue Saal ist ein beliebter Raum für Veranstaltungen der Universität.
Obergeschoss
Ursprünglich ist der Grüne Saal als Schlafzimmer für den Herzog geplant gewesen. Geschlafen hat Herzog Carl Eugen hier aber nie – als er starb, war die Dekoration zwar schon fertig gestellt, das Prachtbett jedoch noch nicht geliefert worden.
Es wird bisweilen davon gesprochen, das Hohenheimer Schloss sei eines der kostengünstigsten Schlösser Carl Eugens. Nun – sein Schlafzimmer hat eine Grundfläche von knapp 120 Quadratmetern. Heutzutage bringt man auf dieser Fläche eine Vierzimmerwohnung unter. Zu knapp war dieses letzte Schloss Carl Eugens also auch nicht konzipiert.
Während der damaligen Nutzung durch das Landwirtschaftliche Institut wird dieser Raum, wie übrigens auch die anderen herzoglichen Privatgemächer im Ostflügel - heute Bereichsbibliothek für die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften - als Dienstwohnung genutzt. Verständlicherweise wurden damals die Räume durch Zwischenwände geteilt und die Decke durch eine Zwischendecke um circa 1,5 Meter tiefer gesetzt. Unterhalb dieser Zwischendecke entfernte man den ‚alten‘ Wandschmuck und richtete die Räume nach dem Zeitgeschmack ein. Damit ging die gesamte ursprüngliche Wanddekoration verloren. Die Deckenzone, die sich oberhalb der Zwischendecken befand, blieb allerdings erhalten und konnte weitgehend restauriert werden.
Heute dient dieser Raum als Konferenzraum der Universität, hier tagen auch die wichtigen Gremien der Universität. Die Tatsache, dass dieser Raum ursprünglich als ‚Schlafzimmer‘ konzipiert war, sei – so hört man – reiner Zufall und habe mit der aktuellen Nutzung nichts zu tun.