Rohstoffe aus der Biotonne  [01.06.22]

Mit der Frage, wie aus häuslichem Bioabfall neue Produkte und Rohstoffe entstehen können, beschäftigt sich ein neues Schwergewicht der Forschung. Die EU und das Land Baden-Württemberg fördern das Verbundprojekt unter gemeinsamer Leitung der Universität Hohenheim und des Instituts für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft an der Universität Stuttgart mit insgesamt ca. 5,9 Mio. Euro. Davon entfallen rund 2,3 Mio. Euro auf die Arbeitsgruppe von Dr. Hans Oechsner von der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie an der Universität Hohenheim.


Rohstoffe möglichst vollständig im Kreislauf zu führen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer klimaneutralen und umweltfreundlichen Lebens- und Wirtschaftsweise, der Bioökonomie. Eine besondere Herausforderung stellt die Kreislaufnutzung häuslicher Bioabfälle aus der Biotonne dar, die meist nicht optimal verwertet werden. Wie diese Reserven möglichst hochwertig genutzt werden können, damit beschäftigt sich das Verbundprojekt „Biowaste to Products“ (BW2Pro).

In diesem Projekt arbeiten seit März 2022 zehn Partner aus Wissenschaft und Industrie daran, das Produktportfolio von Bioabfallbehandlungsanlagen zu erweitern und deren Effizienz zu steigern. Dazu wird der Bioabfall in einer Bioraffinerie unter hohem Druck und hohen Temperaturen aufgespalten und in einen festen, faserhaltigen und in einen flüssigen Anteil getrennt. Dabei wird das Material zugleich keimfrei. Die Fasern werden nach ihrer Länge getrennt und weiterverwendet. Aus mittellangen Fasern entstehen so Produkte wie Pflanztöpfe, die sowohl Kunststofftöpfe als auch torfhaltige Töpfe ersetzen. Die langen Fasern werden als Mulchmaterial für ökologisch bewirtschaftete Flächen eingesetzt, wodurch Kohlenstoff gebunden wird. Kurze Fasern hingegen dienen als Kohlenstoffquelle für die Produktion von Zellulase – einem Enzym, das zum Beispiel in vielen Waschmitteln enthalten ist.

Ein Teil der flüssigen Anteile wird zur Erzeugung von Poly-Hydroxyalkanoat, einem biologisch abbaubaren Biokunststoff verwendet. Der Rest wird in Hochlast-Biogasfermentern vergoren, um Biogas und somit auch Strom und Wärme flexibel zu erzeugen, was zur Netzstabilität in Deutschland beitragen kann. Aus dem Gärrest wird Düngerkonzentrat hergestellt. So können nahezu alle Anteile des Bioabfalls weiterverarbeitet oder genutzt werden.

Das Projekt soll zeigen, wie Bioabfall in kommunalen Biogasanlagen verwertet werden kann. Um Forschung und Praxis miteinander zu verbinden, entsteht im Rahmen des Projektes auf dem Gelände der kommunalen Bioabfallvergärungsanlage der Abfallwirtschaft Rems-Murr AöR (AWRM) in Backnang eine Bioabfallraffinerie als halb-technische Demonstrationsanlage. Sie soll täglich eine Tonne Bioabfall zu hochwertigen Produkten und Rohstoffen verarbeiten. Zugleich wird eine ökologische und eine ökonomische Bewertung des Gesamtverfahrens vorgenommen. Die Ansätze können zukünftig auf andere Kommunen und Unternehmen übertragen werden.

Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg fördert dieses Projekt (60 Prozent) gemeinsam mit der EU-Kommission im Rahmen des EFRE-Förderprogramms „Bioökonomie Bio-Ab-Cycling“ (40 Prozent).

Eckdaten des Projekts

  • Projekttitel: „Biowaste to Products“ - BW2Pro
  • Fördersumme: circa 5,87 Millionen Euro (gesamt), 2.290.816 Euro (Universität Hohenheim)
  • Förderinstitution: Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg und Europäischer Fonds für regionale Entwicklung EFRE
  • Projektdauer: 1.3.2022 – 31.3.2024
  • Projektkoordination: Universität Hohenheim (Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie) und Universität Stuttgart (Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft) gemeinsam
  • Projektpartner: BIOPRO Baden-Württemberg GmbH, Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, Hochschule Offenburg, Fakultät Maschinenbau und Verfahrenstechnik, ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH, NOVIS GmbH, Tübingen, Universität Stuttgart: Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung, Institut für Grenzflächenverfahrenstechnik und Plasmatechnologie und Institut für Kunststofftechnik; assoziierter Partner: Abfallwirtschaft Rems-Murr (AWRM)


Schwergewichte der Forschung

Als „Schwergewichte der Forschung“ gelten herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 350.000 Euro bei den Experimental- bzw. 150.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.


Kontakt

Dr. Hans Oechsner, Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie der Universität Hohenheim
Tel.: +49 (0)711 459 2683, E-Mail: hans.oechsner@uni-hohenheim.de

Text: Stuhlemmer


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