Neuer Roggen für den Öko-Landbau  [16.08.23]

Angesichts des Klimawandels ist Roggen anderen Getreidearten weit voraus: Er ist trockenheitstolerant, widerstandsfähig gegenüber Krankheiten und nutzt die vorhandenen Nährstoffe sehr effizient. Eigenschaften, die ihn auch für den ökologischen Landbau interessant machen. Mit Hilfe sogenannter genetischer Marker möchten Forschende der Universität Hohenheim nun die Züchtung von neuen Roggensorten speziell für den Öko-Landbau vorantreiben. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert das Projekt RoggenPop unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Miedaner von der Landessaatzuchtanstalt mit rund 590.000 Euro.


Um Roggen im Biolandbau verwenden zu können, muss er speziellen Anforderungen genügen: Da Öko-Landwirt:innen keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel einsetzen, müssen die Sorten robust und an den jeweiligen Standort angepasst sein. Zudem möchten die meisten Bio-Betriebe ihr Saatgut aus sogenannten „samenfesten“ Sorten selbst erzeugen können. Aktuell kommen jedoch nur wenige neue Sorten auf den Markt, die nachbaufähig und damit für den Ökolandbau geeignet sind.

Hier wollen Forschende unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Miedaner an der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim Abhilfe schaffen. Im Projekt RoggenPop entwickeln sie eine verbesserte Zuchtmethodik für selbst-inkompatiblen, also fremdbefruchtenden Winterroggen. Dabei setzen sie auf die sogenannte Populationszüchtung, die einen Nachbau der Sorten ermöglicht und vor allem für kleinere Züchtungsbetriebe im ökologischen Landbau interessant ist.

Bei Selbstbefruchtern, wie Weizen oder Gerste, besitzen alle Pflanzen einer Sorte dieselben Eigenschaften und unterscheiden sich damit deutlich von anderen Sorten. Bei Roggen ist das anders, weil er natürlicherweise ein Fremdbefruchter ist und deshalb nur als heterogene, mischerbige Populationen vorkommt. Diese genetische Vielfalt innerhalb der Sorten nutzen die Züchter:innen bei der Populationszüchtung: Ausgewählte Pflanzen werden miteinander gekreuzt und die Nachkommen auf agronomische Eigenschaften, wie Kornertrag, Krankheitsresistenzen und Qualität ausgelesen. Die Allerbesten lässt man dann wieder untereinander abblühen und es entsteht durch natürliche Kreuzbefruchtung eine neue Population, die – wie schon die Ausgangspflanzen – über eine große genetische Vielfalt verfügt und insgesamt sehr anpassungsfähig ist.

Ein Problem der Populationszüchtung ist aber bisher, dass bei der Auslese geeigneter Pflanzen für die weitere Züchtung Eigenschaften wie beispielsweise der Ertrag nur an den Nachkommen erfasst werden können. Die eigentlichen Elternpflanzen stehen zum Aufbau einer neuen Population nicht mehr zur Verfügung, weil sie bereits bei der Blüte wieder fremdbefruchtet wurden. Stattdessen greifen die Zuchtbetriebe meistens auf das Restsaatgut der Elterngeneration zurück, das aber nur zu einem Teil mit dem Erbgut der Sortenkandidaten übereinstimmt. Dies resultiert in einem nur geringen Zuchtfortschritt.

Eine Lösung des Problems könnte hier die Analyse des Genoms mit molekularen Markern schaffen, die dann mit Hilfe von statistischen Modellen mit den Eigenschaften der Pflanzen verknüpft werden. Aussagen über den Zuchtwert einer Pflanze wären dann zukünftig unabhängig von der Generation und Kenntnis der (familiären) Verwandtschaft, sondern rein auf Basis einer Genomanalyse möglich. Veränderung am Erbgut wie bei der Gentechnik erfolgen dabei nicht. Die molekularen Analysen dienen allein der Diagnostik der Erbinformation.

Um dieses System zu erproben, suchen die Forschenden des Projektes RoggenPop zunächst nach Zusammenhängen zwischen dem Erbgut vieler Pflanzen und den gewünschten Eigenschaften. Diese Daten fließen in ein statistisches Modell ein, mit dessen Hilfe sie dann anhand genetischer Marker den Ertrag von bisher nicht geprüften Pflanzen bzw. deren Nachkommen vorhersagen können. So können sie bereits aus einer Saatgutprobe ohne weitere Feldprüfung die „Gründer“-Pflanzen einer neuen, verbesserten Population auswählen. Ob diese Methode erfolgreich ist, wird dann in Feldversuchen durch den Vergleich mit der Ausgangspopulation geprüft.

Eckdaten des Projekts

  • Titel: Verbesserung der Populationszüchtung bei Winterroggen für den ökologischen Landbau - RoggenPop
  • Fördersumme: 589.620 Euro
  • Förderinstitution: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
  • Dauer: 11.4.2023 – 10.4.2028

Kontakt
Prof. Dr. Thomas Miedaner, Universität Hohenheim, Landessaatzuchtanstalt, +49 (0)711 459 22690, E-Mail

Schwergewichte der Forschung

Als „Schwergewichte der Forschung“ gelten herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 350.000 Euro bei den Experimental- bzw. 150.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.


Zurück zu Themenservice