Die Moorbirke [16.11.23]
Die Moorbirke wird auch auch Haar-, Besen- oder Glasbirke genannt. Sie war die erste Baumart, die nach der letzten Eiszeit vor rund 12.000 Jahren waldbildend einwanderte. Allerdings wächst sie nur an besonderen Standorten und ist deshalb wenig bekannt. Die Hohenheimer Gärten präsentieren den Baum des Jahres 2023 in der Reihe „Was blüht“ im Monat November.
Die Moorbirke wird bis zu 30 m hoch mit einem Brusthöhendurchmesser von bis zu 60 cm und bis zu 120 Jahre alt. Im Gegensatz zu den hängenden Ästen, die der Hängebirke den Namen gaben, wachsen die Äste der Moorbirke straff aufrecht oder stehen bestenfalls waagrecht ab, sodass beide Arten allein schon durch ihren Wuchs gut unterscheidbar sind. Zudem sind die wachsenden Zweige der Moorbirke ohne Warzen und anfangs behaart.
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Darauf bezieht sich der wissenschaftliche Artname Betula pubescens Ehrh. (lat.) = Birke behaart, so benannt von Jacob Friedrich Ehrhart (1742 - 1795), einem Apotheker und Botaniker, der ein Schüler des berühmten schwedischen Botanikers Carl von Linné war.
Typische Birkenkätzchen und eine Menge Blütenstaub
Sommergrün, laubabwerfend und einhäusig getrenntgeschlechtlich bildet die Moorbirke im Spätherbst an den Zweigspitzen männliche, hängende Kätzchen aus und im Frühjahr mit dem Blattaustrieb weibliche, stehende Kätzchen, die später auch hängen. Sie blüht von März bis Mai. Während der Blüte werden große Mengen an Blütenstaub frei, ein Problem für Allergiker.
Die Samenreife beginnt im August. Die etwa 3 Millimeter großen, einsamigen, Nussfrüchte sind breit geflügelt und werden durch den Wind verbreitet. Eine Moorbirke kann bis zu 4 Kilogramm Früchte bilden, das entspricht 16 Millionen Samen.
Kälte verträgt die Moorbirke besser als Trockenheit
Die eiförmige bis herzförmige Blattspreite der wechselständig angeordneten, gestielten Blätter ist bis zu 5 cm lang, kurz zugespitzt und leicht gesägt. Jung duften die Blätter aromatisch, und wie die jungen Triebe sind die Blattspreite und insbesondere die Blattadern anfänglich behaart. Das dichte Wurzelwerk reicht bei feuchten Böden kaum tiefer als 40 cm. Es ist aber wenig anpassungsfähig. Bei sommerlicher Trockenheit und höheren Temperaturen kommt es rasch zum Vergilben der Blätter und wie bei der Hängebirke zum Absterben von oberen Zweigen. Die Rinde junger Bäume ist anfangs rötlichbraun und wird mit zunehmendem Alter gräulichweiß.
Das Verbreitungsgebiet der Moorbirke erstreckt sich vom südlichen Grönland über Island, Skandinavien und Mitteleuropa bis Ostsibirien. In Russland bildet sie nördlich der riesigen Nadelwälder, der Taiga, ihrer Kälteverträglichkeit wegen unendliche subarktische Wälder bis hin zur Kältesteppe, der Tundra. Sie hält Temperaturen bis zu minus 40 °C aus und ist damit die kältetoleranteste Laubbaumart Europas. Waldbestände bildet sie nur in Mooren, Mischbestände am Rand von Mooren und auf humusreichen, anmoorigen Waldböden wie in Weiden- und Erlensümpfen. Kalkhaltige Böden meidet sie. Die Birken sind lichtverträgliche Pionierbaumarten, die Sturmwürfe, Brandstellen, Überschwemmungsflächen und Kahlschläge als Vorwald rasch und erfolgreich besiedeln.
Teil des eigenartigen Lebensraums Moor
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass mit und auf der Moorbirke eine Vielzahl von Tierarten darunter allein über 160 Insektenarten leben, die teilweise ausschließlich dort vorkommen, sowie dazu zahlreiche Pilzarten. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass das Moorbirkenholz in seinen Eigenschaften weitgehend dem der Hängebirke entspricht. Wegen des geringen Marktanteils ist es holzwirtschaftlich aber praktisch bedeutungslos.
Die Moorbirke steht nicht für den Wald oder besondere Eigenschaften, sondern gezielt für das Moor. Moore sind höchst wertvolle Landschaftsformen. Sie dienen erstrangig dem Klimaschutz als die besten natürlichen CO2-Speicher, sodann dem Schutz des Wasserhaushalts und nicht zuletzt dem Erhalt eigenartiger Lebensräume. Der Moorbirken-Moorwald wird nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) als „von vollständiger Vernichtung bedroht bis stark gefährdet“ eingestuft. Nach dem Bundesnaturschutzgesetzt (BNatschG) ist jeder schädigende Eingriff verboten.
Bundesweit sind heute 92 % der ursprünglichen Moore entwässert. Durch Maßnahmen wie allem voran der Wiedervernässung sowie dem Verbot des Torfabbaus, das Auflichten von Moorflächen und dem Waldumbau in Mooreinzugsgebieten soll die Erhaltung und Wiederherstellung von Mooren gefördert werden. Die nationalen Pläne sind eingebunden in die EU-Moorschutzstrategie. Für diese politischen Vorhaben ist die Moorbirke die Zeigerart, die das Handlungsfeld charakterisiert. Und deshalb wurde die Moorbirke zum Baum des Jahres 2023 gewählt als Symbol für den Moorschutz.
Text: A. M. Steiner, R. Gliniars, J. Raff
Fotos: A. M. Steiner