Nachhaltige Funktionskleidung und Biogas aus faserreichen Reststoffen [11.01.23]
Vliesstoffe, Einlegesohlen, Sitzpolster – und Biogas: Das soll künftig aus landwirtschaftlichen Reststoffen wie zum Beispiel Hopfenrebhäcksel entstehen. Das ist das Ziel des Projekts BigaTex mit Beteiligung von Forschenden der Universität Hohenheim. Das MLR fördert das Projekt unter Leitung der Outlast Technologies GmbH mit insgesamt rund 962.323 Euro, wovon die Universität Hohenheim 392.118 Euro erhält.
Im Bereich der klimaregulierenden Funktionskleidung gibt es bisher nur sehr wenig Produkte auf Basis nachwachsender Rohstoffe. Einen neuen Ansatz verfolgen jetzt Forschende der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie an der Universität Hohenheim: Sie wollen dafür faserreiche Roh- und Reststoffe, wie Hopfenrebhäcksel, der bei der Hopfenernte in großen Mengen anfällt, Brennnessel sowie Luzernestängel nutzen.
Denn diese Reststoffe verfügen gleich über ein doppeltes Potential: Sie lassen sich nicht nur für die Herstellung von neuen, innovativen Materialien nutzen, sondern auch für die Energieerzeugung. Allerdings können faserreiche Reststoffe und nachwachsende Rohstoffe bisher nur bedingt in einer Biogasanlage wirtschaftlich verwertet werden, da sie unter Ausschluss von Sauerstoff nur schwer abbaubar sind.
Im Projekt BigaTex schließen die Forschenden diese Ausgangsstoffe zunächst über eine sogenannte Thermodruckhydrolyse auf und trennen anschließend den festen vom flüssigen Anteil. Der so gewonnene Feststoff kann als Naturfasern für die Herstellung von funktionalen Vliesstoffen genutzt werden. In diese können unterschiedliche Füllstoffe zur Wärmeregulation und Isolation eingearbeitet werden, so dass sie einen hohen Tragekomfort garantieren. Verwendbar sind sie unter anderem als Einlegesohlen für Schuhe oder Auflagen für Matratzen und Sitzpolster mit hoher Atmungsaktivität und Temperaturregulierung.
Des Weiteren sollen die Fasern zur Produktion von Verpackungen mit Isolierfunktion dienen, die zum Transport von temperaturempfindlichen Gütern, wie zum Beispiel Impfstoffen, eingesetzt werden können. Sie sind nicht nur kostengünstig herzustellen, sondern auch wiederverwendbar und zudem auch biologisch abbaubar – eine nachhaltige Alternative zum konventionellen Styropor mit seiner erschwerten Entsorgung und mangelhaften Recyclingfähigkeit. Ein Problem stellt bisher jedoch der starke Geruch der Fasern dar. Durch eine optimierte Silierung wollen die Hohenheimer Forschenden deshalb seine Entstehung verhindern.
Der flüssige Anteil aus der Thermodruckhydrolyse soll in einer innovativen zweistufigen Biogasanlage umgewandelt werden. Neben dem energetisch nutzbaren Biogas entstehen dabei Gärreste, die als Dünger verwendet werden.
Die Möglichkeit durch dieses Bioökonomiekonzept und die Verwertung der Fasern zusätzliche Einnahmen zu erzielen, ist für viele Betreiber von Biogasanlagen ein besonders wichtiger Aspekt. Denn mit dem Auslaufen der ersten Förderperiode des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) werden sie in Zukunft deutlich geringere Erlöse aus dem Stromverkauf erzielen können. Zudem lassen sich die Stromgestehungskosten durch das kostengünstige Ausgansmaterial noch weiter senken.
BigaTex trägt durch die Möglichkeit der gekoppelten Erzeugung von Biogas und neuartige Textil- und Verpackungsmaterialien zur Ressourcenschonung, Energiesicherheit, Erhöhung der regionalen Wertschöpfung, Verringerung von Treibhausgasemissionen und dem Erhalt des Bestandes an Biogasanlagen bei. Die Forschenden der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie übernehmen dabei die Untersuchungen zur Silierung, Faseraufbereitung und dem Design der Biogasanlage inklusive der Optimierung ihrer Betriebsbedingungen.
Projekt-Steckbrief
- Titel: Verwertung von Nachwachsenden Rohstoffen zur Biogaserzeugung und zur Herstellung von funktionalen Materialien für Textil- und Verpackungsanwendungen (BigaTex)
- Fördersumme: insgesamt 962.323 Euro, davon für die Universität Hohenheim 392.118 Euro
- Förderinstitution: Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR)
- Projektdauer: 1.9.2022-31.8.2024
- Projektbeteiligte: Outlast GmbH Heidenheim (Koordination), Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie (Universität Hohenheim), Hochschule der Medien Stuttgart
Kontakt
Dr. Benedikt Hülsemann, Universität Hohenheim, Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie
+49 (0)711 459 23371, Benedikt.Huelsemann@uni-hohenheim.de
Dr. Hans Oechsner, Universität Hohenheim, Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie
+49 (0)711 459 22683, Hans.Oechsner@uni-hohenheim.de
Schwergewichte der Forschung
Als „Schwergewichte der Forschung“ gelten herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 350.000 Euro bei den Experimental- bzw. 150.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.