Sie forscht für nachhaltigen Konsum  [18.10.22]

Wie kann man nachhaltiges Verhalten bei Verbraucher:innen fördern? Akzeptieren sie neue Produkte wie beispielsweise Fleisch aus Zellkulturen überhaupt? Wieviel Geld sind sie bereit dafür auszugeben? Und wie kann eine Kreislaufwirtschaft gelingen? Mit solchen Schlüsselfragen der Bioökonomie beschäftigt sich Jun.-Prof. Dr. Ramona Weinrich in ihrer Forschung und Lehre.


Seit 1.4.2021 leitet die Ökotrophologin das neu eingerichtete Fachgebiet Verbraucherverhalten in der Bioökonomie. Ihr Wissen möchte sie ihren Studierenden nicht nur in der Theorie vermitteln, sondern setzt auf praktische Anwendungen – denn schließlich soll Lernen auch Spaß machen.


Frau Weinrich, Sie sind im April letzten Jahres, also mitten in der Corona-Pandemie nach Hohenheim gekommen. Wie war denn Ihr Start hier in Hohenheim?

Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch keinen Erfolg bei der schwierigen Wohnungssuche im Stuttgarter Raum, sodass mir die Corona-Pandemie sogar über den Start geholfen hat, da die meisten Meetings und die Lehre zu diesem Zeitpunkt noch rein online stattfanden. Daher verlief mein Start sehr reibungslos.

Ihr Fachgebiet ist Verbraucherverhalten in der Bioökonomie. Was genau versteht man darunter?

Allgemein gesagt interessiert mich alles, was mit dem Verhalten von Verbraucher:innen und dem Thema Nachhaltigkeit in Verbindung steht. In engem Bezug dazu steht ein nachhaltiges Lebensmittelmarketing. In der Forschung bietet der Lehrstuhl eine vielfältige Breite der verhaltensorientieren Verbraucherforschung ab und bedient sich sowohl der qualitativen wie auch der quantitativen Marketing- und Marktforschung. Die Professur ergänzt und stärkt das Profil der Bioökonomie an der Universität Hohenheim und liefert dabei insbesondere einen wichtigen Beitrag durch die Sichtweise von Verbraucher:innen.

Hinweis der Redaktion

Seit Beginn der Corona-Pandemie war es zeitlich nicht mehr möglich, die traditionellen Willkommensinterviews mit neuen Profs durchzuführen. Nun wird dies in Form einer Serie mit schriftlichen Fragebögen nachgeholt.


In der Lehre bietet der Lehrstuhl neben Veranstaltungen zum Verbraucherverhalten mit Bezug zur Bioökonomie auch Vorlesungen auf Bachelor- und Masterniveau im Agrarmarketing an. Angebote zu spannenden Abschlussarbeiten runden das Lehrprofil ab.

Was fasziniert Sie an Ihrem Thema?

Mich interessiert schon seit jeher, wie Verbraucher:innen ihre Entscheidungen in der Lebensmittelauswahl treffen. Angefangen bei der Informationssuche, über den Kauf selbst bis hin zum Nachkaufverhalten: Welche Informationen sammeln Konsumenten und Konsumentinnen? Entscheiden sie intuitiv, aus dem Bauch raus, oder sind Entscheidungen eher rational begründet? Wie können Zielgruppen charakterisiert werden und welche Unterschiede bestehen zwischen verschiedenen Zielgruppen? Was sind Verbraucher:innen bereit, für Produktneuheiten auszugeben? Das sind alles Fragen, deren Beantwortung dazu beiträgt, einen nachhaltigen Konsum in Privathaushalten besser zu verstehen und voranzubringen.

Wie war Ihr persönlicher Weg bis zur Professur in Hohenheim?

Ich habe an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Ökotrophologie mit dem Schwerpunkt Ernährungs- und Verbraucherökonomie studiert. Anschließend bin ich nach Göttingen gegangen und habe dort berufsbegleitend am Lehrstuhl Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte an der Georg-August-Universität Göttingen promoviert.

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Ich wollte nach meinem Studium unbedingt auch Einblicke in die Wirtschaft erlangen und hatte in Göttingen die Chance, als Consultant bei einer mittelständischen Unternehmensberatung mit dem Schwerpunkt auf der Agrar- und Ernährungswirtschaft zu arbeiten. Ich habe dort sehr viel gelernt und bin dankbar für die Möglichkeit, berufsbegleitend promoviert haben zu können.

Dennoch habe ich mich im Anschluss an das Promotionsstudium dazu entschlossen, eine Vollzeitstelle als Postdoc am Lehrstuhl Betriebswirtschaftslehre des Agribusiness anzunehmen. Ich habe ein Arbeitspaket zu Verbraucherakzeptanz von Lebensmitteln auf Mikroalgenbasis bearbeitet und das Projekt, das acht Partner und 10 Doktorand:innen umfasste, koordiniert. Nach dem Weggang des Lehrstuhlleiters durfte ich die Leitung des Projekts übernehmen.

Auch in dieser beruflichen Station habe ich sehr viel lernen dürfen. Mich hat diese Zeit bestärkt, an der Universität bleiben zu wollen. In Hohenheim freue ich mich auf viele neue Erfahrungen, nette Kolleginnen und Kollegen und spannende Projekte.

Mit welchen Forschungsthemen beschäftigen Sie sich im Augenblick?

Aktuell stehen zwei Forschungsthemen bei uns im Team im Fokus: das erste Thema sind Schlüsseltechnologien der Bioökonomie, wie beispielsweise Cultured Meat / Clean Meat / Zellfleisch. Nur wenn Verbraucher:innen solche Technologien akzeptieren und die Produkte (wiederholt) kaufen, setzen sich diese Innovationen durch. Daher untersuchen wir durch welche Einflussfaktoren die Akzeptanz gesteigert wird. Warum lehnen Verbraucher:innen Technologien ab? Wie hoch ist die Zahlungsbereitschaft? Das sind Forschungsfragen, denen wir im Team nachgehen.

Der zweite Themenbereich betrifft Waste Management und Recycling. Ich glaube, dass dies ein Thema ist, das in der gesamten Wertschöpfungskette an Bedeutung zunehmen wird. Jede:r kennt das Symbolbild der Meeresschildkröte, die im Plastik schwimmt. Wir produzieren extrem viel Müll und stehen vor der Herausforderung, eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Wir betrachten am Lehrstuhl dabei die Rolle der Konsumenten und Konsumentinnen und gehen beispielsweise den Fragen nach, welchen Einfluss Verpackungen bei Kaufentscheidungen haben oder warum Müll in Privathaushalten so oft falsch getrennt wird.

Selbstverständlich sind Studierende immer eingeladen, aktiv in die Forschung einzusteigen, gerne auch schon in einer frühen Phase des Studiums! Neben unseren Lehrangeboten schreiben wir auch bei Humboldt reloaded Forschungsprojekte aus und suchen regelmäßig studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte als Unterstützung bei spannenden Projekten. Auch Initiativbewerbungen sind jederzeit herzlich willkommen.

Fachgebiet Verbraucherverhalten in der Bioökonomie

Jun.-Prof. Dr. Ramona Weinrich leitet seit 1.4.2021 das neue Fachgebiet. Es handelt sich um eine Juniorprofessur mit Tenure-Track, gefördert durch das Bund-Länder-Programm zur Förderung des wiss. Nachwuchses. Diese Professuren sind auf 6 Jahre befristet und werden bei Bewährung in eine reguläre Professur umgewandelt. mehr


Was bedeutet für Sie gute Lehre?

Gute Lehre ist für mich, wenn Lernen Spaß macht! In der Lehre ist mir Aktivierung extrem wichtig. Weiterhin steht in meiner Lehre im Fokus, dass Studierende theoretische Modelle oder Konzepte anhand praktischer Beispiele einmal angewandt haben, anstatt möglichst viel Stoff in einer Vorlesung unterzubringen. Dafür kann ich sicher sein, dass sich die Studierenden dann später im Berufsleben an die zentralen Inhalte der Vorlesung erinnern können.

Haben Sie einen Tipp für ein erfolgreiches Studium?

Herausfordernde Zeiten mit Kommilitonen und Kommilitoninnen teilen anstatt sich als Einzelkämpfer zu versuchen.

Und was machen Sie, wenn Sie mal nicht arbeiten?

Ich unterrichte und betreibe in meiner Freizeit leidenschaftlich gerne Sport im Fitnessbereich, bin bei den Rettungsschwimmern der DLRG und tanke Energie bei und mit meiner Familie.

Herzlichen Dank, Frau Weinrich!


Interview: Elsner


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