10 Forderungen für klimagerechte Hochschulen [25.10.22]
Plicht-Module zu Nachhaltigkeit & Klimaschutz in allen Studiengängen, Energieverbrauch in allen Uni-Gebäuden um 25% senken, nur pflanzliche Hauptgerichte in der Mensa, kostenloses ÖPNV-Ticket für Studierende, mehr Geld für Unis, damit sie ihrer Verantwortung in der Klimakrise nachkommen können, aber auch mehr Anerkennung für studentisches Engagement und mehr studentische Mitbestimmung: An zahlreichen Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben Studierende der Initiative „Hochdruck“ am Montag ein Papier mit 10 Forderungen an die jeweilige Hochschulleitung übergeben. An der Uni Hohenheim unterstützt der Arbeitskreis Nachhaltigkeit (AKN) die Kampagne.
Die Klimakrise spitzt sich zu und Unis müssen eine Vorreiterrolle bei der Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit einnehmen, finden Studierende der hochschulübergreifenden Initiative „Hochdruck“, die unter anderem von Organisationen wie Students For Future, dem Freien Zusammenschluss von Student*innenschaften (FZS) oder dem netzwerk n unterstützt wird.
Mit dem Forderungspapier wollen die Studierenden Druck aufbauen: „Die Forderungen mögen sich auf den ersten Blick radikal anhören. Doch die Klimanotlage und die wachsende soziale Ungleichheit sind real und erfordert jetzt entschlossenes Handeln. Die Hochschulen müssen Verantwortung übernehmen und ihren Teil zu einer nachhaltigen Veränderung beitragen“, so Jan Gfrerer von Arbeitskreis Nachhaltigkeit an der Uni Hohenheim.
Infos & Kontakt |
---|
Studierende hoffen auf Rückenwind an den Hochschulen
Nicht alle Forderungen richten sich dabei unmittelbar an die Hochschulen selbst, sondern an die Politik. Beispielsweise fordert die Kampagne eine deutlich bessere Grundfinanzierung der Hochschulen, Investitionen in energiesparende Infrastruktur und mehr Mitbestimmung der Studierenden in den Uni-Gremien.
„Die Unileitung hat uns in Gesprächen immer wieder erklärt, dass ihr bei vielen kritischen Punkten die Hände gebunden sind, weil Geld fehlt, die Zuständigkeiten bei anderen Behörden liegen oder Gesetze und Vorschriften den Handlungsspielraum begrenzen. Wir hoffen deshalb, dass sich das Rektorat an unsere Seite stellt, wenn wir dafür kämpfen, dass sich diese Rahmenbedingungen ändern. Wir haben die Uni-Leitung dazu um eine Stellungnahme gebeten“, so Jan Gfrerer.
Gleichzeitig müssten die Universitäten aus seiner Sicht auch selbst ihren Teil dazu beitragen, dass die Transformation schneller vorankommt.
„Ich hatte mich bewusst für ein Studium an der Uni Hohenheim entschieden, weil ich den Eindruck hatte, dass das Thema Nachhaltigkeit hier besonders großgeschrieben wird. Aber zumindest im Studiengang Wirtschaftsinformatik spielen nachhaltigkeitsbezogene Themen wie z.B. Green IT bisher nur eine untergeordnete Rolle. Wir fordern deshalb verpflichtende Module zu solchen Themen in allen Studiengängen“, so Jan Gfrerer.
Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, will die Initiative in den kommenden Monaten in Deutschland, Österreich und der Schweiz Aktionen durchführen. „Weitere Mitstreiter:innen dafür sind herzlich willkommen. Neben Studierenden übrigens sehr gerne auch Beschäftigte der Universitäten“, so Gfrerer.
Die Forderungen der Kampagne im Wortlaut
1. Verpflichtende Module zu nachhaltiger Entwicklung und Klimanotlage
Der globalen Notlage muss Rechnung getragen werden: In allen Fächern müssen Klimanotlage und nachhaltige Entwicklung besprochen werden, sodass wir interdisziplinär der größten Bedrohung der Menschheitsgeschichte begegnen können.
2. Credits für Engagement: Gremien-, Initiativenarbeit und außeruniversitäres Engagement muss in allen Studiengängen angerechnet werden können.
Hochschulen müssen ein Ort des Austauschs sein und praktisches Erfahren muss die Lehre ergänzen, daher soll auch Engagement durch Credits angerechnet werden können.
3. Reduktion des Energieverbrauchs von Gebäuden um 25% bis Ende 2022 & 100 % Erneuerbare Energien bis 2030
Alle Hoschulen im DACH-Raum müssen künftige Energieverträge mit einem 100% erneuerbaren Energiemix schließen. Bestehende Energieverträge mit Atom- und fossilem Stromanteil müssen nächstmöglich gekündigt werden.
4. Bis 2025 sind alle Hauptgerichte der Mensen pflanzlich.
Hochschulmensen müssen durch ihr Angebot beispielhaft vorangehen: weniger Fleisch auf dem Teller heißt Rückgang von Treibhausgasemission, Flächenverbrauch, Futtermittelmonokulturen und Tierleid.
5. Kostenloses bundesweites ÖPNV-Ticket für Studierende und Mitarbeitende bis 2022
Mobilität nachhaltig – und das überall. Mobilität sollte ein Grundrecht sein und daher nichts kosten, gleichzeitig müssen die Emissionen in diesem Bereich drastisch gesenkt werden.
6. Mehr Grün als Beton! Lebendige Hochschule – nach Schwammprinzip mit 40% entsiegelten Flächen und gutem Klima
40% der Flächen entsiegeln, sodass für künftige Dürren Wasserspeicherung möglich ist und Baumbestand gesichert werden kann. Wo dies nicht geht, müssen Dächer und Wände begrünt, Hochbeete und andere Grüninseln für Wasserspeicherung und als Lebensraum für Insekten dienen.
7. Bezahlbares und nachhaltiges Wohnen für Studierende – 40% sozialer Wohnraum bei Neubau und netto Null in der Ökobilanz.
Damit bestehende Wohnungen bezahlbar bleiben, dürfen Mieterhöhungen max. alle fünf Jahre gefordert werden. Eine solche Erhöhung 5% der Ausgangsmiete nicht übersteigen.
8. Bis 2025 sind alle Gremien, deren Entscheidungen unmittelbar Einfluss auf die Studierenden haben, paritätisch besetzt.
Hochschulen sind ein Ort für Studierende, daher müssen diese an Entscheidungsprozessen maßgeblich beteiligt sein.
9. Mind. 85% Grundfinanzierung und stabile transparente Finanzierung der Hochschulen durch das Land & Zweckbindung finanzieller Mittel an Klimaschutz- und Anpassung!
Wir fordern eine höhere & langfristige Grundfinanzierung für nachhaltige Hochschulen, sodass eine größere Unabhängigkeit gegenüber Drittmittel oder Wirtschaftsunternehmen besteht, die einen zweckorientierten Einfluss auf Forschung und Transfer haben.
10. Divestment: Bis 2025 investieren Hochschulen nicht mehr in fossile Strukturen.
Hochschulen müssen ihr Finanzwesen menschen-, umwelt-, und klimafreundlich umgestalten. Für Transformation müssen wir an Geldströme heran!
Text: Leonhardmair