Neue Regeln – wenig Umstellung  [01.12.21]

2G, Vollkontrolle statt Stichproben, Maskenpflicht bei Prüfungen: Seit dieser Woche gelten auch für den Lehrbetrieb auf dem Campus strengere Regeln. Viele Unis stellt das vor große Herausforderungen. An der Uni Hohenheim setzt man hingegen schon seit Semesterstart auf ein System, das über die Vorgaben der Corona-Verordnung hinausging. Größere Umstellungen waren deshalb nicht notwendig.


Milena Kugel studiert Wirtschaftspädagogik im 6. Semester. Im Moment ist sie außerdem 11 Stunden pro Woche als Hygienehelferin auf dem Campus im Einsatz.

„Unsere wichtigste Aufgabe ist die Einlasskontrolle vor den Lehrveranstaltungen“, erklärt Milena. „Darüber hinaus bereiten wir die Hörsäle vor, füllen also z.B. Desinfektionsmittel und Kleenextücher nach, kontrollieren die Sitzplatznummern und Abstandsmarkierungen etc. Wir helfen aber auch an anderer Stelle, z.B. verpacken wir Schnelltests für Beschäftigte.“

Insgesamt beschäftigt die Uni Hohenheimer 62 Hygienehelfer:innen. Überwiegend handelt es sich dabei um studentische Aushilfen. Ein Modell, das sich aus Sicht von Kanzlerin Dr. Katrin Scheffer in der Praxis eindeutig bewährt hat:

„Die Rückmeldungen, die wir von Lehrenden erhalten, sind ausgesprochen positiv. Die studentischen Hygienehelfer:innen tragen aus ihrer Sicht ganz wesentlich dazu bei, dass die Lehrveranstaltung vor Ort gut ablaufen können. Andere Unis haben auf externe Sicherheitsdienste gesetzt. Sie tun sich allerdings extrem schwer, überhaupt genügend Personal zu finden. Wiederum andere lassen die Kontrollen teilweise durch die Lehrenden selbst erledigen“, berichtet die Kanzlerin.

Studierende zeigen sich verantwortungsbewusst

Die Stimmung vor Ort beschreibt Milena Kugel als entspannt. Inzwischen seien alle an die Abläufe gewöhnt. Studierende, die Kontrollen oder das Tragen einer Maske verweigern, sind ihr bislang noch nicht begegnet.

„Ich habe den Eindruck, dass sich die Studierenden vor Ort wirklich alle sehr verantwortungsvoll verhalten. Viele sind einfach froh, dass sie überhaupt wieder auf dem Campus lernen können“, meint Milena. „Natürlich hat es anfangs eine Weile gedauert, bis sich alles eingespielt hat. Bei Nachfragen helfen auch wir als Hygienehelfer:innen gerne weiter. Die Uni informiert zwar umfassend über Rundmails, Homepage und Social Media, aber manchmal ist es einfacher, Dinge von Studi zu Studi zu erklären.“

Bewährungsprobe bestanden

Zu Beginn dieser Woche hat das Land die Regeln für den Studienbetrieb noch einmal deutlich verschärft: In den meisten Lehrveranstaltungen gilt nun 2G statt 3G (Ausnahme: Praxis-Kurse und Prüfungen). Außerdem sind Stichprobenkontrollen allein ab sofort nicht mehr ausreichend. Hochschulen müssen stattdessen eine vollständige Kontrolle aller Studierenden gewährleisten.

„Wie so oft blieb den Universitäten zwischen den politischen Beschlüssen und der Umsetzung so gut wie keine Zeit für Planungen“, so Kanzlerin Katrin Scheffer. „Unis, die sich bislang allein auf Stichprobenkontrollen verlassen hatten, hat das in Schwierigkeiten gebracht. Wir sind deshalb sehr froh, dass wir unser System von vorneherein robust gestaltet haben, so dass jetzt nur leichte Anpassungen notwendig waren.“

Zügige Vollkontrolle dank Health Pass


Die derzeit geforderte Vollkontrolle der Studierende wurde an der Uni Hohenheim auch in der Vergangenheit schon durch den sogenannten „Health Pass“ sichergestellt. Dabei handelt es sich um eine laminierte Papierkarte mit Namen, Gültigkeitsdauer und Martikelnummer. Vor jeder Lehrveranstaltung muss diese von allen Teilnehmenden bei den Hygienehelfer:innen vorgezeigt werden.

Den Original-Impf- bzw. Genesenen-Nachweis müssen Studierende hingegen nur einmal beim Ausstellen des Health Pass vorzeigen. Das spart Zeit bei den Einlasskontrollen. Bei Geimpften behält der Health Pass bis zum Ende des Semesters seine Gültigkeit. Bei Genesenen läuft er max. 6 Monate nach dem Zeitpunkt der Genesung ab.

In der Vergangenheit konnten auch nicht-immunisierte Studierende nach Vorlage eines aktuellen Tests einen Health Pass mit einem Ablaufdatum von 48 Stunden erhalten. Aufgrund der neuen 2G-Regel können Geteste nun an den meisten Lehrveranstaltungen jedoch nicht mehr teilnehmen.

Vertiefte Stichprobenkontrollen mit System

Um sicherzustellen, dass der Health Pass nicht vom fremden Personen genutzt wird, führen die Hygienehelfer:innen pro Woche bei mindestens 5% aller Studierenden und Lehrenden, die an Präsenzveranstaltungen teilnehmen, vertiefte Stichprobenkontrollen durch. Zusätzlich zum Hohenheim Health Pass muss dabei auch ein Lichtbildausweis vorgezeigt werden.

In welchen Veranstaltungen solche unangekündigten Kontrollen durchgeführt werden, entscheidet ein ausgeklügeltes Losverfahren. Entwickelt wurde dieses von Prof. Dr. Hans-Peter Piepho vom Fachgebiet für Biostatistik.

„Das Losverfahren stellt sicher, dass Studierende und Lehrende in allen Veranstaltungen in etwa mit der gleichen Wahrscheinlichkeit kontrolliert werden, unabhängig davon, ob es eine große oder kleine Veranstaltung ist. Bei sehr großen Vorlesungen kann aus Zeitgründen immer nur ein Teil der Teilnehmenden nach ihrem Ausweis gefragt werden. Deshalb werden für solche Veranstaltungen mehrere Lose in den Topf geworfen“, erläutert Scheffer.

2G bedeutet Einschränkungen für ca. 2-5 % der Studierenden

Pro Woche werden auf diese Weise ca. 500 Stichprobenkontrollen durchgeführt. Verstöße wurden dabei bislang nicht festgestellt.

Eine Auswertung der Stichprobenkontrollen ermöglicht es der Uni auch abzuschätzen, für wie viele Studierende die Umstellung auf 2G nun konkrete Einschränkungen mit sich bringt. Demnach haben in den letzten Wochen ca. 2-5% der Studierenden einen Test vorgelegt, um an den Präsenzveranstaltungen teilzunehmen. Sie müssen ab sofort mit den Online-Angeboten vorliebnehmen. Lediglich bei Praktika z.B. im Labor gilt weiterhin 3G.

Für Geimpfte (ca. 92-97%) bzw. Genesene (ca. 1-3%) ändert sich durch die Umstellung auf 2G hingegen nichts.

Frierende Studierende

Doch nicht nur die Politik, sondern auch der Wintereinbruch hat Auswirkungen auf den Hörsaalbetrieb. Denn überall, wo keine automatischen Lüftungsanlagen vorhanden sind, ist regelmäßiges Lüften Pflicht. Den Takt dafür geben sogenannte CO2-Ampeln vor, die den CO2-Gehalt in der Raumluft messen. Mancherorts sorgt das für Unmut – besonders dort, wo die Luftzirkulation nicht gut ist und daher ausgiebiges Lüften praktiziert wird, um zu verhindern, dass die CO2-Ampeln auf Rot schalten.

„Es gibt einzelne Räumen, in denen wir nahezu auf eine durchgehende Lüftung angewiesen sind. Wir sind uns bewusst, dass das bei den aktuellen Temperaturen von vielen als Zumutung empfunden wird. Wir prüfen deshalb noch einmal, ob wir solche Räume evtl. komplett aus der Planung nehmen können. Manchmal gibt es auch technische Probleme mit den CO2-Ampeln. Wir kalibrieren die Geräte deshalb aktuell neu. Wenn der Verdacht besteht, dass eine bestimmte CO2-Ampel zu sensibel oder fehlerhaft reagiert, können sich Lehrende auch direkt an die Hygienehelfer:innen wenden, die das in Abstimmung mit der Arbeitssicherheit überprüfen“, so Scheffer.

Uni-Leitung steht weiter zur Präsenz-Lehre

Uni-Mitarbeiter:innen, die nicht in der Lehre tätig sind, müssen bereits seit letzter Woche wieder im Home-Office arbeiten, sofern ihre Tätigkeit das zulässt. Das wirft die Frage auf, ob Lehrveranstaltungen angesichts steigender Inzidenzen überhaupt weiter vor Ort stattfinden sollten.

„Letztendlich ist das eine Frage, die von den rechtlichen Vorgaben abhängt“, sagt Kanzlerin Katrin Scheffer. Die Uni-Leitung halte die Präsenz-Lehre allerdings weiterhin für sehr wichtig und sicher.

„Wir nehmen die aktuellen Entwicklungen sehr ernst und haben auch Verständnis, wenn einzelne Studierende für sich persönlich die Entscheidung treffen, verstärkt die Online-Angebote wahrzunehmen, z.B. weil sie eine lange Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln haben. Von unserem Hygienekonzept auf dem Campus sind wir allerdings nach wie vor überzeugt. Die Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie wichtig der persönliche Austausch vor Ort für die Studierenden ist. Deshalb halte ich es für richtig, dass die Politik entschieden hat, Kontakte zuerst an anderer Stelle einzuschränken etwa durch die erneute Home-Office-Pflicht. Ähnlich wie an den Schulen sollte ein umfassender Lockdown auch an Universitäten lediglich ein letztes Mittel sein“, so Scheffer.

Text: Leonhardmair


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