Der Spitzwegerich  [17.08.22]

Artenvielfalt vor der Haustür schützen: Ob direkt in der Stadt oder auf dem Land – im Sommer ist es fast unmöglich, dem Spitzwegerich nicht täglich über den Weg zu laufen. Seine Spezialität ist es, gerade an ungünstigen Wegesrändern zu wachsen. Umso erstaunlicher: Wegen seiner zahlreichen Heilwirkungen galt der Spitzwegerich lange Zeit als Mutter aller Heilpflanzen! Einmal im Monat präsentiert die Uni Hohenheim in Kooperation mit der Bunten Wiese Stuttgart interessante Fakten zu Tieren, Pflanzen oder Pilzen, die auf bunten Wiesen anzutreffen sind.

 

Der Spitzwegerich (Plantago lanceolata) ist ein typischer Bewohner von Wiesen und Weiden, findet sich aber auch an Wegrändern und Äckern. Die bis zu 40 cm langen lanzettförmigen Blätter wachsen grundständig in einer Rosette angeordnet. Sie weisen fünf bis acht Längsnerven auf. Aus der Mitte der Rosette wächst nach 25 Langtagen ein 15-50 cm hoher fünffurchiger Blütenstängel. An dessen Ende findet sich eine kugelige Blütenähre. Auf häufig gemähten Rasen nimmt der Spitzwegerich eine niedrigere Form an.

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Weniger mähen, mehr „Unordnung“ zulassen: Dazu will die Initiative „Bunte Wiese Stuttgart“ möglichst viele Menschen animieren.

Der „König der Wege“ ist hart im Nehmen

Die Entwicklung der Blüte beginnt nach 25 Langtagen. Bei einem Langtag ist es mindestens 12 Stunden lang hell. Die Pflanze ist windbestäubt, profitiert aber dennoch durch die Befruchtung über pollensammelnde Insekten. Der Spitzwegerich blüht von Mai bis September. Die Wegeriche sind hart im Nehmen: Selbst auf Trittflächen wie Wege können sie sich halten, was sich in ihrem Namen widerspiegelt, der sich aus “weg” und “-rîch”(König) zusammensetzt. Beim Spitzwegerich kommen sogar gegen das berühmt-berüchtigte Totalherbizid Glyphosat resistente Typen vor.

Wildspinat, Heilmittel, Fruchtbarkeitsbote und Geburtshelfer für Insekten

Der Spitzwegerich zählt zu unseren klassischen Wildkräutern. Insbesondere junge Blätter aus dem Inneren der Rosette können nach dem Entfernen der Fäden zu Salat gegeben oder als Wildspinat verwendet werden. Beim Erhitzen entfalten die Blätter ein Pilzaroma. Junge Blütenknospen können wie Kapern eingelegt werden. Spätestens seit der Antike wird er als Heilpflanze verwendet: Klassisch wirkt ein Tee lindernd bei Reizhusten und Entzündungen in den Atemwegen. Der Pflanzensaft hat eine antibakterielle Wirkung und beschleunigt die Blutgerinnung und eignet sich daher zur Behandlung kleiner Wunden. Er lindert den Juckreiz bei Insektenstichen, hilft nach dem Kontakt mit Brennnesseln (Urtica ssp.) und bei entzündlichen Veränderungen der Haut. Die Samen finden als leichtes Abführmittel Verwendung. Dabei ist der Spitzwegerich ein gut bekömmliches Arzneimittel.

Wegen dieser Eigenschaften erfreuter er sich in der Vergangenheit über Jahrhunderte großer Beliebtheit. Und wurde auch als Mutter aller Heilpflanzen bezeichnet. In der Mythologie dient der Wegerich oft als Bote der Fruchtbarkeits- und Todesgöttin Persephone, der ihren Aufstieg aus der Unterwelt an der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche, dem Beginn der Langtage begleitet.

Und auch für die Artenvielfalt ist der Spitz-Wegerich ein echter Gewinn. Zwar nutzen nur vergleichsweise wenige Insekten seinen Pollen, wie z.B. die Rostrote Mauerbiene. Doch entwickeln sich zahlreiche Insekten an ihm, darunter gleich sechs verschiedene Scheckenfalter-Arten!

Text: B.Sampalla


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