Europawahl 2024: Die Rolle sozialer Medien  [01.03.24]

Jede Aktion im Internet hinterlässt Datenspuren. Diese können für eine gezielte Ansprache der Menschen genutzt werden – auch im Wahlkampf. Doch wie nehmen Nutzer:innen Werbeanzeigen von deutschen Parteien wahr? Und beeinflusst dies ihr Wahlverhalten? Diese Frage untersuchen Forschende in einem Verbundprojekt der Universität Hohenheim und Universität Mainz während des Wahlkampfs für die Europawahl 2024. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Vorhaben mit rund 600.000 Euro, davon erhält das Fachgebiet Kommunikationswissenschaft, insbesondere Medienpsychologie unter Leitung von Prof. Dr. Sabine Trepte 340.000 Euro.


Nutzer:innen sozialer Medien wie Facebook oder Instagram hinterlassen viele persönliche Daten im Internet. Diese geben sie sowohl aktiv, zum Beispiel durch Anlegen eines Profils, das Liken oder das Teilen von Beiträgen, als auch passiv preis, beispielsweise durch ihr Klickverhalten. Diese Datenspuren werden von Unternehmen, aber auch von politischen Parteien gesammelt, analysiert und für die gezielte Ansprache bestimmter Gruppen herangezogen.

Diese sogenannten Targeting-Strategien machen soziale Medien zu einem wichtigen Schauplatz für Wahlkämpfe. Denn über gezieltes Online-Microtargeting können Parteien potenzielle Wähler:innen direkt ansprechen und überzeugen. Alarmierend ist, dass dies den meisten Nutzer:innen sozialer Medien nicht bewusst ist. Und die Mehrheit der Menschen, die von dieser gezielten politischen Werbung wissen, hält sie für nicht akzeptabel. Der Eingriff in die Privatsphäre wird von Nutzer:innen und Aktivist:innen gleichermaßen als kritisch angesehen.

So auch in Deutschland: Fast 90 Prozent der Deutschen fordern, dass politische Werbung gekennzeichnet sein müsse, und wünschen sich eine stärkere Regulierung politischer Online-Werbung. Ganz besonders problematisch sehen Wähler:innen den Eingriff in ihre Privatheit. Bisherige Studien geben erste Hinweise, dass Sorgen um die Privatheit auch politische Prozesse beeinflussen können. Auch aus wissenschaftlicher, rechtlicher und ethischer Perspektive stellt politisches Online-Microtargeting ein kritikwürdiges Eindringen in die Privatheit der Nutzer:innen dar. Denn es kann das Selbstbestimmungsgefühl und Wohlbefinden von Individuen massiv beeinflussen.

Bei der Europawahl 2024 untersuchen die Forschenden, inwiefern maßgeschneiderte Werbeanzeigen auf Facebook von Wähler:innen wahrgenommen werden und ob diese das Bedürfnis nach Privatheit sowie die Sorge darum die politischen Einstellungen, Wissen und Beteiligung beeinflussen.

Die Ergebnisse sollen Hinweise darauf liefern, auf welchen Stufen des Wahrnehmungsprozesses Gefahren für demokratische Prozesse drohen und für welche Nutzergruppen konkreter Handlungsbedarf besteht. Daraus wollen die Forschenden Vorgaben formulieren, wo Regulierungsmaßnahmen ansetzen können sowie ob und wie Parteien Online-Microtargeting so einsetzen können, dass es den Privatheits- und Informationsbedürfnissen der Nutzer:innen gerecht wird.

Projekt-Steckbrief

  • Titel: Politisches Online-Microtargeting im Kontext der Europawahl 2024: Einstellungen, Wissen, Partizipation, Privatheit
  • Fördersumme: insgesamt 600.000 Euro, davon 340.000 Euro für die Universität Hohenheim
  • Förderinstitution: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
  • Projektdauer: 1.1.2024– 31.12.2026
  • Projekt-Beteiligte: Prof. Dr. Sabine Trepte (Fachgebiet Kommunikationswissenschaft, insbesondere Medienpsychologie, Universität Hohenheim) in Kooperation mit Dr. Simon Kruschinski und Prof. Dr. Marcus Maurer (Johannes-Gutenberg Universität Mainz)

Kontakt
Prof. Dr. Sabine Trepte, Universität Hohenheim, Fachgebiet Kommunikationswissenschaft, insbesondere Medienpsychologie
+49 (0)711 459 22654, sabine.trepte@uni-hohenheim.de


Schwergewichte der Forschung

Als „Schwergewichte der Forschung“ gelten herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 350.000 Euro bei den Experimental- bzw. 150.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.


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