Gegen die Sprachverwirrung  [16.09.24]

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen "digital angereicherter Präsenz-Lehre" und "hybrider Lehre? Was bedeutet "Constructive Alignment" genau? Und worauf muss man achten, wenn man Begriffe wie "Klausur" oder "Prüfung" ins Englische übersetzt? Seit Kurzem hilft bei Fragen wie diesen ein 2-sprachiges didaktisches Glossar rund um die Themen (digitales) Lernen, Lehren und Prüfen. Warum das so hilfreich ist, berichten Christina Baust, Lisa Fritsch und Silke Meyer von der Arbeitsstelle Hochschuldidaktik stellvertretend für das Glossar-Team.


Jede Studierendengeneration lernt ein wenig anders. Und auch die Lehr-Methoden sind im steten Fluss. Das war wohl schon immer so. Doch die Digitalisierung hat das Tempo des Kulturwandels an den Unis rasant beschleunigt.

Und im selben Tempo hat sich auch unser Wortschatz erweitert: Auf einmal ist ganz selbstverständlich von "synchronen" und "asynchronen" Lehrformaten die Rede, von "Flipped Classroom"-Szenarien und von "Blended Learning".

Doch wie selbstverständlich sind diese Begriffe tatsächlich? Und verstehen wir auch alle das Gleiche darunter?

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Feedback willkommen! Wenn Ihnen etwas auffällt, oder Sie einen neuen Begriff mit Definition für das Glossar vorschlagen möchten, dann wenden Sie sich bitte mit konkreten Angaben an die Arbeitsstelle Hochschuldidaktik.

Missverständnisse vermeiden

"Tatsächlich gibt es immer wieder große Missverständnisse", weiß Christina Baust von der Arbeitsstelle Hochschuldidaktik. "Nicht nur die Einführung neuer didaktischer Formate an sich ist eine Herausforderung, sondern auch die Kommunikation über diesen Wandel. Dieses Problem hat bereits unsere ehemalige Prorektorin für Studium & Lehre, Frau Prof. Dr. Huber, erkannt und uns daher mit dem Glossar-Projekt beauftragt."

Neben Begriffen rund um das Thema Lehre und Lernen liegt ein Fokus des neuen Online-Glossars auch auf dem Thema Prüfungen. Denn Innovationen in der Lehre gehen häufig auch mit neuen Prüfungsarten und -formen einher. So z. B. die Bring Your Own Device (BYOD)-Klausuren, die an der Uni Hohenheim im Rahmen des Lehrprojekts PePP erprobt und eingeführt wurden. By the way: Was war hier noch gleich der Unterschied zu einer E-Klausur?


Input aus allen Fakultäten und der Verwaltung

Im Alltag kann es passieren, dass man gar nicht immer merkt, wenn man gerade aneinander vorbeiredet. Umso deutlicher springt das Problem jedoch ins Auge, wenn um exakte und verbindliche Formulierungen gerungen wird, z.B. für Modulbeschreibungen, Prüfungsordnungen, Leitfäden & Co. Auch, wenn unterschiedliche Bereiche der Uni miteinander kommunizieren, kann es zu sprachlichen Verwirrungen kommen. 

"Das Glossar soll helfen, hier Klarheit zu schaffen und Missverständnisse zu vermeiden. Außerdem geht es darum, dass wir uns bei mehrdeutigen Begriffen auf einen einheitlichen Sprachgebrauch an der Uni Hohenheim verständigen", fasst Lisa Fritsch von der Arbeitsstelle Hochschuldidaktik zusammen.

Eingeflossen sind daher nicht nur Definitionen aus der Fachliteratur, sondern auch spezifische Hinweise für Hohenheim sowie weitere Anmerkungen. Aufgenommen wurden dabei auch die Rückmeldungen aus Gesprächsrunden mit Beschäftigten aller 3 Fakultäten und weiteren Beteiligten aus dem wissenschaftsunterstützenden Bereich.

"Häufig wurden sich die Teilnehmenden im Rahmen dieser Gespräche erst so richtig darüber bewusst, dass zentrale Begriffe z.T. ganz unterschiedlich verstanden wurden oder nur unklar definiert waren. Schon diese Verständigung ist ein erster Erfolg des Projekts", meint Baust.

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Knifflig: Die passende Übersetzung

Ein weiterer Nutzwert des Glossars ist die Zweisprachigkeit. Davon profitieren nicht nur alle Uni-Angehörigen, die keine Muttersprachler sind. Sondern auch alle, die Texte aus dem Uni-Kontext ins Englische übersetzen.

"Grundsätzlich gilt: Um eine passende Übersetzung für einen Spezialbegriff zu finden, muss man sich zunächst klarmachen, was eigentlich genau gemeint ist. Nicht selten ist je nach Kontext mal die eine mal die andere Übersetzung zutreffend. Hierbei kann das Glossar eine sehr gute Orientierung leisten", betont Silke Meyer von der Arbeitsstelle Hochschuldidaktik

Eine wichtige Rolle in der Projektgruppe spielt deshalb auch Uni-Übersetzerin Kelly Neudorfer. Sie pflegt bereits seit mehreren Jahren das sogenannte "Uni-Wörterbuch". Hier finden Uni-Angehörige einen breiten Fundus an Grund- und Spezialbegriffe aus dem Uni-Kontext in englischer Übersetzung.

Das Uni-Wörterbuch ist nicht nur eine praktische Hilfe um korrekte, sondern auch uni-weit einheitliche Formulierungen zu wählen. Damit nicht auf der einen Website von "rector" und auf der anderen von "president" die Rede ist.

"Im Zuge des Glossar-Projekts haben wir auch das Uni-Wörterbuch einem Update unterzogen", berichtet Neudorfer. "Wir haben eine Reihe von Begriffen neu ergänzt und knifflige Einträge im Austausch mit der Projektgruppe noch einmal diskutiert und bei Bedarf angepasst."

So hat das Glossar-Team u.a. intensiv über die Prüfungsformen diskutiert, um auch im Englischen klar abgegrenzte Begrifflichkeiten zu finden. Ein Ergebnis ist z.B., dass der Oberbegriff „Prüfungen“ ab sofort mit „assessments“ übersetzt wird, die verschiedenen Prüfungsarten aber als “examinations” bezeichnet werden (z.B. Klausur = “written examination”, Prüfungsgespräch = “oral examination”, etc.).

Nach und nach werden die Übersetzungen auf der Webseite und in den Dokumenten an die neue Terminologie angepasst.


Glossar wird kontinuierlich weiterentwickelt

Klar ist schon jetzt: Die Arbeit am Glossar ist mit der Erst-Veröffentlichung nicht abgeschlossen. Denn die Uni entwickelt sich stetig weiter.

"Beispielsweise wollen wir beim nächsten Update weitere Begrifflichkeiten zu Themen wie 'Künstliche Intelligenz' und ‚digitales Prüfen‘ mit aufnehmen. Außerdem arbeiten wir stetig Feedback von Uni-Angehörigen ein und ergänzen einzelne Begriffe", berichtet Meyer.

Bisher gibt es an deutschen Hochschulen kaum vergleichbare Online-Nachschlagewerke. "Es wird uns aber reges Interesse gespiegelt. Deshalb haben wir das Glossar bewusst auf openILIAS angelegt, um zu einem späteren Zeitpunkt ggfs. auch Externen den Zugriff zu ermöglichen", so Meyer.


Hintergrund

Entwickelt wurde das didaktische Glossar durch Mitarbeiter:innen der Arbeitsstelle Hochschuldidaktik und der Stabsstelle Strategische Weiterentwicklung der Lehre.

In den Prozess wurden Rückmeldungen von verschiedenen Stakeholdern (AGs Lehre 2030, KIM, Prüfungsamt, ASL-Juristinnen, AG Masterprüfungsordnung, Lehrprojekte DeLLFi und PePP, Qualitätsmanagement, etc.) und Harmonisierungen von Strategiepapieren (Struktur- und Entwicklungsplan, Strategiepapier Digitale Transformation) eingebunden.

Text: Leonhardmair


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