Wintersemester auf dem Campus  [11.08.21]

Endlich wieder Campusleben: Im Wintersemester soll es für Studierende an der Uni Hohenheim ein möglichst umfangreiches und attraktives Angebot an Präsenzlehre geben. Das hat der Senat im Juli beschlossen. Dabei gilt in allen Lehrveranstaltungen auf dem Campus 3G- und Maskenpflicht. Doch wie viel Präsenzlehre wird tatsächlich möglich sein? Wie ist der aktuelle Stand der Planungen? Und welche Fragen sind noch immer offen? Darüber hat sich der Online-Kurier mit Kanzlerin Dr. Katrin Scheffer und der Prorektorin für Lehre, Prof. Dr. Korinna Huber, unterhalten.


In Teil 1 des Interviews berichteten Dr. Katrin Scheffer und Prof. Dr. Julia Fritz-Steuber über das Ende der Home-Office-Pflicht und Hygieneregeln am Arbeitsplatz:

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Frau Scheffer, Frau Huber, lässt sich schon etwas genauer sagen, wie hoch der Anteil an Präsenzlehre im Wintersemester ausfallen wird?

Scheffer:
Eine genaue Aussage dazu können wir im September treffen. Entscheidend ist, wie viele Personen wir tatsächlich in den einzelnen Hörsälen zulassen können. Für 100 % Präsenz in allen Lehrveranstaltungen wird es aufgrund der Abstandsregeln sicher nicht reichen, denn auch vor Corona waren unsere Räume ja bereits voll ausgelastet.

Die neue Corona-Verordnung Studienbetrieb hat zwar die grundsätzlichen Weichen bereits gestellt. Aber es gibt immer noch einige offene Fragen, die sehr große Auswirkungen haben können.

Huber: Je nach Bedingungen vor Ort und den dann gültigen Vorgaben können wir in den einzelnen Hörsälen ca. zwischen 20% bis 60% der Plätze besetzen.

Der Präsenzanteil in den verschiedenen Studiengängen unterscheidet sich aber vermutlich weiterhin erheblich, denn es gibt z.B. praktische Laborveranstaltungen, die nur in Präsenz stattfinden können, wohingegen große Vorlesungen auch online recht gut funktionieren. Wir hoffen im Moment, dass Studierende im Schnitt mindestens ein Drittel der sonst üblichen Zeit in Lehrveranstaltungen auf dem Campus verbringen können.

Wovon hängt die maximale Personenzahl pro Hörsaal denn im Einzelfall ab?

Huber:
Die Corona-Verordnung Studienbetrieb lässt uns für jede Lehrveranstaltung zwei Optionen:

Entweder wir bleiben bei der bisher gültigen 1,5 m-Abstandsregel. Dann können wir nur ca. jeden fünften Platz belegen.

Oder wir stellen eine systematische Kontrolle der sogenannten 3G-Regel sicher. Das heißt: Alle Teilnehmenden müssen nachweisen, dass sie entweder negativ getestet, vollständig geimpft oder genesen sind. In diesem Fall können wir den Mindestabstand reduzieren – und mehr Plätze belegen.

Das ist aber nur in Räumen mit sehr guten Belüftungsmöglichkeiten und in Kombination mit Maskenpflicht zulässig. Außerdem müssen wir solche „unterabständigen Veranstaltungen“ vorab beim Gesundheitsamt anmelden.

Wie umfangreich wird Uni Hohenheim von dieser Möglichkeit Gebrauch machen?

Scheffer: In einem ersten Schritt prüfen wir im Moment, welche Hörsäle die Voraussetzung dafür erfüllen.

Dazu führt die Fachkraft für Arbeitssicherheit in vielen Hörsälen CO2-Messungen durch. Das heißt: Die Räume werden zuerst vollständig mit CO2-Gas gefüllt. Anschließend werden Fenster geöffnet bzw. die Lüftungsanlage eingeschaltet und es wird gemessen, wie schnell der CO2-Anteil in der Luft sinkt.

So können wir sehr zuverlässige Angaben zur Qualität der Belüftungsmöglichkeiten machen.

Parallel dazu werden in den Räumen CO2-Sensoren installiert, die als technische Unterstützung im Alltag dienen sollen. Sie messen den Anteil der verbrauchten Atemluft und geben ein Signal, wenn wieder Zeit zu lüften ist. In Hörsälen mit Belüftungsanlage stellen die Sensoren lediglich eine zusätzliche Kontrolle dar.

Wird die Uni dann für alle Hörsälen mit guter Belüftung eine Herabsetzung des Mindestabstands beantragen?

Huber: Leider ist das nicht möglich. Denn wir müssen weiterhin auch in allen Veranstaltungen die Kontaktdaten aller Teilnehmenden erfassen. In Veranstaltungen mit mehreren hundert Teilnehmern ist das jedoch extrem aufwändig und langwierig, insbesondere in Kombination mit der 3G-Kontrolle, weshalb wir uns gegen sehr große Veranstaltungen entschieden haben. Aus diesem Grund werden wir z.B. im Audimax trotz hervorragender Lüftungsanlage wohl bei den 1,5 m-Abstand bleiben.

Scheffer: Eine der offenen Fragen ist im Moment auch noch, wie genau die 3G-Kontrolle erfolgen muss. Wir setzen uns beim Land für eine Stichproben-Lösung ein. Das würde den Aufwand natürlich erheblich reduzieren – und wir könnten entsprechen auch in mehr Hörsälen den Mindestabstand herabsetzen.

Natürlich müssten die Stichproben ausreichend streng gefasst und nach wissenschaftlichen Kriterien erhoben werden. Glücklicherweise können wir bei diesen Fragen auf hochkarätige Expertise im eigenen Haus zurückgreifen. Prof. Dr. Hans-Peter Piepho vom Fachgebiet Biostatistik unterstützt uns aktuell beim Erstellen eines Konzepts.

Das Land hat zugesagt, unsere Vorschläge zu prüfen. Denkbar wäre die Umsetzung möglicherweise im Rahmen eines Modellprojekts, das später vielleicht auch für andere Veranstaltungen im Kulturbereich übertragen werden könnte.

Das Rektorat hat beschlossen, dass in allen Lehrveranstaltungen 3G-Pflicht gilt. Laut Corona-Verordnung ist das aber doch eigentlich nur bei Veranstaltungen mit geringerem Mindestabstand vorgeschrieben, oder?

Huber: Ja, allerdings ist uns wichtig, dass wir in diesem Punkt eine einheitliche Regel für alle Veranstaltungen haben und wir keinen unübersichtlichen Flickenteppich bekommen. Wenn für jede Lehrveranstaltung andere Zugangsbedingungen gelten, lässt sich das Studierenden und Lehrenden nur schwer vermitteln.

Außerdem ist nicht ausgeschlossen, dass die Politik die Vorgaben bzgl. des 3G-Nachweises wieder verschärft, wenn die Fallzahlen weiter steigen. Wir möchten die Regelungen in Hohenheim aber so robust gestalten, dass wir möglichst wenig nachjustieren müssen. Dafür hat sich auch der Senat ausgesprochen.

Praktisch heißt das also: Die 3G-Pflicht gilt in allen Lehrveranstaltungen. Aber in Veranstaltungen mit 1,5 m-Mindestabstand müssen wir nicht systematisch kontrollieren.

Wie könnte der 3G-Nachweis für Studierende und Lehrende ganz konkret ablaufen?

Huber: Auch hier warten wir noch auf Entscheidungen der Politik.

Unsere favorisierte Option wäre eine zentrale Validierungsstation auf dem Campus, die z.B. so etwas wie grüne Karten mit Ablaufdatum verteilt, die dann bei Kontrollen einfach vorgezeigt werden können.

Scheffer: Laut Corona-Verordnung sind zwei Tests pro Woche ausreichend. Bei Geimpften oder Genesen könnte das Ablauflaufdatum der grünen Karten theoretisch noch weiter nach hinten gesetzt werden. Allerdings berührt das auch Datenschutzfragen, da je nach Ablaufdatum möglicherweise Rückschlüsse über den Impfstatus möglich sind.

Aus Sicht der Uni-Leitung und auch der anderen Universitäten wäre das im Hinblick auf die momentane Situation jedoch vertretbar. Denn dieses einfache Verfahren würde uns erhebliche Kosten sparen und ermöglichen, mehr Präsenzlehre für unsere Studierenden anzubieten. Diese Abwägung muss jedoch das Land treffen. Das Wissenschaftsministerium spricht zu diesem Zweck intensiv mit dem Landesdatenschutzbeauftragten und das Land erwägt entsprechende Regelungen.

Auch eine zentrale Teststation auf dem Campus ist geplant?


Scheffer: Ja, die Apotheke an der Garbe wird im Euroforum eine Schnelltest-Station einrichten. Ministerin Bauer hat jedoch schon darauf hingewiesen, dass Bürgertests im Herbst voraussichtlich nicht mehr kostenlos sein werden.

Wer regelmäßige Tests vermeiden will, sollte also dringend eine Impfung in Betracht ziehen. Jede geimpfte Person trägt zu noch mehr Sicherheit und einfacheren Abläufen auf dem Campus bei. Deshalb beteiligen wir uns auf unserem Instagram-Kanal aktuell z.B. auch an der Kampagne „Gemeinsam fürs Impfen“.

Können Sie abschätzen, wie viele Studierende bereits geimpft sind?

Scheffer: Die Univerwaltung darf die Studierenden aus Datenschutzgründen dazu nicht befragen. Anders sieht das bei wissenschaftlichen Studien aus, bei denen Anonymität gewährleistet ist.

Das Fachgebiet Ernährungspsychologie hat im Zuge einer aktuellen ernährungswissenschaftlichen Befragung eine Zusatz-Frage zum Impfstatus mit aufgenommen. Gut 850 Studierende der Uni Hohenheim haben sich bis Ende Juli daran beteiligt. Dabei gaben gut 45% an, vollständig geimpft zu sein, und ein weiteres Drittel hat eine Erstimpfung erhalten. Lediglich jeder Fünfte berichtet, bisher noch keinen Impftermin wahrgenommen zu haben.

Bei den Daten handelt es sich noch um ein Zwischenergebnis. Die Zahlen decken sich jedoch in etwa mit vergleichbaren Erhebungen an anderen Unis.

Wird es im Wintersemester weiterhin die Möglichkeit geben, das Studium komplett online zu bestreiten?

Huber: Anders als bisher liegt unser Fokus im Wintersemester ganz klar auf der Lehre in Präsenz. Das kann allerdings z.B. bedeuten, dass man bei hybriden Vorlesungen einen Teil im Hörsaal verfolgt, aber einen Teil auch online.

Eine reines Online-Semester ist zwar prinzipiell möglich. Wer sich dafür entscheidet, muss unter Umständen jedoch mit einer eingeschränkten Anzahl von Möglichkeiten im Wahlpflicht- bzw. Wahlmodulbereich rechnen und bekommt auch im Pflichtbereich weitgehend nur asynchrone begleitende Unterlagen zur Verfügung gestellt.

Es gibt auch keine Garantie, dass jede gewünschte Veranstaltung rein digital belegt werden kann. Für internationale Studierende, die nicht einreisen dürfen, soll aber sichergestellt werden, dass sie weiterstudieren können.

Generell möchte ich die Studierenden ausdrücklich dazu ermuntern, die Präsenzangebote wahrzunehmen. Denn nur auf dem Campus kann man alle Facetten, die zu einem Studium gehören, wirklich erleben.

Auch den Lehrenden wird das geplante Hybrid-Modell eine Menge abverlangen. Welche Unterstützung gibt es für sie?

Scheffer: Die Institute erhalten für das Wintersemester zusätzliche Mittel, die je nach Bedarf flexibel eingesetzt werden können, z.B. für neue Medientechnik wie Funkmikrofone oder für zusätzliche Hiwis, die als Hörsaalassistenzen z.B. beim Lüften und bei der Technik helfen oder bei der Bereitstellung von Online-Materialien.

Die Kontrolle des 3G-Nachweises erfolgt generell zentral und muss nicht von den Lehrenden organisiert werden.

Huber: Unterstützung bei der didaktischen Gestaltung von Hybrid-Veranstaltungen und digitalen Elemente bietet weiterhin die Arbeitsstelle Hochschuldidaktik. Dem KIM danke ich für die hervorragende technische Hilfestellung. Hier werden auch die Hörsaalassistenzen geschult, die Technik für die hybride Lehre sicher einzusetzen. Lehrende finden außerdem Unterstützung über die Seite „Schnell digital“.

Ich selbst versuche die Lehrenden weiterhin so zeitnah wie möglich über alle Entwicklungen zu informieren und stehe immer bereit, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, wenn Probleme auftreten.

Wir werden berichten, vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Leonhardmair


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