Erdbeerduft aus Biogas:
Moderne Anlagen sollen Strom, Wärme & Chemikalien liefern [11.10.17]
Feine Aromen nach Apfel, Ananas oder Erdbeere: Diese chemischen Substanzen lassen sich aus Buttersäure herstellen. Buttersäure entsteht bisher meist in aufwändigen Verfahren. Biogasforscher der Uni Hohenheim möchten nun sie und weitere Säuren aus der Biomasse moderner Biogasanlagen gewinnen. Das Projekt Optigär wird mit rund 300.000 € von der Fachagentur nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördert und gehört damit zu den Schwergewichten der Forschung.
Biogas ist und bleibt der zentrale Wertstoff aus Biogasanlagen. Es entsteht in der Biomasse, dem sogenannten Biogassubtrat, während der Vergärung im Biogasreaktor.
Dabei entstehen als Zwischenprodukte aber auch andere Stoffe – darunter hochwertige organische Säuren. Diese wollen die Biogasforscher der Uni Hohenheim nun aus einer vorgeschalteten Stufe im Biogasprozess (sog. Hydrolysestufe) gewinnen und untersuchen, wie sie die Ausbeute steigern können.
Silierte Biomasse ist Ausgangsstoff für wertvolle organische Säuren
„Die Forschung und unsere praktischen Erfahrungen sind mittlerweile so weit, dass wir die Prozesse in der Anlage steuern und die Entstehung und Menge bestimmter organischer Säuren gezielt beeinflussen können“, erklärt Dr. Hans Oechsner von der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie der Uni Hohenheim.
Schwergewichte der Forschung |
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Als Schwergewichte der Forschung gelten an der Uni Hohenheim Forschungsprojekte ab 250.000 Euro Fördersumme für apparative Forschung bzw. 125.000 Euro für nicht-apparative Forschung. |
Die organischen Säuren gelten als sogenannte Plattformchemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen, weil sie herkömmliche Grundchemikalien ersetzen können, die aus fossilen Rohstoffen hergestellt sind. Milchsäure, die beispielsweise beim Silieren von Biomasse entsteht, kann als chemischer Grundbaustein zur Erzeugung von biologisch abbaubaren Kunstsoffen (Polymilchsäure) dienen.
Ein früheres, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Projekt (GOBi) untersuchte, wie die Ausbeute von Milchsäure erhöht werden kann.
Im Projekt „Optigär“ stehen andere Carbonsäuren im Fokus. Dazu gehört auch die Buttersäure. Aus ihr lassen sich Ester herstellen, die als fruchtige Duft- und Aromastoffe in der Lebensmittel-, Kosmetik- und Futtermittelindustrie dienen.
Ziel sind möglichst reine, hochwertige Säuren
„Die hochwertigen Säuren sind für die Entstehung des Biogases im Reaktor unerheblich“, erläutert Jörg Steinbrenner. Er betreut das Forschungsprojekt als Doktorrand an der Uni Hohenheim. „Wir können sie daher aus dem Prozess herausziehen und anderweitig nutzen.“
„Bei derzeitigem weitgehend unkontrolliertem Ablauf der Hydrolyse entstehen Säuren meist als Gemische. Durch Steuerung der Abläufe, Regelung von pH-Wert und Temperatur, Zugabe oder Förderung von Reinkulturen können mehr der erwünschten Stoffe gewonnen werden“, erklärt Steinbrenner. „Die Abtrennung der wertbringenden Säuren erfolgt über spezielle Membranen.“
Forschungsverbund Optigär |
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Das Forschungsvorhaben läuft von 1.9.2015 bis 31.8.2018. Die Fachagentur nachwachsende Rohstoffe (FNR) fördert es mit 297.503 €. |
Fazit Dr. Oechsner: „Wir setzen auf vergleichsweise einfache biochemische Verfahren mit nachwachsenden Rohstoffen. Sie sollen herkömmliche aufwändigere Verfahren der Buttersäureerzeugung mit fossilen Rohstoffen eines Tages nachhaltig ersetzen.“
Versuchsreaktor hilft Potenziale einzuschätzen
Derzeit bauen die Forscher im Labor eine Versuchsanlage auf. „Die ersten Vorversuche verliefen vielversprechend. Wir halten praktikable Lösungen für möglich“, so Dr. Oechsner. „Wir glauben, dass wir eine Säuregewinnung von 2% der Frischmasse des Biogassubstrats erreichen können. Bei 10-20 Tonnen Frischmasse pro Tag könnten wir so täglich 200 bis 400 Kilogramm hochwertige Säuren herausfiltern.“
Den Versuchen folgt eine Potenzialabschätzung, wie sich die Säuregewinnung ökonomisch rechnet und wie aus bioökonomischer Sicht die Ökobilanz ausfällt. Dafür zeichnet das European Institute for Energy Research (EIFER), Karlsruhe, verantwortlich.
Am Verbundforschungsprojekt beteiligt ist auch das Fraunhofer Institut für chemische Technologie (ICT), Pfinztal. Es steuert Trenntechnik mit Membranen bei. Die Fa. Lipp, Tannhausen, sorgt für Reaktorbehälter und Gastanks.
Text: Töpfer