Bio-Kerosin aus Gülle und Stroh [26.06.23]
Nachhaltige Kraftstoffe für Luft- und Schifffahrt aus landwirtschaftlichen Reststoffen erzeugen – und gleichzeitig sogar CO2 langfristig binden: Mit dieser Aufgabe beschäftigen sich Forschende im Verbundprojekt CIRCULAIR. Die Europäische Union (EU) finanziert das Vorhaben mit insgesamt 5,0 Mio. Euro. Davon erhält Gero Becker aus dem Team von Prof. Dr. Andrea Kruse vom Fachgebiet Konversionstechnologien nachwachsender Rohstoffe an der Universität Hohenheim etwas mehr als 580.000 Euro.
Damit Europa Klimaneutralität erreichen kann, werden große Mengen wirklich nachhaltiger Kraftstoffe benötigt. Sie müssen auch langfristig Lösungen für Verkehrssektoren bieten, in denen eine direkte Elektrifizierung nicht möglich ist. Eine gute Quelle dafür sind aus Sicht von Forschenden im Verbundprojekt CIRCULAIR die reichlich vorhandenen Reststoffe in der Landwirtschaft.
Um daraus kosteneffiziente Kraftstoffe für Luft- und Schifffahrt zu produzieren, entwickeln die Projektbeteiligten ein neuartiges Bioraffineriekonzept. Dabei wird Biomasse durch sogenannte hydrothermale Verflüssigung (HTL) in einen hochviskosen Teer umgewandelt, der ähnliche Eigenschaften aufweist wie Rohöl und entsprechend weiterverarbeitet werden kann. Notwendig sind dazu: Wasser, Temperaturen zwischen 280 – 370 °C sowie ein Druck von 100 – 250 bar. So kann ein breites Spektrum an organischen Rohstoffen in Kraftstoffe umgewandelt werden.
Ziel von CIRCULAIR ist es, die bestehenden Prozesse weiter zu optimieren, um Kohlenstoffverluste in der Prozesskette soweit wie möglich zu vermeiden. So wird beispielsweise die hydrothermale Verflüssigung mit der Erzeugung von grünem Wasserstoff verknüpft. Dadurch ist eine nahezu vollständige Nutzung der Biomasse möglich. Als Nebenprodukt fällt überwiegend Methanol an, das als Schiffskraftstoff oder als erneuerbare Grundchemikalie genutzt werden kann.
Mit der Verwendung weiterer Nebenprodukte, die als Feststoff anfallen, beschäftigt sich Gero Becker aus dem Team von Prof. Dr. Kruse an der Universität Hohenheim. Diese sogenannten Biokohlen können für technische Anwendungen und zur Bodenverbesserung in der Landwirtschaft genutzt werden. Auf diese Weise wird ein Teil des Kohlenstoffs sogar gebunden. Zusammen mit einer fast vollständigen Nutzung des anfallenden Kohlenstoffs entsteht so eine negative CO2-Bilanz.
Damit können durch das CIRCULAIR-Verfahren sowohl die Treibhausgasemissionen als auch die Luft- und Wasserverschmutzung reduziert werden, die aktuell noch durch die übliche Handhabung der Gülle entstehen. Weitere wertvolle Nebenprodukte, wie Methanol, Essigsäure und Kohlenstoffmaterialien, steigern darüber hinaus die Wertschöpfung der Prozesskette, sodass die gewonnenen Kraftstoffe und Materialien zu vergleichsweise günstigen Preisen auf dem Markt angeboten werden können.
Projekt-Steckbrief
- Titel: Circular fuel supply for air transport via negative emission HTL conversion - CIRCULAIR
- Fördersumme: 5,0 Mio. Euro gesamt, davon 586.493 Euro für die Universität Hohenheim
- Förderinstitution: Europäische Kommission im Rahmen des Programms „Horizon Europe“
- Projektdauer: 1.1.2023-31.12.2026
- Koordination: Bauhaus Luftfahrt e.V.
Projektbeteiligte: 10 Institutionen aus Wissenschaft und Industrie in 6 europäischen Ländern - Projektwebsite
Kontakt
M.Sc. Gero Becker, Universität Hohenheim, Fachgebiet Konversionstechnologien nachwachsender Rohstoffe, +49 (0)711 459 24785, gero.becker@uni-hohenheim.de
Prof. Dr. Andrea Kruse, Universität Hohenheim, Fachgebiet Konversionstechnologien nachwachsender Rohstoffe, +49 (0)711 459 24700, Andrea_Kruse@uni-hohenheim.de
Schwergewichte der Forschung
Als „Schwergewichte der Forschung“ gelten herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 350.000 Euro bei den Experimental- bzw. 150.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.