Hohenheimer Energiemanagerin im Interview  [17.02.21]

Bis 2040 sollen alle Einrichtungen des Landes klimaneutral werden. Doch ist dieses Ziel für die Uni Hohenheim zu schaffen? Und was tut sich eigentlich im Moment? Anlässlich des Hohenheimer Monatsthema „Klimawandel“ im Wissenschaftsjahr 20|21 Bioökonomie hat der Online-Kurier mit Sabrina Gärtner einen virtuellen Kaffee getrunken. Frisch von der Uni unterstützt sie die Abteilung Technik und Gebäude der Uni Hohenheim seit 1. Juli 2020 als Energiemanagerin.

 

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Frau Gärtner, wie ist Ihr fachlicher Hintergrund? Und wie war der Einstieg in Corona-Zeiten?

Ich habe an der Hochschule Reutlingen den Master Dezentrale Energiesysteme und Energieeffizienz studiert. Genau einen Tag nach Abgabe meiner Masterarbeit konnte ich gleich meine Stelle hier in Hohenheim antreten. Ein fließender Übergang also – darüber war ich gerade angesichts der aktuellen Situation natürlich sehr froh.

Den Hohenheimer Campus kenne ich aufgrund von Corona bisher leider nur ohne Studierende. Das ist schon ein etwas merkwürdiges Gefühl – besonders, wenn man Fotos aus vergangenen Jahren betrachtet, wo hier das große Uni-Jubiläum und tolle Sommer-Feste gefeiert wurden. Ich freue mich jedenfalls, wenn wieder Leben auf dem Campus einkehrt und ich noch mehr Menschen persönlich kennenlerne.

Meine Einarbeitung in der Abteilung Technik und Gebäude hat allerdings auch unter Corona-Bedingungen sehr gut funktioniert. Mein Dank gilt hier u.a. meinem Vorgänger Herrn Geisler, der mich noch ein halbes Jahr begleitet hat. Es macht mir großen Spaß, dass ich mein theoretisches Wissen aus dem Studium jetzt ganz praktisch anwenden kann. Die Uni Hohenheim hat auch eine tolle Größe: Vielfältig, aber dennoch überschaubar und persönlich.

Was genau sind denn Ihre Aufgaben als Energiemanagerin?

Kurz zusammengefasst beschäftigt sich das Energiemanagement mit der Beschaffung und der Nutzung von Energie.

Dazu gehört u.a. das Energie-Controlling, also die Dokumentation, wieviel Strom und Gas in einzelnen Gebäuden genau verbraucht wird. Gleichzeitig versuche ich Optimierungspotenziale ausfindig zu machen und konkrete Maßnahmen anzustoßen. Darüber hinaus kümmere ich mich neben vielfältige Arten von Abrechnungen auch darum, dass die neuesten rechtlichen und steuerlichen Vorgaben eingehalten werden. Da sich die Rechtslage sehr schnell ändert, wollen wir uns hierzu auch externe Unterstützung holen.

Über das Energiemanagement im engen Sinn hinaus, sind meiner Stelle auch Nachhaltigkeitsthemen im Allgemeinen zugeordnet. Besonders wichtig ist mir hier die Kommunikation mit den Beschäftigten und Studierenden. Ich bin offen für alle Arten von Ideen. Und ich möchte gerne dafür sensibilisieren, wie wir alle durch unser tägliches Verhalten auf dem Campus dazu beitragen können, Energie zu sparen und die Uni zu einer nachhaltigen Einrichtung zu machen.

Kontakt

Sabrina Gärtner

Abteilung Technik und Gebäude (AT)
Energiemanagement
0711 459 23006
E-Mail

Die Landesregierung hat das Ziel angegeben, dass alle Landes-Einrichtungen bis 2040 klimaneutral sein sollen, also auch wir als Universität. Was schätzen Sie: Können wir das schaffen?

Das Land möchte eine Vorbildfunktion übernehmen. Das finde ich richtig und motivierend. Um das ausgegebene Ziel zu erreichen, muss allerdings schon noch eine Menge passieren.

Notwendig sind vor allem bauliche Maßnahmen. Dafür sind wir als Universität ja nicht unmittelbar zuständig, sondern das Landesamt für Vermögen und Bau. Tatsächlich haben die Vorgaben der Landesregierung aber dazu geführt, dass dort ein immer stärkerer Fokus auf den Aspekt Energie und Nachhaltigkeit gelegt wird. Dies unterstützen wir seitens der Uni.

Beispielsweise wurde auf dem Neubau der Landesanstalt für Bienenkunde letztes Jahr eine neue Photovoltaik-Anlage in Betrieb genommen, die jährlich etwa 16.500 Kilowattstunden Strom produziert. Das entspricht in etwa einem jährlichen Stromverbrauch von drei 4-Personen-Haushalten. Auch ansonsten entspricht der Neubau modernsten energetischen Standards.

Die erste Photovoltaik-Anlage auf dem Campus ging übrigens 2017 auf dem Otto-Rettenmaier-Audimax in Betrieb. Und auch in allen weiteren größeren Neubauten, die in den kommenden Jahren geplant sind, soll Sonnenergie durch eigene PV-Anlagen genutzt werden.

Was tut sich ansonsten?


Der bislang wichtigste Meilenstein war der Umstieg auf Öko-Strom im Jahr 2011 – wodurch die Uni ihre CO2-Emissionen auf einen Schlag um rund 50 % reduzieren konnte.

Außerdem erwähnenswert ist die Installation eines Blockheizkraftwerks 2012, das mit Erdgas Strom erzeugt. Die Wärme, die als Nebenprodukt entsteht, wird zum Heizen und für Warmwasser genutzt. Clever war damals auch die Finanzierung: Dank Energiespar-Contracting musste die Uni für das Blockheizkraftwerk kein Geld in die Hand nehmen, sondern konnte es allein durch Energiesparmaßnahmen auf dem Campus finanzieren.

An dieses erfolgreiche Beispiel will die Uni in Zukunft anknüpfen. Die Planungen für ein zweites Blockheizkraft auf dem Campus sind bereits angelaufen.

Welche Themen beschäftigten Sie als Energiemanagerin im Moment besonders?

Eines der Projekte, das mich auf Trab hält, ist die Erstellung von Energieausweisen für sämtliche Gebäude auf dem Campus – eine gesetzliche Vorgabe, vergleichbar etwa mit den Energie-Labeln für Kühlschränke, bei denen man auf einen Blick sehen kann wie energieeffizient das Gerät ist.

Für Gebäude ist das Ganze natürlich etwas komplexer. Insbesondere, weil es sich bei den Campus-Gebäuden ja nicht um einfache Wohngebäude handelt. Berücksichtigt werden dabei Heizung, Warmwasser, Strom, Beleuchtung, Lüftung und Kühlung. Das Ganze wird, vereinfacht gesagt, mit Referenzwerten von vergleichbaren Gebäuden abgeglichen und so entsteht eine Bewertung.

Eine praktische Herausforderung dabei sind unsere Zähler, die zum Teil schon sehr in die Jahre gekommen sind. Bisher funktionieren nur wenige digital. Das heißt: Es ist zumeist eine Ablesung vor Ort erforderlich. Ein Projekt für die nächsten Jahre sehe ich darin, die Digitalisierung hier voranzutreiben. Damit könnten wir viel Zeit für andere Dinge sparen.

Insgesamt lohnt sich die Mühe der Dokumentation aber definitiv: Denn nur, wenn wir Schwachstellen kennen, können wir gezielt etwas unternehmen – z. B. die Prioritäten für Sanierungen entsprechend festlegen.

Ein weiteres Projekt sehe ich darin, solche und andere Informationen besser aufzubereiten, z. B. im Rahmen eines jährlichen Energieberichts oder auch auf der Homepage. Ich halte das für wichtig, um die Uni-Angehörigen auf dem Weg zur klimaneutralen Uni mitzunehmen.

Sie haben vorhin das Stichwort „Nutzersensibilisierung“ angesprochen. Was ist Ihnen in diesem Zusammenhang wichtig?

Während meines Studiums habe ich bei einer Firma gearbeitet, die Bewohner und Beschäftigte in Alten- und Pflegeheimen für das Thema Energiesparen sensibilisiert hat. Das war für mich ein großes Aha-Erlebnis: Denn es hat mir gezeigt, wie viel mit sehr geringen Investitionen erreicht werden kann.

Oder anders formuliert: Wenn Gebäuden für teures Geld saniert werden, wir an anderen Stellen aber Energie unachtsam verschwenden, sind wir noch lange keine nachhaltige Einrichtung.

Welche Punkte sollten wir uns im Uni-Alltag also zu Herzen nehmen?

Ein wichtiger Punkt betrifft das Lüften: Statt Fenster in der kalten Jahreszeit längere Zeit gekippt zu halten, empfiehlt es sich, kurz komplett aufzumachen und dabei die Heizung herunterzudrehen. Vor dem Gang zur Mensa oder zur Toilette sollten man daran denken, den Bildschirm auszuschalten und das Licht zu löschen. Zusätzlich könnte uns hier noch die Installation von Bewegungsmeldern in den Gängen helfen.

Oder etwas weitergedacht: Kann ich nicht vielleicht auf meinen Einwegbecher in der Mensa verzichten und stattdessen einen eigenen Mehrwegbecher mitbringen? Wie wäre es, häufiger mal auf fleischlose Gerichte zurückzugreifen, die eine bessere Klimabilanz aufweisen? Schaffe ich es, auch an der Uni meinen Müll sauber zu trennen, selbst wenn ich dafür ein paar zusätzliche Schritte gehen muss? Oder kann ich es mir als persönliche Herausforderung eventuell sogar vornehmen, Plastikverpackungen aller Art so weit als möglich zu vermeiden?

Begeistert bin ich von dem tollen studentischen Engagement, das es hier an der Uni zum Thema gibt. Beispielsweise benutzten wir Aufkleber der studentischen Gruppe Greening Hohenheim, u.a. um an das Ausschalten der Lichtschalter zu erinnern. In den letzten Jahren gab es auch immer wieder Campusputz-Aktionen, bei denen Studierende mit Zangen Müll und Zigarettenstummel aufgelesen haben.

Das AStA-Umweltreferat spricht sich für noch mehr Vernetzung aus. Die Vision der Studierenden ist ein „Green Office“, das alle Nachhaltigkeits-Initiativen bündelt und Studierenden, Verwaltungseinrichtungen und die Wissenschaft zusammenbringt. Was halten Sie von der Idee?

Von dem Modell „Green Office“ habe ich durch die Studierenden hier in Hohenheim zum ersten Mal gehört. Den Grundgedanken dabei finde ich spannend. Wir sollten auf jeden Fall alle an einem Strang ziehen und uns noch besser austauschen. Auch die Studierenden sind dabei sehr wichtig. Das Thema Nachhaltigkeit sollte an der Uni noch besser sichtbar sein und insgesamt eine hohe Priorität haben. Sicherlich gibt es verschiedene Wege, dieses Ziel zu erreichen. Einen Austausch darüber, wie uns das als gesamte Universität am besten gelingt, halte ich deshalb für sinnvoll.

Wir werden berichten, vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Leonhardmair


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