Impressionen: G7-Konferenz an der Uni Hohenheim  [15.05.22]

Zwei außergewöhnliche Tage, die in Erinnerung bleiben: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir empfing seine Amtskolleg:innen der G7-Staaten und der Ukraine am vergangenen Freitag im Hohenheimer Schloss, um über die globale Ernährungssicherung in Zeiten des Krieges und Wege zu nachhaltigen Ernährungssystemen zu sprechen. Am Samstag wurde die Konferenz aus Sicherheitsgründen überraschend an einem anderen Ort fortgesetzt. Für die Uni Hohenheim gab es dennoch ausreichend Gelegenheit, sich als Deutschlands Nr. 1 in Sachen Agrarforschung und Food Science zu präsentieren. Der Online-Kurier hat Fotos und Eindrücke des Wochenendes zusammengestellt.


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Die große Verwandlung beginnt bereits am Donnerstagvormittag: Emsige Aufbauhelfer:innen entrollen einen blauen Teppich vor dem Südeingang des Schlosses, platzieren große Pflanztöpfe und verkleiden die Säulen unter dem Balkon mit G7-Bannern für die perfekte Fotokulisse zum Empfang der Minister:innen.

Auch der Rektor hat sein Büro geräumt, damit die barocken Prunksäle zu G7-Konferenzräumen umgestaltet werden können. Nicht fehlen dürfen dabei natürlich die Flaggen von Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, den Vereinigten Staaten, Deutschland und der Ukraine, die den Weg in den 1. Stock säumen. Im Innenhof des Schlosses werden unterdessen Zelte für Presse und Catering aufgebaut.

B1 Erinnerungsfoto

Erinnerungsfoto vor Schlosskulisse. Bild: Uni Hohenheim / Jan Winkler

Empfang vorm Schloss

Das Bundeskriminalamt koordiniert die Nachtwache zum Freitag. Alles bleibt ruhig. Allerdings gibt ein nächtlicher Hubschraubereinsatz den Stuttgarter:innen Rätsel auf. Schließlich klären die Stuttgarter Nachrichten auf: Es handelt sich um eine Sicherheitsmaßnahme für ein informelles Abendessen der bereits angereisten Konferenzteilnehmer:innen mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Während sich die regulären „Schlossbewohner“ am Freitagvormittag ins Home-Office zurückgezogen haben, steigt auf dem Campus gegen 11 Uhr die Spannung: Eine Wagenkolonne rollt im Park bis zum Südeingang des Schlosses vor, wo Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir seine G7-Amtskollegen sowie den ukrainischen Landwirtschaftsminister Mykola Solskyi und Vertreter:innen von EU, FAO und OECD persönlich in Empfang nimmt.

Interviews und Demonstrationen


Die Uni Hohenheim teilt Live-Impressionen über die sozialen Medien und lässt in der Instagram-Story u.a. auch Demonstrierende zu Wort kommen. Während sich die Tierschutzorganisation PETA für eine Landwirtschaft ohne Tierhaltung einsetzt, betont die Interessensorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe in Deutschland, dass diese notwendig sei, um auch Reststoffe der Lebensmittelherstellung sinnvoll zu verwenden.

Viele Hohenheimer Forschende stehen zeitgleich als Expert:innen für Medien zur Verfügung, um Hintergründe der G7-Konferenz unabhängig einzuordnen, zu sehen u.a. im ZDF (Prof. Dr. Hess), SWR (Prof. Dr. Vögele) oder BR (Prof. Dr. Wieck). Viele Zeitungen greifen u.a. ein dpa-Interview über den Anstieg der Getreidepreise auf (Prof Dr. Hess).

Prof. Dr. Ralph Vögele, der Dekan der Fakultät Agrarwissenschaft, kommentiert für die Universität Hohenheim auch über die sozialen Medien:

Campus-Exkursion

Während die Auftaktdiskussion der Agrarminister:innen im Balkonsaal läuft, herrscht auch nebenan in der Aula reges Treiben: Simultan-Übersetzer:innen haben ihren Arbeitsplatz in Multimedia-Kabinen bezogen und lotsen live durch die Sprachenvielfalt der Konferenz.

Nach Flying-Lunch im Tannenzapfen-Foyer mit Catering der Speisemeisterei dürften die internationalen Gäste erstmal draußen im Grünen durchatmen: Uni-Rektor Prof. Dr. Stephan Dabbert lädt zum Erinnerungsfoto vor der Schlosskulisse und begleitet einen Spaziergang durch die Hohenheimer Gärten von der Plieninger Aussicht über die Heilpflanzengärten zum Spielhaus.

Bild: Monarchfalter

Ein Forschungsprojekt mit Monarchfaltern fasziniert die internationalen Gäste. Bild: Uni Hohenheim / Winkler

Danach geht die Campus-Exkursion am Heidfeldhof und am Phytotechnikum weiter, wo sich die Uni Hohenheim mit aktueller Forschung zu Landwirtschaft 4.0, digitalen Wertschöpfungsketten, Bioökonomie und Biodiversität als Deutschlands Nr. 1 im Bereich Agrarwissenschaften und Food Sciences präsentiert.

Zum Hingucker werden dabei u.a. ein Feldroboter, Monarchfalter im Forschungsgewächshaus und ein Modell der Hohenheimer Forschungs-Bioraffinerie. Eine Portion Hohenheimer Honig-Eis versüßt den Agrarminister:innen schließlich den Ausklang des ersten Konferenztages.

Özdemir zeigt sich beeindruckt

Cem Özdemir zeigt sich nicht nur vor Ort beeindruckt, sondern ist auch in einem SWR-Interview voll des Lobs. Gefragt, warum er Stuttgart als Tagungsort ausgewählt habe, antwortet der Bundeslandwirtschaftsminister:

„Hier ist eine der angesehensten Hochschulen, die wir haben, nicht nur in Deutschland, sondern auch in ganz Europa: Die Universität Hohenheim.“ Hier werden aus seiner Sicht „genau die Zukunftsthemen“ erforscht und gelehrt, die für eine nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft notwendig seien. Durch den Besuch an der Universität Hohenheim wolle er seinen Amtskolleg:innen zeigen: „wie gut wir da in Deutschland – und hier vor allem – aufgestellt sind.“

Traktoren als Sicherheitsrisiko?


Am Samstag soll im Schloss der zweite Teil der Konferenz stattfinden. Doch es kommt anders: Kurz vor dem erwarteten Eintreffen der Minister:innen erfährt die Universität, dass der Tagungsort aus Sicherheitsgründen verlegt wird. Auf einer Pressekonferenz im Waldhotel wird der Bundeslandwirtschaftsminister später u.a. die erwarteten Demonstrationen als Grund dafür benennen.

Bild: Demo

Das G7-Agrarministertreffen ruft auch Kritiker auf den Plan: Landwirte demonstrieren u.a. für ein Verkaufsverbot von Lebensmittel unter Produktionspreis. Bild: Uni Hohenheim

Tatsächlich hat sich am Samstagmorgen ein Konvoi aus rund 20 Traktoren von Vaihingen Enz auf den Weg nach Hohenheim gemacht – und sich in der Fruwirthstraße nördlich des Schlosses positioniert. Ein Sicherheitsrisiko für die Konferenz mag vor Ort allerdings kaum jemand in den demonstrierenden Landwirten erkennen. Entsprechend groß die Verwunderung über die spontane Planänderung.

Die Forderung der Landwirte „Sprecht mit uns statt über uns!“ – z.B. über ein Verkaufsverbot von Lebensmittel unter Produktionspreis oder eine transparente Herkunftsbezeichnung – verhallt zumindest an diesem Samstag ungehört.

Abschluss-Kommuniqué im Zeichen der Ernährungssicherheit

Hauptthema der Konferenz ist die globale Lebensmittelkrise, die durch den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine ausgelöst wurde. Die Agrarminister:innen machen dazu in einem Abschluss-
Kommuniqué klar: Die G7-Staaten stehen an der Seite der Ukraine und werden alles daransetzen, dass Ernten sicher eingebracht und exportiert werden können.

„Wir haben uns außerdem dazu verpflichtet, die Märkte zu stabilisieren. Es darf keine übermäßige Lagerhaltung von Agrarprodukten in einzelnen Ländern geben – das ist unsolidarisch und führt zu weiteren Preissteigerungen“, so Özdemir. „Wir sprechen uns gegen Exportstopps aus und rufen dazu auf, die Märkte offen zu halten. Mit Sorge haben wir heute auch diskutiert, dass einige Länder einen Exportstopp bei Weizen oder Palmöl verhängt haben. Wir appellieren an alle Länder, ihrer Verantwortung gerecht zu werden.“

Weitere Themen der Konferenz waren u.a. nachhaltige globale Agrarlieferketten, Chancen und Risiken neuer Ansätze in der Landwirtschaft, wie Humusaufbau mit Kohlenstoffspeicherung, die weitere Verbreitung von Antibiotikaresistenzen und die Stärkung von zwischenstaatlichen Multi-Stakeholder-Plattformen wie dem Welternährungsausschuss (CFS).

Internationale Journalisten haben bei der anschließenden Pressekonferenz Gelegenheit, mehr über die Ergebnisse der Diskussion zu erfahren. Unter anderem sind Nachrichtenagenturen aus Japan, den USA und Deutschland sowie ARD, ZDF und der SWR vor Ort.

Text: Leonhardmair

Impressionen vom Wochenende


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