420.000 Euro für Forschungs-Freiraum  [16.05.22]

Den Rücken freihalten für große Forschungsvorhaben: das will die Gips-Schüle-Stiftung mit ihrer Auszeichnung „Freiräume für die Forschung“. Seit 2016 ermöglicht das Preisgeld in Höhe von jeweils 150.000 Euro jedes Jahr Wissenschaftler:innen der Uni Hohenheim, sich ganz der Entwicklung neuer Forschungsprojekte zu widmen. Im Jahr 2021 beeindruckten die eingereichten Projekte die Jury so sehr, dass der Preis gleich zweimal vergeben und um einen mit 120.000 Euro dotierten Sonderpreis „Gips-Schüle Special Award Wirtschaftswissenschaften 2021“ erweitert wurde. Am 13. Mai 2022 wurden die Preise feierlich in der Plieninger Zehntscheuer verliehen. In diesem Jahr fand die Ehrung plangemäß zum letzten Mal statt.

 

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Gleich drei Auszeichnungen konnte Stiftungsvorstand Dr. Stefan Hofmann vergeben: An den Nutztierwissenschaftler Prof. Dr. Markus Rodehutscord, den Pflanzenphysiologen Prof. Dr. Andreas Schaller zusammen mit dem Landschaftsökologen Prof. Dr. Frank Schurr sowie den Sonderpreis an die beiden Ökonominnen Prof. Dr. Nadja Dwenger und Prof. Dr. Sibylle Lehmann-Hasemeyer.

Gips-Schüle-Magazin


Der „Gips-Schüle Award – Freiräume für die Forschung“ hat sich in den vergangenen Jahren als besonders geeignet erwiesen, um forschungsstarke Initiativen an der Uni Hohenheim zu fördern. „Damit hat er als Initialzündung für strategisch bedeutende Verbundaktivitäten gewirkt“, sagte Rektor Prof. Dr. Stephan Dabbert bei der Preisverleihung und verwies auf die durch die Auszeichnung ermöglichte Einwerbung eines ERC-Synergy Grants durch Prof. Dr. Waltraud Schulze, der Preisträgerin von 2018.

„Dieses Jahr hatte die Jury ein wahres Luxusproblem“, so der Rektor weiter. „Denn die beiden Bewerbungen von Prof. Dr. Rodehutscord und vom Team Prof. Dr. Schaller und Prof. Dr. Schurr stammen von exzellenten Wissenschaftlern. Eine Förderung ihrer Vorhaben ist insbesondere auch hinsichtlich der Exzellenzstrategie von großer gesamtuniversitärer Bedeutung. Deshalb hat die Universität Hohenheim 2021 eine Doppelvergabe durch eine Aufstockung der Preissumme um 150.000 Euro ermöglicht.“

Auszeichnung ermöglicht maximale Freiheit für Forschungsanträge

Nach fünf Preisverleihungen wurde die Auszeichnung „Freiräume für die Forschung“ der Gips-Schüle-Stiftung jetzt wie geplant zum letzten Mal vergeben. „Das Know-how der Forschenden an den Universitäten Baden-Württembergs ist ein riesiger Schatz, den es zu heben gilt. Mit diesem Programm wollten wir besonders aussichtsreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern maximale Freiheit bei der Umsetzung ihrer Forschungsvorhaben ermöglichen“, so Dr. Hofmann.

Das Besondere daran: „Die mit der Auszeichnung verbundene Fördersumme von je 150.000 Euro ist bewusst nicht zweckgebunden“, betonte er. „Die Geehrten sollen frei entscheiden, wie sie das Geld am sinnvollsten einsetzen – zum Beispiel um sich für die Vorbereitung großer Forschungsprojekte in ihren Lehraufgaben vertreten zu lassen oder zusätzliches Personal einzustellen.“

„Mit dem Erhalt der Auszeichnung geben die Preisträgerinnen und Preisträger auch ein Versprechen“, erklärte Prof. Dr. Julia Fritz-Steuber, Prorektorin für Forschung und Mitglied der Jury. „Denn mit der Verleihung des Preises ist die Erwartung verbunden, dass die geschaffenen Freiräume genutzt werden, um ein herausragendes Forschungsprojekt zu beantragen – beispielsweise ein ERC Grant, ein DFG-Sonderforschungsbereich oder ein Exzellenzcluster.“

Nährstofftransformation in agrarbiologischen Prozessen im Fokus

Gleich mehrere Projekte möchte Prof. Dr. Rodehutscord, Leiter des Fachgebietes Tierernährung, anstoßen. Der Forschungsschwerpunkt seines Fachgebietes liegt auf der Effizienz der Nährstofftransformation von Tieren und ist eng mit der Arbeit von mikrobiologisch, genomisch und physiologisch orientierten Fachgebieten verzahnt.

Sein Ziel ist diesen Schwerpunkt in einen erweiterten Kontext zu stellen und weitere Disziplinen der Universität zur Mitwirkung in einem Clusterantrag zu gewinnen und zusammenzuführen. Insbesondere in den Fakultäten Agrar- und Naturwissenschaften gebe es ein großes Potenzial für die Bündelung methodischer Stärken in innovative Verbünde, meint Rodehutscord. Darüber hinaus möchte er das Preisgeld nutzen, um ein Graduiertenkolleg mit einer kanadischen Universität anzubahnen.

Gips-Schüle-Stiftung

Die Gips-Schüle-Stiftung fördert Forschung, Nachwuchs und Lehre in Baden-Württemberg. Ihr Fokus liegt auf den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) sowie auf interdisziplinären Projekten. Sie finanziert Stiftungsprofessuren, vergibt Stipendien, unterstützt Studienbotschafter:innen und Projekte zur Aus- und -fortbildung von Lehrkräften. Infos


„Wie erfolgreich er große interdisziplinäre Forschungsverbünde initiieren und koordinieren kann, hat Prof. Dr. Rodehutscord schon in vielen Projekten bewiesen“, betonte der Rektor. Dazu gehört das Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research (HoLMiR), das 2024 in Betrieb genommen werden soll und sich mit den Wechselwirkungen zwischen Nutztieren und ihren Mikroorganismen, insbesondere im Verdauungstrakt, beschäftigen wird. „Die angestrebten Kooperationen wären äußerst passende Projekte, um diese strategisch wichtigen Gebäude und Labore nach der Fertigstellung mit wissenschaftlichem Leben zu füllen“, unterstreicht Dabbert.

Biologische Vielfalt: Wechselspiel von Pflanzen und Insekten

Verstehen wie biologische Vielfalt entsteht und erhalten wird, aber auch wodurch sie verschwindet: das ist der Grundgedanke bei den geplanten Forschungsprojekten von Prof. Dr. Schaller, Leiter des Fachgebietes Physiologie und Biochemie der Pflanze, und Prof. Dr. Schurr, Leiter des Fachgebietes Landschaftsökologie und Vegetationskunde. Sie möchten das Preisgeld für die Umsetzung erster Projekte verwenden, die letztendlich zur Beantragung eines eigenen Sonderforschungsbereiches (SFB) führen sollen.

Forschungsgebiet von Schaller sind die Abwehrmechanismen von Pflanzen gegen pflanzenfressende Insekten: „Um sich vor ihnen schützen, können Pflanzen schlecht schmeckende Substanzen entwickeln, aber auch solche, die den Stoffwechsel des Tieres beeinflussen oder giftig sind. Im Laufe der Evolution haben die Insekten darauf ihre eigenen Antworten entwickelt.“ Co-Preisträger Schurr erklärt weiter: „Für uns sind nicht nur Veränderungen einzelner Arten spannend, sondern auch Veränderungen ganzer Artengemeinschaften und Ökosysteme. Je besser wir diese Veränderungen verstehen, desto eher können wir voraussagen, wie sich Pflanzen und Insekten wohl in Zukunft weiterentwickeln werden. Und welchen Einfluss der Mensch darauf hat.“

Die beiden Forscher kooperieren eng mit anderen Arbeitsgruppen an der Uni Hohenheim, dem Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart und dem gemeinsam getragenen Kompetenzzentrum für Biodiversität und integrative Taxonomie (KomBioTa).

Sonderpreis „Gips-Schüle Special Award Wirtschaftswissenschaften 2021“

Der Antrag von Prof. Dr. Dwenger vom Fachgebiet Finanzwissenschaft und Prof. Lehmann-Hasemeyer, Ph.D. vom Fachgebiet Wirtschafts- und Sozialgeschichte sei ebenfalls sehr stark gewesen, so der Rektor: „Aus diesem Grund haben sich die Gips-Schüle-Stiftung und die Universität Hohenheim entschieden, das Projekt durch eine Sonderförderung in Höhe von 120.000 Euro zu unterstützen. Davon übernimmt die Stiftung 70.000 Euro und die Universität 50.000 Euro.“

Die beiden Preisträgerinnen des „Gips-Schüle Special Award Wirtschaftswissenschaften 2021“ möchten mit dem Preisgeld den Aufbau einer neuen Forschungsgruppe initiieren. Sie soll sich mit dem Einfluss von Diversität auf Wirtschaft und Gesellschaft beschäftigen. „Dieser Einfluss geht weit über das hinaus, was bisher in der Forschung untersucht wurde“, weiß Dwenger.

„Uns interessiert zum Beispiel, welche weiteren Effekte Vorgaben wie die Frauenquote in Aufsichtsräten oder ein festgelegter Prozentsatz an Beschäftigten mit Migrationshintergrund in öffentlichen Verwaltungen haben“, erläutert Co-Preisträgerin Lehmann-Hasemeyer den Forschungsansatz. „Unter welchen Bedingungen erwirken die entsprechenden Vorgaben einen positiven Effekt? Oder sind sie eventuell kontraproduktiv, weil sie andere Minderheiten, die nicht über Quoten geregelt sind, verdrängen?“

Die Forschungsgruppe ist eine Weiterentwicklung des Forschungsnetzwerks „Inequality and Economic Policy Analysis INEPA“ und soll mittelfristig in ein Projekt der DFG münden.

Auswahlverfahren „Freiräume für die Forschung“


Das Programm hat die Gips-Schüle-Stiftung in enger Kooperation mit der Uni Hohenheim entwickelt. Bei der Auswahl wurde ein zweistufiges Verfahren angewandt. In der ersten Stufe konnten alle promovierten Forschenden der Universität geeignete Personen für die Auszeichnung vorschlagen. Nach einer Vorauswahl durch eine Jury reichten die Nominierten eine ausführliche Bewerbung ein, welche Forschungsidee sie mit dem „Freiraum für die Forschung“ voranbringen wollen. Mitglieder der Jury sind der Rektor der Universität Hohenheim Prof. Dr. Stephan Dabbert, die Prorektorin für Forschung Prof. Dr. Julia Fritz-Steuber und der ehemalige Wissenschaftsminister von Baden-Württemberg und Aufsichtsratsmitglied der Gips-Schüle-Stiftung Prof. Dr. Peter Frankenberg.

Text: Stuhlemmer


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