Entwicklung einer kontextbasierten Systemarchitektur zur Verbesserung des kooperativen Einsatzes mobiler Arbeitsmaschinen
- Publication Type
- Doctoral thesis
- Authors
- Thilo Steckel
- Year of publication
- 2018
- Pubisher
- Selbst
- Page (from - to)
- 194
Im Gegensatz zu industriellen Fertigungsprozessen sind landwirtschaftliche Prozesse durch eine hohe Unsicherheit in ihrer Planung und Ausführung gekennzeichnet. Wesentliche Gründe hierfür sind die systembedingt hohe Umweltexposition, hohe Komplexität der technischen Systeme, geringe Arbeitsteilung und der Mangel an geeigneten Systemen zur Entscheidungsfindung und -unterstützung. Daraus resultiert eine geringe Prozesstransparenz mit suboptimalen Entscheidungen. Messbar wird diese Beobachtung durch einen Vergleich von installierter Leistung, ermittelt unter Idealbedingungen, und realisierter Leistung, ermittelt aus der Literatur und Telematik-Daten, die sich auf einem Niveau von ca. 40 bis 50 Prozent bewegt.
In der vorliegenden Arbeit werden die Ursachen für diese Lücke analysiert und eine Methode zu ihrer Reduzierung entwickelt. Schlüssel zur Verbesserung der Situation ist die systematische Anwendung kontextorientierter Vorgehensweisen. Die Kontext-Dimensionen Zeit, Raum und System werden beschrieben und in Beziehung gesetzt. Damit lassen sich entscheidungsrelevante Prozesszustände in landwirtschaftlichen Arbeitsverfahren strukturiert beschreiben. Auf der Grundlage dieser Kontexte werden Komponenten abgeleitet, die in einer anschließend zusammengeführten Systemarchitektur die automatisierte Identifikation, Beschreibung und Bewertung von Prozesskontexten ermöglichen. Auf dieser Basis lassen sich im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten (z. B. Maschinenleistung, Befahrbarkeit) konkrete Maßnahmen zur Verbesserung von Prozessen ableiten.
Am Beispiel der Ernte von Silomais (Häckseln, Transportieren, Einlagern) wird das Wirkungsprinzip der Systemarchitektur veranschaulicht. Der Prozess wird unter dem Gesichtspunkt relevanter Kontexte modelliert und unter Berücksichtigung der definierten Komponenten in Form einer agentenbasierten Simulation implementiert. Für die Durchführung der Simulation werden auf realen Arbeitsmaschinen leistungs- (z. B. Durchsatz) und kostenrelevante (z. B. Kraftstoffverbrauch) Parameter erfasst und Produktionsfunktionen entwickelt. Die Simulation liefert für eine gegebene Prozesskonfigurationen (Leistung des Feldhäckslers, Anzahl, Geschwindigkeit und Kapazität der Transportfahrzeuge sowie Anzahl und Masse Verdichtungsfahrzeuge) die Kosten und Zeitansprüche. In einer darauf aufbauenden Parametervariation, d. h. Veränderung der leistungsbestimmenden Parameter in den ermittelten Grenzen mit festgelegter Schrittweite, wird ein Lösungsraum erzeugt, dem vorteilhafte Verhaltensweisen entnommen werden können. In Ergänzung zur Simulation wird ein mathematisches Verfahren zur Erzeugung logistischer Kennfelder entwickelt. Simulation und Kennfelder schaffen in Ergänzung die Möglichkeit zur wahlweise diskreten oder kontinuierlichen Betrachtung von Prozessen.
Zur Absicherung der entwickelten Modelle werden Ergebnisse einer empirischen Untersuchung bei Landwirten und Lohnunternehmern gegenüber gestellt.
Der beschriebene Ansatz ermöglicht qualifizierte Entscheidungen zur Verbesserung von Prozessen und damit einen Beitrag zur Reduktion der oben genannten Leistungslücke. Die Grenzen der Verbesserungen ergeben sich jedoch aus den lokal vorherrschenden Umgebungsbedingungen und sind vom Anwender festzulegen.
Auf dem beschriebenen Ansatz lassen sich weitere Schritte zur Steuerung und Optimierung von Prozessen aufbauen.